Argumente statt Ausreden |
Sport ist immer eine gute Entscheidung, nicht nur bei gutem Wetter. / Foto: iStock/RyanJLane
»Als Mutter von zwei Kindern mit einem Halbtagsjob bleiben wenig Lücken. Da sind die Einkäufe, der Haushalt und manchmal noch der Hund meiner Mutter, auf den ich aufpassen muss – da gehe ich abends doch lieber aufs Sofa als aufs Laufband. Ich bin dann einfach zu erschöpft.«
Das rät Experte Alexander Schütt: »Es klingt paradox – aber ziehen Sie dann erst recht Ihre Sportschuhe an und laufen Sie – mit dem Hund – los! Am besten, wenn Sie ausgepowert von der Arbeit kommen oder in gedrückter Stimmung sind. Bereits nach zehn Minuten werden Sie spüren, wie sich die Stimmung aufhellt. Das passiert nicht, wenn Sie auf dem Sofa liegen bleiben. Durch Bewegung bauen Sie nämlich Stresshormone ab, die sonst 48 Stunden im Blut herumschwirren und positive Gefühle hemmen. Sobald Ihr Kreislauf in Schwung kommt, wird jede Körperzelle mit Sauerstoff versorgt, und Sie werden sich energiegeladen fühlen und hinterher trotzdem schön entspannt sein. Übrigens sind auch Toben mit den Kids oder zügige Walking-Gänge mit dem Hund ein ausgezeichnetes Training zur Ergänzung.«
Marc Landgraf / Foto: Narimaan Nikbakht
»Beruflich bin ich oft unterwegs und übernachte auch oft in anderen Städten. Der Job verlangt wirklich alle Energie. Häufig arbeite ich bis zu zwölf Stunden am Tag. Da habe ich meist gar keine Zeit, an Sport auch nur zu denken.«
Das sagt Schütt: »Jeder Tag hat 24 Stunden. Genug Zeit, um sich dahin zu bringen, wo man gerne sein möchte: ausgeglichen, fit und zufrieden mit sich selbst. Aber mit dem Anfängerfehler »Ich mache ab sofort dreimal in der Woche Sport« funktioniert der Einstieg nicht. Wissenschaftliche Studien haben längst bewiesen, dass schon wenige Minuten täglich genügen, um sich fit und den Körper straff zu halten. Wunder über Nacht sind natürlich nicht drin und zu einer Traumfigur kommt man auf diese Weise auch nicht. Aber ein paar Kilo weniger, ein gesteigertes Wohlbefinden und eine bessere Ausdauer sind als Belohnung doch nicht schlecht. Steigern kann man sich ja immer noch. Also schnappen Sie sich ein Springseil und machen Sie früh morgens oder abends etwas Sport. Um täglich durchzuhalten, helfen die kleinen Erfolge: Heute habe ich eine Minute länger geschafft – das macht in einem Monat eine halbe Stunde.«
... man sehr übergewichtig ist? Da sieht man doch Trainingserfolge gar nicht.
Und ob! Die ersten Komplimente bekommt man meist bereits nach ein paar Trainingseinheiten. Sportliche Menschen haben eine positivere Ausstrahlung als unsportliche, sind energiegeladener und gehen aufrechter durch den Tag. Dazu schlafen sie häufig viel besser – und tun damit auch der Haut
etwas Gutes, weil diese sich in der Nacht besonders gut regenerieren kann.
... man sich aufgrund des eigenen Körpers nicht ins Fitnessstudio traut?
Wer noch nie da war, kann gar nicht wissen, wie es dort ist. Schritt 1: Vereinbaren Sie einen Termin für ein Probetraining, wenn nicht viel los ist. Haben Sie keine Angst vor den anderen – es sind Gleichgesinnte. In einem Fitnessstudio sind die meisten Leute ohnehin mit sich selbst beschäftigt. Die Übungen verlangen Konzentration und sind anstrengend. Wer möchte, kann auch ein reines Frauenstudio auswählen. Überlegen Sie sich vorher aber genau, wie viele Trainingstage sie wirklich nutzen werden – zwei Drittel aller Studioverträge werden nicht ausgeschöpft. Das ist schade um das Geld. Treten Sie dann vielleicht doch lieber in einen Sportverein ein.
… man Beschwerden hat. Bei welchen sollte man besser nicht trainieren?
Wer keine Gelenkbeschwerden oder Rückenleiden hat, kann prinzipiell Sport treiben. Bei den genannten Beschwerden kann sanftes Walking eine Alternative sein. Bei Erkältungen oder akuten Infekten sollte man besser aussetzen. Wenn man nach dem Training unruhig schläft oder sich Reizerscheinungen an den Sehnen äußern, kann das ein Zeichen für eine Überlastung sein. Dann sollte man das Trainingspensum reduzieren – aber nicht aufhören.
Schütt: »Das ist wirklich eine sehr schöne Ausrede. Aber die Nachteile, die das Auf-dem-Sofa-Liegen gesundheitlich mit sich bringt, sind 25-mal höher als das Risiko, sich beim Sport zu verletzen. Wer sich vor dem Sport gut aufwärmt und nach dem Sport dehnt, schützt sich bestmöglich vor Verletzungen. Wer in einer Gruppe trainiert, sollte nicht versuchen, aus Ehrgeiz mitzuhalten. Besser: stets auf den eigenen Körper hören.«
Foto: Narimaan Nikbakht
Der Gesundheitsmanager und Personaltrainer gibt Tipps zum Dranbleiben.
»Ich nehme mir immer vor, mit dem Joggen anzufangen, aber wenn es dann so weit ist, verschiebe ich es wieder. Und mal ehrlich: Eine große Sportlerin werde ich jetzt ohnehin nicht mehr.«
Schütt: »Tatsächlich lohnt sich Sport von Jahr zu Jahr immer mehr. Zugegeben, die biologische Uhr tickt, aber: Durch Sport können Sie den Verschleiß, den Ihre Organsysteme zwangsläufig durchmachen, aufhalten. Ein Beispiel: Ab 30 verliert man pro Jahr etwa ein halbes Kilo an Muskelmasse. Wenn man nichts dagegen tut, wird das durch Fett ersetzt. Treibt man aber Sport, kann die Muskulatur, rein biologisch gesehen, ein Leben lang auf dem Stand einer 30-Jährigen bleiben. Ist das nichts?«
Schütt: »Der dicke Hals und der wegtrainierte Busen bei Frauen kommen durch die Medikamenteneinnahme. Außerdem trainieren Bodybuilder, die man aus dem Fernsehen kennt, exzessiv und mit gezieltem Krafttraining. Freizeitsportler, die normal trainieren, erhalten, straffen und kräftigen ihre Muskeln vor allem. Und das ist gut: Denn Muskeln sind aktives Gewebe und verbrauchen etwa doppelt so viel Energie wie anderes Gewebe. Zudem hat das Training einen gewissen Nachbrenn-Effekt. Das bedeutet: Auch nach dem Sport läuft die Fettverbrennung über Stunden weiter, selbst wenn man schon auf der Couch sitzt.«
Sarah Yildiz / Foto: onur@onuronat.com fotografhizmetleri@gmail.com
»Ich wäre gerne fitter und habe mich schon oft im Fitnessstudio angemeldet. Spätestens nach einem Monat aber verliere ich meist die Lust und werde zur klassischen Karteileiche.«
Das sagt Schütt: »Na, dann suchen Sie sich eine Sportgruppe! Oder verabreden Sie sich regelmäßig mit einer Freundin. Zusammen mit anderen macht das Training viel mehr Spaß.
Und wenn Sie besonders Schweinehund-gefährdet sind, planen sie immer dieselben Handgriffe vor dem Rausgehen ein – wie ein Ritual: Trainingsplan studieren, Banane essen, Sportsachen anziehen, und los. Meist hilft das schon.«
Foto: Adobe Stock/AAlena Ozerova
Mit einfachen Tricks lässt sich mehr Bewegung in den Alltag einbauen – schnell, einfach und ganz nebenbei!
7:00 Uhr – Morgens im Bett: Wenn der Wecker klingelt: drei Minuten Fahrrad fahren in der Luft. Erst gemütlich, dann immer schneller. Trainiert die Beine und den Po.
7:20 Uhr – Beim Zähneputzen: Während des Putzens immer abwechselnd auf die Zehenspitzen und dann wieder auf die Ferse gehen. Trainiert die Waden.
8:15 Uhr – Unterwegs: Nur Treppen benutzen, keinen Lift mehr. Bei einem Lift-Verbot in einer US-Firma nahmen die Mitarbeiter in einem Monat im Schnitt 1,5 kg ab. Zusätzlicher Effekt: zwei Stufen auf einmal nehmen. Trainiert ebenfalls Beine und Po.
8:50 Uhr – Früherer Stations-Stopp: Wenn es zeitlich machbar ist, hin und wieder aus Bus oder Bahn eine Station früher aussteigen oder das Auto etwas weiter weg parken.
12:30 Uhr – Aktive Mittagspause: Möglichst immer kurz an die frische Luft gehen und beim Spazierengehen zwischendurch ein wenig balancieren, zum Beispiel auf Bordsteinen, Baumstämmen, Gehwegfugen – das trainiert die Koordination.
14:00 Uhr – Bei jedem Telefonklingeln: den Ton als Signal nutzen und einmal aufstehen und die Knie abwechselnd hochziehen (trainiert Oberschenkel und Po). Erst dann nach dem Hörer greifen. Wenn das Telefon ununterbrochen klingelt, alternativ auch nur die Schultern nach hinten ziehen. Das lockert
Verspannungen!
18:30 Uhr – Lektüre-Lift: Im Bus, in der Bahn oder beim Stöbern in der Buchhandlung – heben Sie Ihre Lektüre bis etwas auf Augenhöhe an. Die Arme sind dabei leicht gebeugt und das Brustbein angehoben. In dieser Position ist die Halswirbelsäule angenehm entspannt und die gesamte Schultermuskulatur wird effektiv gekräftigt.
19:00 Uhr – Wagenheber beim Einkaufen: Im Supermarkt an der Kasse den Einkaufswagen so anheben, dass die Arme einen 90-Grad-Winkel haben und wieder absetzen. Gutes Kraft-Training für den Bizeps.