Alter schützt vor STI nicht |
Isabel Weinert |
11.10.2024 15:00 Uhr |
Der Wunsch nach Nähe zum neuen Partner sollte nicht zu Sex verführen, solange mögliche Infektionen nicht abgeklärt wurden. / Foto: Adobe Stock/simona
Glaubt man den Aussagen der »Alten« zum Thema Sex, dann toppen sie in der Häufigkeit den Durschnitt der Menschen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. So ein Ergebnis der Berliner Altersstudie II. Sex findet auch mit verschiedenen Menschen statt. Nach Scheidung oder Trennung machen sich Menschen wieder auf die Partnersuche. So ergeben sich auch neue Sexualkontakte.
Haben Frauen keine Periode mehr, dann entfällt der Druck zu verhüten, um nicht schwanger zu werden. Der gesundheitliche Aspekt kann dann aus dem Blick geraten. Aufgeklärt über die Zusammenhänge zwischen Sex und STI werden ältere Menschen auch nicht speziell. Während die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung spezielle Kampagnen für junge Menschen aufsetzt, werden Ü50 nicht mehr berücksichtigt. Ein weiteres Problem: Auch in Hausarztpraxen wird das Sexualleben der Patienten und Patientinnen nur in den seltensten Fällen erfragt. Dabei könnte das helfen, um Symptome zum Beispiel einer STI zuzuordnen. Doch Hausärzte und -ärztinnen sehen diese Aufgabe bei den Gynäkologen. Es gibt auch eine gewisse Scheu, das Thema anzugehen und offen danach zu fragen. Scheu spielt auch gegenüber neuen Partnern eine Rolle. Vielen Menschen fällt es schwer, das Thema Sex und sexuell übertragbare Krankheiten offen anzusprechen. Das bedarf der Übung und kann lebenswichtig sein, gerade auch, wenn es darum geht, über eigene Erkrankungen zu informieren.
In bis zu 90 Prozent verlaufen STI bei beiden Geschlechtern und unabhängig vom Alter ohne Symptome. Die häufigste bakterielle STI, die Chlamydieninfektion, sowie Infektionen mit Gonokokken können aber aufsteigen über Uterus oder Eileiter und Becken und Bauchraum entzünden sowie bei Frauen im gebärfähigen Alter die Fruchtbarkeit zerstören. Weil gerade Chlamydieninfektionen so häufig sind und so oft symptomlos große Schäden anrichten, betonen die Autoren der S2k-Leitlinie zu Infektionen mit Chlamydia trachomatis, dass die Diagnose nicht aufgrund von Symptomen gestellt werden sollte, sondern nach Risikokontakten.
Zwar können laut Bundesministerium für Gesundheit (BMG) viele sexuell übertragbare Infektionen geheilt werden, aber vollständig oft nur, wenn sie in einem frühen Stadium bei beiden Sexualpartnern behandelt werden. Zunehmende Antibiotika-Resistenzen können den Erfolg einer Behandlung erschweren.
STI werden aus den genannten Gründen meist erst spät diagnostiziert. Das führt häufiger zu schweren und komplizierten Verläufen, gerade auch bei Frauen. Komplikationen und Spätfolgen von STI können sich zum Beispiel entwickeln, wenn die Krankheitserreger Gelegenheit haben, sich im gesamten Körper auszubreiten und andere Organe zu befallen. So können die Erreger der Syphilis unter anderem das Nervensystem angreifen, mit gravierenden neurologischen Folgen. Gonokokken können Gelenke entzünden, Augen und Herz und unfruchtbar machen. Gonokokken und Trichomonaden fördern zudem Frühgeburten. Eine chronische Hepatitis B schädigt die Leber bis hin zu bösartigen Veränderungen. STI können also auch tödlich enden.
Alter schützt vor STI nicht. Das müssen sich auch Menschen Ü50 ins Bewusstsein rufen und sich an folgende Regeln halten: Bei häufig wechselnden Sexualpartnern auf jeden Fall Safer Sex praktizieren, das heißt außer Kondomen auch Handschuhe, Fingerlinge und Lecktücher abhängig von den Sexualpraktiken verwenden. Vor dem ersten Sex mit einem neuen Partner oder einer neuen Partnerin sich selbst auf STI untersuchen lassen und das auch vom Partner erwarten. So lange Geduld zu haben, sollten sich Frauen und Männer selbst wert sein.