Adäquater Ersatz für Milch? |
Das Wort Milch wird im Alltag aber ebenso für milchähnliche Flüssigkeiten von Pflanzen, zum Beispiel Mandelmilch, verwendet. Auf der Verpackung darf der Begriff jedoch nicht stehen. / Foto: Getty Images/Catherine Falls
In Deutschland versteht man unter dem Begriff Milch in aller Regel Kuhmilch. Werden Milchprodukte anderer Säugetiere angeboten, muss die Tierart immer auf der Verpackung angegeben sein, beispielsweise Ziegenmilch, Schafmilch oder Büffelmilch. Das Wort Milch wird im Alltag aber ebenso für milchähnliche Flüssigkeiten von Pflanzen, zum Beispiel Mandelmilch, verwendet. Auf der Verpackung darf der Begriff jedoch nicht stehen - mit Ausnahme von Kokosmilch. Häufig findet man stattdessen die Bezeichnung »Drink«, etwa Haferdrink oder Reisdrink.
Die Produktpalette der Milchersatzprodukte wächst stetig. Mittlerweile gibt es neben den klassischen Inhaltsstoffen wie Hafer, Reis, Soja und Mandel sogar schon Drinks aus Quinoa, Haselnuss, Macadamia und Cashew sowie Mischungen verschiedener Pflanzen. Für Veganer und Menschen, die Kuhmilch nicht vertragen, können die Drinks Kuhmilch ersetzen. Patienten mit einer Lactoseintoleranz können aber auch auf lactosefreie Kuhmilch zurückgreifen. Für alle anderen besteht aus ernährungswissenschaftlicher Sicht keine Notwendigkeit, Kuhmilch komplett zu ersetzen.
Milch ist ein wichtiger Nährstofflieferant. Neben den Vitaminen A und D, B-Vitaminen (vor allem Vitamin B2), Calcium und Jod liefert es auch gut verfügbare Proteine. Vor allem in den ersten 20 bis 30 Lebensjahren ist Milch eine gute Basis, um die Knochendichte aufzubauen. Zudem legen aktuelle Forschungsergebnisse nahe, dass Vollmilch mehr gesundheitsfördernde Wirkungen hat als bislang bekannt. Das Milchfett scheint sich auch nicht negativ auf den Blutfettspiegel und das Gewicht auszuwirken.
Eine gesunde ergänzende Alternative können die meisten Pflanzendrinks aber durchaus bieten. Und sie bringen geschmackliche Abwechslung in den Speiseplan, auch beim Kochen und Backen. Der Energiegehalt der pflanzlichen Milchalternativen liegt mal unter dem von fettarmer Kuhmilch (1,5% Fett), mal leicht darüber.
Die Pflanzendrinks werden hergestellt, indem die Nüsse, Bohnen oder Körner grob gemahlen, eingeweicht und gekocht werden. Danach wird die Flüssigkeit durch einen Filtervorgang von den festen Bestandteilen getrennt. Anschließend werden einige Varianten noch mit Pflanzenölen angereichert (meist Sonnenblumenöl), damit sie als Emulsion eine milchähnliche Konsistenz erhalten. Den letzten Schliff erhalten sie durch Zugabe weiterer Inhaltsstoffe wie Mikronährstoffe, Aromen, Zucker und Salz. Ein Blick auf die Zutatenliste und Nährwertangaben bringt Klarheit. Vorsicht ist bei aromatisierten Drinks geboten: Sie können – wie aromatisierte Milch und Milchprodukte auch – viel Zucker enthalten.
Kokosmilch wird aufgrund ihres exotischen Geschmacks und ihrer dicken Konsistenz eher als Sahneersatz in Suppen, Saucen und Desserts verwendet. / Foto: iStock/happy_lark
Kokosmilch ist mit 15 bis 25 Prozent Fett und einem Kaloriengehalt von rund 200 Kalorien pro 100 ml nicht gerade leicht. Zudem liefert sie gesättigte Fettsäuren, die bei einer gesunden Ernährung nicht im Übermaß verzehrt werden sollten. Gegen einen gelegentlichen Einsatz ist aber nichts einzuwenden. Kokosmilch wird aufgrund ihres exotischen Geschmacks und ihrer dicken Konsistenz eher als Sahneersatz in Suppen, Saucen und Desserts verwendet. Pur getrunken oder über Müsli geschüttet wird sie eher nicht. Kokosdrinks haben einen geringeren Fettanteil, denn sie bestehen aus fettreduzierter Kokosmilch, die mit Wasser verdünnt wird. Das ändert allerdings nichts am Fettsäuremuster.
Der Sojadrink ist die klassische Milchalternative unter den pflanzlichen und lactosefreien Produkten. Schon seit Jahren ist er in den meisten Supermarktregalen zu finden. Aufgrund des von Natur aus bitter-nussigen Geschmacks wird die Flüssigkeit häufig gesüßt und aromatisiert.
Soja liefert ähnlich viele Proteine wie Kuhmilch, ist also ein adäquater Eiweißlieferant. / Foto: Adobe Stock/HandmadePictures
So schmeckt sie lieblicher. Ungesüßte Varianten sind aber ebenfalls erhältlich. Soja liefert ähnlich viele Proteine wie Kuhmilch, ist also ein adäquater Eiweißlieferant. Das ist vor allem für Veganer wichtig zu wissen, da jegliche tierische Eiweißquellen fehlen. Zudem ist die Fettqualität als gut zu bewerten, denn Soja enthält überwiegend ungesättigte Fettsäuren. Allerdings steckt weniger Calcium im Sojadrink als in der Kuhmilch. Demnach wird Calcium meist zugesetzt, ebenso wie die Vitamine D, B2 und B12. Sojabohnen sind hingegen von Natur aus gute Folsäure-Lieferanten. Bekannt ist Soja auch aufgrund seines Reichtums an Isoflavonen. Die sekundären Pflanzenstoffe haben eine östrogenähnliche Wirkung.
Für Säuglinge und Kleinkinder sind Sojadrinks ungeeignet. Auch die übrigen Milchalternativen sollten nicht die Säuglingsnahrung ersetzen oder die Kuhmilch bei Kleinkindern. Immer wieder gerät Soja wegen seiner schlechten Ökobilanz in die Schlagzeilen, denn für den Anbau werden riesige Flächen Regenwälder in Südamerika abgeholzt. Diese Sojabohnen landen jedoch vor allem in Tiermägen. Der hohe Konsum an tierischen Billigprodukten ist hier wohl eher das ursprüngliche Problem. Viele Hersteller von Sojaprodukten und -Drinks verwenden Sojabohnen aus der Europäischen Union, beispielsweise aus Österreich und Frankreich. Sogar in Deutschland wächst Soja. Auch Kanada und China sind große Anbieter.
Einige Milch-Alternativen können Allergien auslösen. Vor allem Birkenpollenallergiker reagieren häufig auch auf Sojaprodukte. Diese Kreuzreaktion beruht auf einem in Soja enthaltenen Protein, dessen Struktur dem Birkenpollenallergen ähnelt. Auch bei Mandeln und Haselnüssen kann es zu einer solchen Birkenpollen-assoziierten Nahrungsmittelallergie kommen. Dann sollten Allergiker auch die daraus hergestellten Drinks meiden. Dass Nussallergiker keine Nussdrinks verwenden sollten, liegt auf der Hand.
Hafervollkornprodukte sind wertvolle Ballaststoff-Lieferanten. Besonders hervorzuheben ist Beta-Glucan, welches cholesterolsenkende Eigenschaften besitzt. Da aber fast alle Ballaststoffe durch das Filtern von der Flüssigkeit getrennt werden, ist der Gehalt im fertigen Haferdrink gering. In manchen Haferdrinks werden Ballaststoffe (zum Beispiel Zichorienwurzelfasern) anschließend hinzugegeben. Von Natur aus ist das Getreide fettarm und die ungesättigten Fettsäuren überwiegen. Pflanzenöle werden zugesetzt, um den wässrigen Extrakt zu einer milchähnlichen Flüssigkeit zu emulgieren. Der mild-nussig schmeckende Drink ist nährstoffarm, weshalb ihm auch die milchtypischen Mikronährstoffe wie Calcium, Vitamin D, B2 und B12 zugesetzt werden.
Achtung: Haferdrinks sind recht kalorienhaltig, da bei der Herstellung die im Hafer enthaltene Getreidestärke in Zucker umgewandelt wird. Mittlerweile gibt es aber auch ungesüßte Haferdrinks, bei denen dieser Prozess durch ein spezielles Herstellungsverfahren unterbunden wird.
Insgesamt eignen sich Haferdrinks nicht so gut als Ersatz für Kuhmilch wie Sojadrinks. Letztere kommen der Zusammensetzung der Kuhmilch näher. Haferdrinks können aber gut als Zutat von Süßspeisen oder anderen Speisen verwendet werden, die Süße benötigen. Patienten mit Zöliakie beziehungsweise Glutenunverträglichkeit sollten zudem eher auf andere Drinks oder spezielle glutenfreie Haferdrinks zurückgreifen. Auch Reisdrinks sind wie Haferdrinks eher nährstoffarm, aber süß. Sie eignen sich mit ihrem recht neutralen Geschmack ebenso als Zutat für Desserts – als Alternative für Allergiker oder lactoseintolerante Personen.
Natürlich sind Mandeln wie auch viele andere Nüsse von Natur aus nährstoffreich. / Foto: Adobe Sstock/Brent Hofacker
Mandeldrinks haben einen fein-nussigen Geschmack und bringen kulinarisch Abwechslung ins Spiel, beispielsweise im Müsli, Smoothies oder beim Backen. Sie sind kalorienarm und liefern ungesättigte Fettsäuren. Natürlich sind Mandeln wie auch viele andere Nüsse von Natur aus nährstoffreich. Die Nährstoffe gelangen aber durch das Herstellungsverfahrung kaum in das wässrige Endprodukt. Eine Nuss zu knacken, ist diesbezüglich der gesündere Weg. Neuere Milch-ähnliche Varianten aus Haselnüssen, Cashewkernen, Dinkel, Hanf und Lupinen vergrößern stetig die Produktpalette. Aber: Viele der pflanzlichen Milch-Alternativen bringen für Menschen ohne Unverträglichkeiten, Allergien oder veganer Ernährungsweise keinen gesundheitlichen Vorteil. Ein großer Teil besteht aus Wasser, häufig kommt Pflanzenöl hinzu, damit sie eine milchähnliche Konsistenz erhalten. Die meisten Pflanzendrinks verhalten sich übrigens eher kaffeeunfreundlich und flocken aus. Aber auch dafür hat die Industrie Varianten entwickelt, die sich gut aufschäumen lassen. Einige Drinks sind reich an Zucker, Zusatzstoffen und nährstoffarm. Auch als hochwertige Eiweißquelle eignen sich die wenigsten. Manche Drinks punkten jedoch bei den ungesättigten Fettsäuren und beim Geschmack. Unter dem Strich sind Pflanzendrinks eine abwechslungsreiche Ergänzung zur Kuhmilch und für Veganer und Lactoseintolerante sicher ein Segen. Ein adäquater Milchersatz sind sie aber nicht.