PTA-Forum online Avoxa
instagram facebook
Bilastin

Allergietherapie mit KISS-Faktor

Pollenallergiker sind bei der Arzneimittelanwendung meist nicht sehr konsequent. Deshalb sollte die Therapie am besten dem KISS-Prinzip folgen: Keep it short and simple. Seit Anfang des Jahres steht mit Bilastin (Allegra®) ein neues rezeptfreies Antihistaminikum zur Verfügung, das die Adhärenz steigern könnte.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 23.02.2023  08:30 Uhr

Erfahrungsgemäß gehören Heuschnupfen-Geplagte zu den eher weniger therapietreuen Patienten. Während ihrer Beschwerdemonate wenden sie zwar mehr oder weniger konsequent ihre Antiallergika an. Doch sobald die Saison vorüber ist, scheinen sie ihre Beschwerden zu vergessen, bis es im darauffolgenden Jahr erneut losgeht. Das konnte Professor Dr. Ralph Mösges bestätigen. »Allergische Patienten neigen dazu, Medikamente nur anzuwenden, wenn dies aufgrund nicht mehr tolerierbarer Beschwerden unbedingt erforderlich ist«, sagte der Allergologe und HNO-Arzt bei einer digitalen Pressekonferenz von Sanofi-Aventis.

Studien zeigten immer wieder: »Je komplexer die Therapie, desto geringer die Akzeptanz. Je mehr Arzneimittel in unterschiedlicher Darreichung - da die Augentropfen, dann das Cortisonspray in die Nase und wenn es ganz heftig wird noch eine Tablette -, desto schwieriger wird es für den Patienten, durchzuhalten.« Zudem seien Heuschnupfen-Patienten nach den Ausführungen Mösges nicht besonders geduldig. »Der Allergiker will eine sofortige Wirkung, wenn ihn die Beschwerden überfallen. Deshalb stehen immer noch die abschwellenden Nasensprays bei ihnen hoch im Kurs, obwohl ihre langfristigen Nachteile den kurzfristigen Effekt bei Weitem übersteigen.« Eine alltagstaugliche Allergietherapie orientiere sich deshalb am KISS-Prinzip, was für »Keep it short and simple« steht. »Hierbei und bezüglich der Nebenwirkungsrate kann Bilastin punkten wie kein anderer Wirkstoff«, so der Mediziner vom Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie der Universitätsklinik Köln.

Bekannte Substanz …

Seit Anfang Januar ist Bilastin in der 20-mg-Variante als rezeptfreies Antihistaminikum unter dem Namen Allegra® auf dem Markt. Als Rx-Präparat hieß es Bitosen®; ging aber aufgrund des bevorstehenden OTC-Switches vom Markt. Indiziert ist Allegra zur symptomatischen Behandlung bei allergischer Rhinokonjunktivitis sowie bei Nesselsucht (Urtikaria) bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren. Die Anwendungsdauer soll bei saisonalen Beschwerden auf den Zeitraum der Exposition beschränkt sein. Bestehen die Beschwerden ganzjährig wie etwa bei einer Hausstauballergie, ist eine Dauerbehandlung möglich. Ende Januar hat der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sich dafür ausgesprochen, auch die 10-mg-Variante für Kinder ab sechs Jahren aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.

Bilastin ist ein Vertreter der Wirkstoffklasse der H1-Antihistaminika. Es wirkt also dem Gewebshormon Histamin entgegen, das bei allergischen Reaktionen in großer Menge freigesetzt wird. H1-Antihistaminika der ersten Generation, etwa Clemastin, Dimetinden und Diphenhydramin, haben neben der antiallergischen auch eine zentral dämpfende Wirkung, die bei Wirkstoffen der zweiten Generation, zum Beispiel (Levo)Cetirizin, (Des)Loratadin oder eben Bilastin mehr oder weniger fehlt. Die Zweitgenerations-Substanzen können die Blut-Hirn-Schranke überwinden, doch werden sie vom Transportprotein P-Glykoprotein (P-gp) aktiv wieder in unterschiedlichem Ausmaß aus dem ZNS herausbefördert.

… neu auf dem Markt

Dieser Mechanismus ist entscheidend dafür, dass die wichtigsten potenziellen Nebenwirkungen Müdigkeit und Somnolenz bei den neueren Wirkstoffen wesentlich seltener vorkommen als bei den Vorgängersubstanzen. »Dennoch treten sie auf, mehr noch unter Cetirizin als unter Loratadin. Bilastin hat sich etwa in Fahrtauglichkeitstests von allen zugelassenen Antihistaminika als das am wenigsten sedierende gezeigt. Bilastin in einer Dosierung von 20 mg und auch 40 mg hat über einen Zeitraum von bis zu acht Tagen weder objektive noch subjektive Beeinträchtigungen des ZNS gezeigt und beeinträchtigt auch nicht die Fahrtüchtigkeit. Bilastin hat ein besseres ZNS-Sicherheitsprofil als Cetirizin«, stellte Mösges Vergleichsdaten vor. Laut Fachinformation liegt die Häufigkeit von Somnolenz und Ermüdung unter Bilastin-Therapie auf Placeboniveau.

Während gemeinhin empfohlen wird, Antihistaminika der ersten und zweiten Generation abends einzunehmen, rät Mösges bei Bilastin zur regelmäßigen morgendlichen Gabe vor dem Frühstück. »Dann kann es wirken, bevor die Schleimhäute in Kontakt mit dem Allergen treten und eine Entzündungsreaktion auslösen.« Denn die Problematik sei häufig, dass Medikamente erst dann genommen werden, wenn die allergische Entzündungsreaktion bereits voll ausgeprägt ist. Dann habe es jedes Medikament schwer, die überschießende Reaktion wieder unter Kontrolle zu bringen.

Da Nahrungsmittel oder Fruchtsäfte – vor allem Grapefruitsaft – die orale Bioverfügbarkeit von Bilastin um 30 Prozent senken, soll der Patient zwei Stunden vor und eine Stunde nach der Einnahme der Tablette nichts essen und keinen Saft trinken. Zudem gibt es außer der bereits erwähnten Wechselwirkung mit der Nahrung keine klinisch relevanten Interaktionen, auch nicht mit Alkohol oder anderen zentral dämpfenden Mitteln wie Benzodiazepinen. Da Bilastin nicht metabolisiert und unverändert teils über den Urin und teils den Fäzes ausgeschieden wird, erfordern weder eine Nieren- noch eine Leberinsuffizienz eine Dosisanpassung.

Ähnlich, aber nicht gleich

Herstellerfirma ist die Firma Nattermann, eine Tochtergesellschaft von Sanofi-Aventis. Letztere hat in Österreich unter demselben Markennamen Allegra® ein anderes H1-Antihistaminikum – Fexofenadin – im Handel. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen Wirkstoff der zweiten Generation, den Nattermann in Deutschland als Telfast® vermarktet.

Fexofenadin hat eine pharmakologische Hintergrundgeschichte: Es ist die Weiterentwicklung von Terfenadin (Teldane® und Generika), das 1998 wegen kardiotoxischer Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde. Terfenadin ist ein Prodrug, das in der Leber über CYP3A4 in die Wirkform Fexofenadin überführt wird. Ist der Metabolismus – etwa aufgrund von Interaktionen mit anderen Arzneimitteln oder zum Beispiel Grapefruitsaft – behindert, akkumuliert das arrhythmogene Terfenadin und das nicht kardiotoxische Fexofenadin wird kaum gebildet. Ähnliche Gründe führten auch zur Marktrücknahme von Astemizol (Hismanal®) 1999.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa