Abnehmen bei Typ-2-Diabetes |
Isabel Weinert |
05.04.2022 11:30 Uhr |
Eine mediterrane Kost, die wenige Kohlenhydrate enthält, wirkt sich günstig auf Körpergewicht und Blutzucker aus. / Foto: Adobe Stock/karepa
In ihren »Praxisempfehlungen zur Ernährung von Personen mit Typ 2-Diabetes mellitus« zeigt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) auf, dass Typ-2-Diabetiker unkomplizierter und individueller essen dürfen, als das lange Zeit galt. Die Ernährung soll derart gestaltet werden, dass sie persönliche Vorlieben berücksichtigt und stark auf den Einzelnen zugeschnitten ist. Da es für Typ-2-Diabetiker meist indiziert ist, Gewicht zu verlieren, müsse die Nahrungszufuhr mit dem gesamten Diabetesmanagement, inklusive der medikamentösen Behandlung und körperlichen Aktivität, immer wieder koordiniert und abgestimmt werden.
Mit Hilfe einer kalorienreduzierten Ernährung können Typ-2-Diabetiker mit Übergewicht erreichen, dass ihr Diabetes durch den Gewichtsverlust in eine Remissionsphase gelangt, die Blutzuckerwerte also wieder für einige Zeit ohne Medikamente im Normalbereich liegen. Für eine solche Diabetesremission sollte laut DDG eine Gewichtsreduktion von 15 Prozent des Ausgangsgewichts angestrebt werden.
Die Autoren der Leitlinie gehen auf mehrere Möglichkeiten einer kalorienreduzierten Ernährung ein, die jeweils in unterschiedlichem Ausmaß auch die anderen Parameter wie Blutfettwerte, Blutdruck und Blutzuckerwerte beeinflussen können. An erster Stelle nennt sie Low-carb-Diäten. Die beste Variante dieser Diäten ist für Diabetiker die »Mediterrane Diät«, die sich durch einen hohen Anteil an pflanzlichen Nahrungsmitteln auszeichnet. Die Kohlenhydrate sollten bevorzugt Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Nüssen entstammen. Spritzen Diabetiker Insulin, bedarf es bei einer Low-carb-Diät einer häufigeren Bestimmung des Blutzuckers. Die mediterrane Diät schneidet auch unter allen in Randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) untersuchten, nahrungsqualitativ definierten Ernährungsmodellen am besten ab, was den Nüchtern-Blutzuckerwert und das Lipidprofil angeht, schreiben die Autoren der Leitlinie. Mit Low-carb lassen sich der HbA1c-Wert und das Körpergewicht wirksam senken. Die moderate Reduktion der Kohlenhydrate zur Gewichtsreduktion ist vor allem kurzfristig als eine mögliche Methode empfehlenswert.
Das Fett in der Nahrung zu beschränken, eignet sich zwar im Rahmen eines veränderten Lebensstils, um Diabetes vorzubeugen, reicht aber in Form einer fettreduzierten Ernährungsumstellung als alleinige Maßnahme kaum aus, um eine Diabetesremission zu erreichen. Allerdings kann eine fettreduzierte Ernährung den Gewichtserhalt nach Gewichtsverlust ebenso gut stabilisieren wie Low-carb. Typ-2-Diabetiker sollten für den Gewichtserhalt die Methode wählen, die sie präferieren.
Zur Art der konsumierten Fette sagt die Leitlinie, industrielle Fette, also die Transfette, die in Nahrungsmitteln verarbeitet werden, sollte man möglichst meiden. Transfette, die in natürlichen Lebensmitteln stecken, wie in Rindfleisch und Milchprodukten, seien bei einem Verzehr in Maßen hingegen unbedenklich.
Das Ausmaß einer Schädlichkeit gesättigter Fette wird in Wissenschaftskreisen nach wie vor diskutiert. Die Evidenz darüber sei nicht hinreichend gegeben. Als Beispiel nennt die DDG Butter. Sie steigert die Mortalität nur in sehr geringem Maße, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht und das Diabetesrisiko sei durch den (maßvollen) Konsum eher geringer.
Die Leitlinie widmet sich auch dem Intervallfasten als möglicher Option für einen Gewichtsverlust. Dabei geht es um verschiedenste Arten des Intervallfastens, wie etwa das Fasten im tageweisen Wechsel, auch »alternate day fasting« genannt, das 5:2-Fasten und das sogenannte »time-restricting eating«, zu dem etwa das 16:8-Fasten zählt. Zu diesen Methoden schreiben die Autoren, dass sämtliche Metaanalysen in ihrem Einfluss auf den Diabetes nicht besser abschnitten als die Methoden der kontinuierlichen Kalorienreduktion. Die Probanden beim Intervallfasten verloren zwar mehr Gewicht, Blutdruck und Triglyzeride sanken stärker, das LDL-Cholesterin, die Nüchternglucose und der HbA1c-Wert änderten sich jedoch verglichen mit einer kontinuierlichen Diät nicht. Beim Intervallfasten kann das Risiko für Unterzuckerungen ansteigen. Diabetiker müssen zudem aufpassen, dass der Stoffwechsel sich nicht verschlechtert. Deshalb rät die DDG, Intervallfasten als Diabetiker nur unter ärztlicher Anleitung umzusetzen.
Formuladiäten, die eine niedrigkalorische Ernährung bieten, lassen das Gewicht bei Menschen mit Typ-2-Diabetes deutlich sinken, verbessern erheblich den Glucose- und Lipidstoffwechsel und reduzieren kardiovaskuläre Risikofaktoren. Dieser Mahlzeitenersatz stelle eine sichere und effektive Maßnahme zur Gewichtsreduktion dar. Eingebunden in Programme zur Gewichtsreduktion sind die Erfolge mit Formuladiäten annähernd so hoch wie diejenigen infolge bariatrischer Eingriffe. Damit kann eine anhaltende Remission des Diabetes einhergehen. Jedoch erreichen nur ein Viertel der Typ-2-Diabetiker, die im Rahmen eines strukturierten Programmes Formuladrinks verwenden, die Gewichtsreduktion von mindestens 15 Prozent des Ausgangskörpergewichts, die nötig ist, damit eine Remission des Diabetes wahrscheinlich eintritt.