Abgabe von Homöopathika für Tiere wieder erleichtert |
Humanhomöopathische Mittel für Tiere anzuwenden steht ab sofort nicht mehr unter Tierarztvorbehalt. / Foto: Getty Images/Vanessa Nunes
Zum Hintergrund: Bis zum 27. Januar dieses Jahres durften auch Personen, die nicht als Veterinär tätig sind, jegliche nicht verschreibungspflichtige Humanarzneimittel bei Tieren anwenden. Einziger Vorbehalt: Die Tiere durften nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen. Am 28. Januar 2022 wurde mit § 50 Absatz 2 Tierarzneimittelgesetz (TAMG) jedoch der sogenannte Tierarztvorbehalt eingeführt. Ab sofort durften sämtliche Humanarzneimittel nur noch bei Tieren angewendet werden, wenn sie von einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind und die Anwendung gemäß einer tierärztlichen Behandlungsanweisung erfolgt ist – auch, wenn es sich um nicht verschreibungspflichtige homöopathische Humanarzneimittel handelte.
Für Apotheker und PTA bedeutete das bislang besondere Aufmerksamkeit, wenn sie ein rezeptfreies Humanarzneimittel für die Behandlung eines Tieres abgeben wollten, denn das TAMG verlangte stets das Rezept eines Veterinärmediziners. Diese Vorschrift hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nun teilweise für nichtig erklärt. Ab sofort dürfen also auch wieder Personen, die nicht Tierarzt sind, Hunde, Katzen und andere Haustiere mit rezeptfreien, registrierten Humanhomöopathika behandeln – und Apotheker und PTA die Mittel an diese abgeben. Nur die Einschränkung für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, ist geblieben.
In der Praxis wird das Apothekenpersonal häufig nicht wissen, für wen – Mensch oder Tier – ein Medikament zum Einsatz kommen soll. Es ist auch nicht verpflichtet, das explizit zu erfragen. Es musste bislang jedoch hellhörig werden, sobald der Einsatz des Präparats bei einem Tier im Beratungsgespräch jedoch erkennbar geworden ist.
Nach Einschätzung von ABDA-Rechtsexperten zur bisherigen Rechtslage hat sich aus dem TAMG zwar selbst in diesem Fall kein Abgabeverbot ergeben. Allerdings hätte theoretisch die Apothekenbetriebsordnung zum Tragen kommen können. Diese regelt in § 17 Absatz 8, dass Mitarbeiter bei einem Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch die Herausgabe des Medikaments verweigern sollen. Bei einem Verstoß können grundsätzlich berufsrechtliche oder auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen drohen.
Zu diesem Urteil geführt hatte die Klage von vier Tierheilpraktikerinnen, die seit Jahren Hunde und Katzen, aber auch Pferde und teilweise Kleintiere behandeln. Für ihren Therapieansatz der klassischen Homöopathie gibt es keine Mittel speziell für Tiere. Sie hatten deshalb mit Humanhomöopathika gearbeitet, die registrierungspflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig sind. Der Tierarztvorbehalt hatte dafür gesorgt, dass die Frauen seither faktisch nicht mehr praktizieren konnten.
Das geht nach Auffassung der Verfassungsrichter zu weit. Der Gesetzgeber verfolge mit der Regelung zwar einen legitimen Zweck: »Tiere sollen vor körperlichen Schmerzen, Leiden und Schäden durch Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen durch nicht ärztliche Personen bewahrt werden.« Dazu passe aber nicht, dass die Anwendung von Tierhomöopathika und anderen alternativen Heilmethoden weiterhin ohne Einschaltung eines Tierarztes gestattet sei. Und: »Die Anwendung registrierter Humanhomöopathika birgt im Hinblick auf ihre Inhaltsstoffe keinerlei Gefahren für die Gesundheit von Tier, Mensch oder Umwelt – unabhängig davon, ob diese mit oder ohne ärztliche Anweisung und Überwachung zum Einsatz kommen«, schreiben sie.
Die Richter regen an, zum Beispiel eine Pflicht zum Nachweis tierheilkundlicher Kenntnisse einzuführen. Das könne die Wahrscheinlichkeit mindern, dass Tierschutzbelange beeinträchtigt würden.