PTA-Forum online
Supplemente in der Schwangerschaft

Andere Umstände, anderer Vitaminbedarf

Schwangere brauchen keinesfalls »für zwei« zu essen. Aber sie sollten auf eine vollwertige, nährstoffreiche Ernährung achten. Darüber hinaus ist eine Supplementierung von Folsäure und Jod, gegebenenfalls auch von Eisen, Omega-3-Fettsäuren oder Vitamin D angezeigt.
Barbara Erbe
25.01.2021  15:45 Uhr

Viele Frauen, die schwanger sind oder werden wollen, achten ganz besonders auf eine gesunde Ernährung und nehmen entsprechende Tipps und Hinweise aus der Apotheke gerne entgegen. Ihnen gelte es zu vermitteln, dass eine vielseitige Ernährung mit ausreichend Fisch, Vollkorn- und Milchprodukten, Eiern sowie viel frischem Gemüse und Salaten die Grundlage schafft, um während der Schwangerschaft ausreichend mit allen Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen versorgt zu sein, meint Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover, gegenüber PTA-Forum. »Bei sehr wenigen Vitaminen und Spurenelementen kann allerdings ein Mangel bestehen, der für das Baby zu einer Gesundheitsgefahr werden kann.« Im Wesentlichen kann dies die Stoffe Folat, Jod und Eisen betreffen.

Dass über eben diese Vitamine und Spurenelemente Aufklärungs- und Informationsbedarf besteht, zeigen auch die Ergebnisse einer aktuellen Studie (SuSe I), die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) kürzlich in ihrem 14. Ernährungsbericht veröffentlicht hat. Demnach supplementieren über 80 Prozent aller Schwangeren Folsäure, aber nur 45,4 Prozent, also knapp die Hälfte von ihnen, beginnt damit wie empfohlen bereits vor der Schwangerschaft. Auch Jod, an dem Schwangere einen erhöhten Bedarf haben, supplementierte nur die Hälfte der befragten Frauen. »Für beide Stoffe empfiehlt die DGE grundsätzlich allen Schwangeren eine nahrungsergänzende Einnahme«, erläutert DGE-Ernährungswissenschaftlerin Silke Restemeyer. »Denn hier ist eine für Schwangere ausreichende Zufuhr über die normale Ernährung so gut wie unmöglich.«

Das im Bundeszentrum für Ernährung angesiedelte Netzwerk Gesund ins Leben geht sogar noch weiter und spricht nicht nur für Schwangere Empfehlungen aus, sondern auch für die Zeit davor und um die Empfängnis herum. Dabei legen die Studienautoren Fachkräften wie beispielsweise PTA ans Herz, Familien mit Kinderwunsch oder werdende Eltern über die langfristige Bedeutung eines gesunden Lebensstils aufzuklären. Wichtig sei es auch, im Hinterkopf zu haben, dass etwa ein Drittel aller Schwangerschaften ungeplant oder nicht zu dem jeweiligen Zeitpunkt gewollt sind, und somit mit der Aufklärung frühzeitig begonnen werden sollte.

Bedeutend für die Entwicklung

Folatverbindungen sind natürlicherweise in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln wie beispielsweise Grünkohl, Feldsalat oder Hühnerei enthalten. Sie sind unter anderem wichtig für Zellteilung und Wachstumsprozesse. Zahlreiche Studien belegen, dass die zusätzliche Einnahme von Folsäure, also der synthetisch hergestellten Form des Vitamins Folat, in der Schwangerschaft das Risiko eines Neuralrohrdefekts für das Kind senkt.

Frauen mit Kinderwunsch sollten gemäß den Vorgaben des Netzwerks Gesund ins Leben zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung 400 μg Folsäure pro Tag oder äquivalente Dosen anderer Folate in Form eines Supplements einnehmen, so etwa Calcium L-Methylfolat oder 5-Methyltetrahydrofolsäure-Glucosamin. Wenn die Supplementation erst kurz vor oder sogar nach der Konzeption beginnt, sollte die Dosis im ersten Schwangerschaftsdrittel mit 800 µg Folsäure/Tag doppelt so hoch sein.

Jod wird von der Schilddrüse zum Aufbau von Schilddrüsenhormonen benötigt, die wiederum wichtige Stoffwechselvorgänge regulieren und für Wachstum und Entwicklung von inneren Organen, Nervensystem, Kreislauforganen und Muskulatur nötig sind – auch schon für das werdende Kind im Mutterleib. Dass Schwangere einen erhöhten Jodbedarf haben, hat mehrere Ursachen. Zum einen produziert die mütterliche Schilddrüse in der Schwangerschaft aufgrund des erhöhten Stoffwechsels mehr Schilddrüsenhormone. Zum anderen steigt der Bedarf mit der Entwicklung des Ungeborenen (Plazentatransfer). Schließlich scheidet die Schwangere über die Nieren mehr Jod aus.

Da Deutschland entsprechend den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Jodmangelland ist, empfehlen Mediziner hierzulande generell, jodiertes Speisesalz zu verwenden sowie regelmäßig Milch, Milchprodukte und Meeresfisch zu verzehren. Zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung sollten Schwangere täglich ein Supplement mit 100 bis 150 μg Jod einnehmen.

Vor allem werdende Mütter, die an der Schilddrüse erkrankt sind, sollten die Jodeinnahme allerdings zuvor mit dem behandelnden Arzt besprechen. Vom Verzehr von Algen- und Algenprodukten in der Schwangerschaft rät die DGE ab, da Algen stark schwankende und teilweise sehr hohe Jodgehalte aufweisen und reich an Arsen und anderen unerwünschten Stoffen sein können.

Eisenwerte kontrollieren

Der Mineralstoff Eisen ist Bestandteil zahlreicher Proteine und Enzyme, die der Körper braucht, um gesund zu bleiben. Der Großteil des Eisens im Körper ist im Hämoglobin enthalten, dem Blutfarbstoff in den roten Blutkörperchen. Hämoglobin transportiert den Sauerstoff in alle Gewebe und Organe des Körpers. Ist zu wenig Eisen im Blut, sinkt auch die Menge an Hämoglobin, was die Versorgung der Zellen und Organe mit Sauerstoff beeinträchtigen kann.

Die deutschen Gesundheitsbehörden gehen davon aus, dass eine schwangere oder stillende Frau täglich 20 bis 30 mg Eisen benötigt. Besonders für Vegetarierinnen kann es schwer sein, diese Menge allein über die Nahrung aufzunehmen. Doch auch Frauen, die sich ausgewogen und gesundheitsfördernd ernähren und die vor der Schwangerschaft genug rote Blutkörperchen und keinen Eisenmangel aufweisen, könnten während der Schwangerschaft in einen Eisenmangel – und damit in einen Mangel an roten Blutkörperchen einer sogenannten Blutarmut oder Anämie – hineingeraten, erläutert Albring.

Die Folgen seien zunächst Müdigkeit, Erschöpfung und Kopfschmerzen. »Eine Anämie kann aber auch das Risiko für eine Frühgeburt erhöhen.« Deshalb müsse während der Schwangerschaft unbedingt auch auf eine ausreichende Versorgung mit Eisen geachtet werden. »Da bei einer bereits eingetretenen Blutarmut der Eisenmangel groß ist, reicht es nicht, ihn allein über die Ernährung auszugleichen. Der Ersatz würde Monate brauchen, und käme für das Baby zu spät.« Hier ist eine Zufuhr von außen sinnvoll.

Ob es ein Problem mit dem Eisenspiegel gibt, kann bei den normalen Blutuntersuchungen festgestellt werden: Zu Beginn und am Ende der Schwangerschaft gilt ein Hämoglobinspiegel von mehr als 11 Gramm pro Deziliter als normal. Im vierten bis sechsten Monat ist auch ein leichter Abfall auf 10,5 Gramm pro Deziliter noch normal. Generell gilt, dass eine Eisensupplementation während der Schwangerschaft nur bei einer ärztlich diagnostizierten Unterversorgung erfolgen soll. Eine prophylaktische Einnahme wird nicht empfohlen.

Im Einzelfall ergänzen

Wichtig für die Entwicklung des Fetus, vor allem des Gehirns und der Sehfunktion, ist unter anderem auch die mehrfach ungesättigte Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) aus der Klasse der Omega-3-Fettsäuren. Randomisierte kontrollierte Studien zeigen zudem eine signifikante Verminderung des Risikos von Frühgeburten, wenn Schwangere gut mit DHA versorgt sind, berichtet DGE-Referentin Restemeyer gegenüber PTA-Forum. Schwangeren, die keinen oder nur selten fettreichen Meeresfisch verzehren, empfiehlt die DGE daher, DHA zu supplementieren, um die für Schwangere empfohlene Zufuhrmenge von durchschnittlich 200 mg DHA pro Tag zu erreichen.

Last, but not least empfiehlt die DGE schwangeren Frauen gerade in der dunklen Jahreszeit, in der die Haut weniger Sonnenlicht ausgesetzt ist und kaum Vitamin D produziert, das Sonnenvitamin gegebenenfalls zu supplementieren. Der Schätzwert für eine angemessene Zufuhr bei fehlender Eigensynthese liegt bei 20 µg (800 I.E.) Vitamin D täglich, berichtet Restemeyer. »Die mittlere tägliche Aufnahmemenge über die Nahrung liegt jedoch nur bei 2 µg bis 4 µg. Diese Zufuhrmenge reicht nicht aus, um bei geringer endogener Synthese die wünschenswerte Serumkonzentration an 25-Hydroxyvitamin D3 von mindestens 50 nmol/L zu erreichen.« Deshalb sollten Schwangere, die sich selten im Sonnenlicht aufhalten oder ihre Haut vor der Sonne weitgehend schützen, ebenso wie Frauen mit dunklem Hauttyp ein Supplement mit Vitamin D verwenden, um die gewünschte Serumkonzentration zu erreichen. 

Im Handel lassen sich verschiedene Kombinationspräparate (zum Beispiel Fembion®, Elevit®) für die unterschiedlichen Phasen der Schwangerschaft finden. Sie sollen die Einnahme der notwendigen Vitamine und Spurenelemente erleichtern und so die Compliance fördern. Neben den grundsätzlich empfohlenen Stoffen wie Folsäure und Iodid enthalten sie auch weitere wichtige Vitamine, deren Gehalt je nach Hersteller variiert. Welches Präparat sinnvoll ist, sollte im Einzelfall entschieden und unter Umständen mit dem Arzt abgesprochen werden. In keinem Fall sollten Schwangere unüberlegt irgendwelche Spurenelemente oder Vitamine supplementieren. Nicht zuletzt deshalb, weil die übermäßige Zufuhr einiger Substanzen – beispielsweise von Vitamin A – in der Schwangerschaft durchaus schädlich sein kann.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa