PTA-Forum online
Arbeitsgruppe

13 Nahrungsergänzungsmittel kritisch bewertet

Eine Arbeitsgruppe hat sich auf europäischer Ebene mit kritischen Nahrungsergänzungsmitteln auseinandergesetzt. 13 Stoffe sollen ihrer Ansicht nach überprüft und in ihrer Verwendung eingeschränkt werden. 
Juliane Brüggen
05.07.2024  11:00 Uhr

Nahrungsergänzungsmittel sind wenig reguliert. Die Präparate unterliegen dem Lebensmittelrecht und benötigen – anders als Arzneimittel – meist keine Zulassung. Höchstmengen sind für die enthaltenen Stoffe nur selten festgesetzt oder nicht verbindlich. Zudem fehlt es an EU-weit harmonisierten Regeln, besonders bei Stoffen, die nicht zu den Vitaminen und Mineralstoffen gehören, zum Beispiel Pflanzenextrakte.

Nun haben Expertinnen und Experten auf EU-Ebene 13 Stoffe identifiziert, die schädlich für die Gesundheit sein könnten, zum Beispiel, weil sie in zu hohen Dosen angeboten werden oder anfällig für Wechselwirkungen sind. Die Arbeitsgruppe ist Teil der »Heads of Food Safety Agencies«, einem informellen Zusammenschluss der nationalen Lebensmittel-Sicherheitsbehörden innerhalb der EU – darunter auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Für die potenziell kritischen Substanzen empfiehlt die Gruppe ein »Artikel-8-Verfahren«, mit dem Stoffe, die Lebensmitteln zugesetzt werden, in der EU reguliert oder verboten werden können. Die eingeschränkten Stoffe finden sich dann in Anhang III der Verordnung »über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln« (EG Nr. 1925/2006).

Stoffe mit potenziellen Risiken

Im Detail haben die Expertinnen und Experten folgende Substanzen identifiziert, die ihrer Ansicht nach bewertet und reguliert werden sollten:

  • Traubensilberkerze (Actaea racemosa)
  • Cumarin in pflanzlichen Zubereitungen
  • Curcumin (Curcuma spp.-Zubereitungen)
  • Johanniskraut (Hypericum perforatum)
  • Maca (Lepidium meyenii)
  • Ätherische Öle aus Melaleuca spp. (zum Beispiel Teebaumöl)
  • Melatonin
  • Indisches Basilikum (Ocimum tenuiflorum)
  • Piperin
  • p-Synephrin in Citrus spp.-Zubereitungen
  • Erd-Burzeldorn (Tribulus terrestri), auch Erdsternchen genannt
  • Tryptophan
  • Schlafbeere (Withania somnifera), auch Ashwagandha genannt

Bei Curcumin, Maca, ätherischen Ölen aus Melaleuca spp., Indischem Basilikum, Piperin, Erdsternchen und Ashwagandha könnte laut Bericht ein karzinogenes, mutagenes oder reproduktionstoxisches Potenzial vorliegen. Diese Substanzen sollten daher als erste das »Artikel-8-Verfahren« durchlaufen, lautet die Empfehlung.

Die Arbeitsgruppe regt unter anderem an, mögliche unerwünschte Effekte für die Gesundheit sowie maximale Aufnahmemengen zu beurteilen (Gesamtzufuhr und Zufuhr über Supplemente). Auch sollten vulnerable Personengruppen definiert werden, die möglicherweise sensibler auf die Substanz reagieren.

Was sieht die Arbeitsgruppe kritisch?

Eine mögliche Lebertoxizität befürchtet die Arbeitsgruppe bei Supplementen mit Traubensilberkerze, Curcumin und pflanzlichen Präparaten, die Cumarin enthalten, wie Cassia Zimt. Problematisch sei vor allem, dass die entsprechenden Präparate in hohen Dosierungen erhältlich sind, die die Empfehlungen zur maximalen täglichen Aufnahme, sofern diese vorhanden sind, deutlich übersteigen. Bei Curcumin kommt hinzu, dass Präparate mit erhöhter Bioverfügbarkeit im Handel sind und Reproduktionstoxizität sowie Wechselwirkungen mit Antikoagulanzien und Krebsmedikamenten vermutet werden.

Johanniskraut-Supplemente sind ebenfalls hochdosiert erhältlich. Die Dosis, ab der eine Phototoxizität auftritt, könne schnell überschritten werden, so die Experten. Neben einem hohen Interaktionspotenzial gebe es außerdem Hinweise auf eine Geno-, Reproduktions- und Entwicklungstoxizität. Letzteres könnte auch bei innerlicher Anwendung von ätherischen Ölen aus Melaleuca spp. der Fall sein, wobei hier einzelne Inhaltstoffe im Fokus stehen: 1,8-Cineol (Neurotoxizität), Methyleugenol (Genotoxizität, Karzinogenität) und Terpinen-4-ol (Reproduktionstoxizität).

Hormonelle Effekte nicht auszuschließen

Mögliche Effekte auf die Sexualhormone sowie Auswirkungen auf menopausale Frauen stehen bei Nahrungsergänzungsmitteln mit Maca-Wurzel in der Kritik. Auch wurde hier, wie bei Indischem Basilikum und Piperin, in Tierversuchen eine Reproduktionstoxizität festgestellt. Ähnliche Risiken sehen die Experten bei Präparaten mit Erdsternchen, das unter anderem östrogene und genotoxische Effekte haben könnte. Piperin erhöhte in Tierversuchen außerdem die Cholesterinspiegel.

p-Synephrin, das in Bitterorangenextrakten enthalten ist, hat wiederum sympathomimetische Effekte, die sich negativ auf die kardiovaskuläre Gesundheit auswirken könnten, so der Bericht – vor allem da es in Supplementen oft mit Koffein kombiniert und vor sportlicher Aktivität eingenommen wird. Melatonin könne ebenfalls auf das kardiovaskuläre System wirken, aber auch neurologische, die Verdauung betreffende und psychologische Symptome hervorrufen.

Tryptophan in hohen Dosen ab 3 Gramm pro Tag verursache potenziell Symptome wie Übelkeit, Schwindel und Fatigue und könnte das Risiko für einen Katarakt erhöhen. Daten zur dauerhaften Einnahme fehlen. Es bestehe außerdem das Risiko von Wechselwirkungen mit Antidepressiva, die auf das Serotonin-System wirken. Ashwagandha könnte reproduktions- und lebertoxische Effekte haben sowie Schilddrüsenhormone, das Enzym Acetylcholinesterase und das Immunsystem beeinflussen.

Wie geht es weiter?

Die Arbeitsgruppe schreibt in ihrem Bericht, dass ihre Arbeit Empfehlungscharakter hat und keinesfalls Entscheidungen der verantwortlichen Arbeitsgruppen der Europäischen Kommission vorwegnehmen soll. Damit tatsächlich entsprechende Artikel-8-Verfahren eingeleitet werden, muss die Kommission entweder selbst oder auf Antrag eines Mitgliedsstaates tätig werden.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa