Alles über Hitze |
Katja Egermeier |
23.07.2019 17:30 Uhr |
Die Kühlschranktür offen stehen zu lassen ist auch eine Möglichkeit, sich vor der Hitze zu schützen. Wirklich sinnvoll sind jedoch andere Methoden. / Foto: Adobe Stock/diego cervo
So gilt als Regel Nummer eins: Wasser trinken. »2,5 bis 3 Liter Wasser am Tag, und ich betone Wasser«, sagt Dirk Skowasch, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Pneumologie an der Uniklinik Bonn. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa betont er: »Das geht nicht mit süßen Limonaden, die durstig machen. Und erst recht nicht mit Alkohol.« Ältere Menschen und Kinder haben jedoch häufig ein verringertes Durstgefühl. Ihnen rät die Weltgesundheitsorganisation WHO sogar, Wasser zu trinken, auch wenn sie keinen Durst empfinden.
Vor alkoholischen Getränken warnt auch Heidrun Thaiss von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). »Bei Hitze und starker Sonneneinstrahlung wirkt Alkohol schneller und intensiver.« Als Folgeerscheinung erweitern sich die Blutgefäße. Dadurch sinkt der Blutdruck, das Risiko für einen Kreislaufzusammenbruch erhöht sich. »Wasser oder Fruchtschorlen zu trinken ist die gesündere und eindeutig bessere Wahl.« Auch koffeinhaltige Getränke sollten nur in Maßen genossen werden. Koffein wirkt gefäßerweiternd und kann somit ebenfalls zu Kreislaufproblemen beitragen.
An besonders heißen Tagen erscheint oft nichts besser als eine kalte Dusche. Diese ist laut Skowasch für den Körper jedoch mehr Belastung als Erfrischung. »Das ist wie mit eiskalten Getränken. Der Körper muss sich danach wieder auf Außentemperatur aufwärmen. Das kostet Energie.« Also lieber lauwarm duschen und lauwarme Getränke zu sich nehmen.
Ab in den Schatten! »Aus der Hitze raus, in den Schatten, luftige Kleidung – das klingt banal, ist aber wichtig«, erklärt Skowasch. Besonders gefährlich sind Hitze und pralle Sonne für Babys und Kleinkinder, betont die BZgA. Diese können ihren Wärmehaushalt noch nicht so gut regulieren. Deshalb sollten Kinder mit Sonnencreme, Hut und Sonnenbrille gegen die Strahlen geschützt werden und am besten im Schatten spielen.
Sport bei Hitze und in der prallen Sonne ist Hobbysportlern nicht zu empfehlen. / Foto: Adobe Stock/Maridav
»Kein Sport in der Mittagshitze und bei so hohen Temperaturen am besten gar nicht«, lautet der nächste Tipp des Bonner Mediziners Skowasch. Bei Hitze könne man von der Siesta der Spanier lernen. Aktivitäten draußen sollten in die Morgen- oder Abendstunden verschoben werden.
Das gilt laut Lea Schmitz vom Tierschutzbund übrigens auch für Vierbeiner: »Über Mittag höchstens eine kurze ›Pippirunde‹, ansonsten Siesta – möglichst im Schatten oder an einem kühleren Plätzchen.« Lange Spaziergänge in Hitze sollten vermieden werden.
Der Arbeitgeber muss laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) die Arbeit so gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird. Das bedeutet hinsichtlich der Raumtemperatur, dass diese 26°C nicht überschreiben sollte. Ab dieser Gradzahl in Arbeitsräumen sollten vom Arbeitgeber Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Temperatur abzusenken. Ab 30°C sind die Vorgesetzten schließlich dazu verpflichtet. Das kann den Umzug in kühlere Räume bedeuten, oder den Einbau einer Klimaanlage. Ein Rechtsanspruch auf klimatisierte Räume oder gar Hitzefrei haben Arbeitnehmer jedoch nicht.
Für einen Schutz vor Überwärmung in den eigenen vier Wänden rät die WHO zum Verdunkeln von sonnenbestrahlten Fenstern. Hier helfen außen angebrachte Schattenspender am besten. Wichtig sei auch eine gute Durchlüftung der Räume – bei Nacht oder in den frühen Morgenstunden. Auch das Aufhängen von nassen Handtüchern kann laut WHO zur Abkühlung der Zimmertemperatur beitragen. Luftbewegung durch einen Ventilator senkt zwar nicht die Zimmertemperatur, kann aber das Hitzegefühl lindern.
Bei hohen Außentemperaturen ändert sich die Physiologie des Körpers, Medikamenten können daher anders wirken, Nebenwirkungen verstärkt auftreten. Auch die Medikamente selbst können bei falscher Lagerung durch Hitze ihre Wirkung verlieren, auch ohne dass man es äußerlich erkennen kann. Tabletten oder Kapseln vertrügen Temperaturschwankungen noch vergleichsweise gut, erklärt Dr. Hannes Müller, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der Bundesapothekerkammer. Würden jedoch beispielsweise Asthmasprays in der direkten Sonne gelagert, können sie sich stark aufheizen und dadurch ihre Dosierungsgenauigkeit und Wirksamkeit verlieren.
Bei Hitzschlag zum Arzt! Er ist immer ein echter Notfall. / Foto: Getty Images / Halfpoint
Bei sehr hohen Außentemperaturen können sich große Teile des Blutes in den Außenbereich des Körpers verlagern. Das zentrale Blutvolumen verringert sich, vor allem bei zusätzlicher körperlicher Anstrengung. In der Folge steigen der zentrale Venendruck und das Schlagvolumen des Herzens. Der Körper produziert nicht mehr ausreichen Schweiß und er wird nicht ausreichend heruntergekühlt: Es droht ein Hitzschlag.
Symptome sind laut BZgA ein hochroter Kopf, Kopfschmerzen, Bewusstseinsstörungen, Erbrechen, erhöhte Körpertemperatur und Krämpfe bis hin zum Schock, der tödlich enden kann. Kinder sollten dann sofort aus der Sonne und zu einem Arzt oder ins Krankenhaus gebracht werden. »Ein Hitzschlag ist ein echter Notfall, in dem man sofort den Notarzt rufen sollte«, so auch Skowasch.
Laut einer aktuellen Studie gehen US-amerikanische Forscher davon aus, dass sich Menschen bei großer Hitze feindseliger, unsozialer und reizbarer zeigen. Aus der Sicht von Konfliktforscher Andreas Zick ist die Datenlage der im Fachblatt »Current Climate Change Reports« veröffentlichten Untersuchung jedoch uneindeutig. Unumstritten dagegen sei jedoch, dass Hitze einen Effekt habe. Dieser sei jedoch gering und man müsse immer in Wechselwirkung denken, betont der Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld. Hitze verstärke aber durchaus bestimmten Stimmungslagen.