Anaphylaxie erkennen, schnell reagieren |
Carolin Lang |
02.02.2021 16:00 Uhr |
Zurzeit beschäftigt das Thema Anaphylaxie sowohl Wissenschaftler wie auch Teile der Bevölkerung vor allem im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung. Denn nach der Impfung mit der mRNA-Vakzine Comirnaty® von Biontech/Pfizer kam es – wenn auch selten – teilweise zu Anaphylaxien. Dies zeigten erstmals Berichte aus den USA und Großbritannien. In Deutschland wurden laut aktuellem Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bisher 20 Anaphylaxien in zeitlichem Zusammenhang mit der Comirnaty-Impfung gemeldet.
Die eingangs beschrieben Sensibilisierung könnte im Fall von Comirnaty möglicherweise durch Polyethylenglykol (PEG) in Kosmetika oder Medikamenten stattgefunden haben. Denn die anaphylaktische Reaktion auf die Impfung wird höchstwahrscheinlich durch PEG in den enthaltenen Lipidnanopartikeln ausgelöst. »Allergische Reaktionen nach Verwendung von PEG als Hilfsstoff in einer Vielzahl von Produkten sind beschrieben, es wird auch als verstecktes Allergen bezeichnet«, führte das PEI im aktuellen Sicherheitsbericht aus. Über die Prävalenz von Anti-PEG-Antikörpern in der Bevölkerung sei bislang wenig bekannt.
Bei einer Anaphylaxie nach Covid-19-Impfung sind Symptome meist innerhalb von 15 bis 30 Minuten nach der Impfung zu erwarten, obwohl es manchmal auch mehrere Stunden dauern kann. Bei den bisher gemeldeten Fällen in Deutschland traten die Symptome laut PEI bei etwa der Hälfte der Fälle innerhalb der ersten Viertelstunde nach der Impfung auf und bei 21 Prozent der Fälle im Zeitintervall 16 bis 30 Minuten.
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt, prädisponierte Personen nach der Impfung 30 statt nur 15 Minuten zu beobachten. Dazu gehören Personen mit einer unmittelbaren allergischen Reaktion jeglichen Schweregrads auf einen Impfstoff oder eine Injektionstherapie oder einer Anaphylaxie jeglicher Ursache in der Vorgeschichte. Wenn Geimpfte nach dem Beobachtungszeitraum Anzeichen oder Symptome einer allergischen Reaktion entwickeln, sind sie dazu anzuhalten, sofort einen Arzt aufzusuchen.
Frühe Anzeichen einer Anaphylaxie können einer leichten allergischen Reaktion ähneln und es ist oft schwer vorherzusagen, ob diese auf eine Anaphylaxie hinauslaufen. Bei Personen mit Kommunikationsschwierigkeiten durch beispielsweise kognitive Einschränkungen, neurologische Erkrankungen oder sedierende Medikamente kann dies zusätzlich erschwert sein. Sie sollten daher engmaschig auf mögliche Symptome überwacht werden, wobei auch auf unspezifische Anzeichen wie Hautrötung, vermehrter Sekretfluss aus Augen, Nase oder Mund, Husten, Schluckbeschwerden, Unruhe oder akute Veränderungen des mentalen Status geachtet werden sollte.
Wenn sich die Symptome verallgemeinern, sollte so schnell wie möglich Epinephrin verabreicht und der Rettungsdienst verständigt werden. Bei Erwachsenen ist laut CDC eine intramuskuläre Dosis von 0,3 mg (maximal 0,5 mg) Epinephrin in die Mitte des äußeren Oberschenkels indiziert. Die Gabe von Epinephrin kann je nach Bedarf alle 5 bis 15 Minuten wiederholt werden, um die Symptome zu kontrollieren, während auf den Rettungsdienst gewartet wird. Antihistaminika und Bronchodilatatoren sind keine Mittel der ersten Wahl bei Anaphylaxie, weil sie keine Obstruktion der Atemwege oder Hypotonie behandeln. Sie können jedoch zur Linderung von Nesselsucht und Juckreiz (Antihistaminika) oder von Symptomen der Atemnot (Bronchodilatatoren) beitragen.
Die Symptome sind immer dann als generalisiert einzustufen, wenn eine generalisierte Nesselsucht vorliegt oder mehr als ein Körpersystem betroffen ist. Treten nach der Impfung Juckreiz und Schwellungen an der Injektionsstelle auf, sollte der Geimpfte engmaschig auf die Entwicklung generalisierter Symptome beobachtet werden, eventuell auch über die generell empfohlenen Beobachtungszeiten hinaus.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.