Arzneimittel kindgerecht dosieren |
Mit Engelszungen reden, die Arznei mit ihrer Süße schmackhaft machen, es tut auch überhaupt nicht weh: Wenn das Kind nicht mitspielt, wird die Arzneimitteltherapie zur Herausforderung. / Foto: Getty Images/Jose Luis Pelaez Inc
Halbe Dosis für halbe Portion? Mitnichten. Der schon lange bekannte Spruch »Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und Jugendliche keine großen Kinder« hat nach wie vor Bestand. Dosis und Wirkung dürfen nicht proportional zum Körpergewicht heruntergerechnet werden. Der Grund liegt in der Entwicklungsphysiologie des Menschen: Reifung und Wachstum des Organismus sind kein linearer Prozess. So sind zum einen beim Neugeborenen und Säugling die Ausscheidungsorgane und verschiedene Enzymsysteme noch nicht ausgereift. Um zu verhindern, dass sich der Arzneistoff im Organismus anreichert und zu unerwünschten Wirkungen führt, ist die Dosierung entsprechend anzupassen.
Zum anderen spielen die Körperproportionen eine Rolle, die sich während des Wachstums laufend verändern: Bei Babys und kleinen Kindern sind Oberkörper und Kopf im Verhältnis zum restlichen Körper größer als bei Erwachsenen. Diese Disproportionen betreffen auch die inneren Organe und somit auch die Ausscheidungsorgane (siehe Grafik). So ist etwa der Anteil von Leber und Niere am Körpergewicht in den ersten Lebenswochen und -jahren größer – was zur Folge hat, dass Säuglinge und Kleinkinder bestimmte Arzneistoffe über die Nieren schneller ausscheiden, wenn die Nieren nach den ersten Lebensmonaten ihre volle Funktion aufgenommen haben. Beispiel Sotalol, ein Betablocker, der bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird: Die Dosierung für Erwachsene beträgt in der Regel 2 mg Sotalol pro Kilogramm Körpergewicht, bei einem fünf Monate alten Säugling liegen 5,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht immer noch im unteren therapeutischen Bereich. Das heißt also: Für kleine Patienten ist die Dosis mal zu verringern, mal aber auch zu erhöhen.
Die Entgiftungsleistung der Niere, also die Gesamtkörperclearance, ist stark vom Alter des Menschen abhängig. Die Clearance folgt keiner linearen Entwicklung. Deshalb ist keine lineare Dosisanpassung möglich. / Foto: Adobe Stock/lynea/Loveleen/Yuliya Akateva
Hinzu kommt, dass viele physiologische Entwicklungen bislang systematisch noch gar nicht erforscht sind. So schwankt etwa die Gallensäuresekretion – wichtig für die Aufnahme von Arzneistoffen – im Laufe der kindlichen Entwicklung sehr stark. Sie steigt während der ersten Lebenswoche. Doch ob sie im weiteren Verlauf abfällt oder gar über das Niveau Erwachsener hinausgeht, ist bisher noch nicht geklärt. Man vermutet, dass sie sich erst zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr auf das Maß Erwachsener einpendelt. Das macht deutlich, dass Kinder und Jugendliche eine sehr heterogene Gruppe darstellen und jede Altersstufe für sich betrachtet werden muss. Hier Daten zu sammeln, macht es den Arzneimittelfirmen auch nicht gerade leicht, Zulassungsunterlagen zusammenzutragen.
Wegen der Unterschiede zwischen Früh- und Neugeborenen, zwischen Kleinkindern und größeren Kindern teilt die europäische Arzneimittelagentur Kinder in folgende Altersgruppen ein:
Kinder sind auch heute noch – vierzehn Jahre nach Inkrafttreten der europäischen Kinderarzneimittelverordnung – bei der Behandlung mit Medikamenten benachteiligt, heißt es etwa vonseiten der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie der Stiftung Kindergesundheit. Kinder- und Jugendärzte müssten auch heute noch viele ihrer Patienten mit Arzneimitteln behandeln, die nur bei Erwachsenen getestet wurden und für die Altersgruppe der Kinder nicht zugelassen oder nicht geeignet sind. Die Pädiater behelfen sich deshalb mit dem Off-Label-Use von Präparaten und stecken damit in einem Dilemma.
Zwar gibt es seit 2007 auf EU-Ebene Regelungen, die die Hersteller dazu bewegen sollen, sich um die Zulassung ihrer neuen Arzneimittel auch für Kinder zu bemühen. Doch der große Durchbruch für die Therapie bei Kindern ist damit bislang nicht gelungen. Kinder- und Jugendärzte fordern gemeinsam mit pharmazeutischen Unternehmen verbesserte Regelungen auf politischer Ebene. Aut-idem-Regelung, Festbeträge und die sogenannte frühe Nutzenbewertung konterkarieren die Forschungs- und Entwicklungsbestrebungen, führen sie ins Feld.
Dass Bedarf besteht, daran besteht kein Zweifel: Kindern werden umso häufiger Medikamente außerhalb der Zulassung verabreicht, je jünger sie sind oder je schwerer sie erkrankt sind. Bis zu 90 Prozent der Medikamente, die in der Kinder-Intensivmedizin und in der Neonatologie Einsatz finden, sind für die Kleinen nicht zugelassen. Allgemein liegt der Off-Label-Use in deutschen Krankenhäusern bei rund 50 Prozent aller verordneten Medikamente, die Kinder verabreicht bekommen, im ambulanten Bereich sind es rund 30 Prozent, rechnet die Stiftung Kindergesundheit und der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) vor. Besonders bedenklich: Die Verwendung außerhalb der Zulassung ist mit höheren Risiken für die Kindern verbunden; Nebenwirkungen kommen etwa doppelt so häufig vor als bei einer zugelassenen Arzneimittelanwendung, heißt es in einer Stellungnahme des BPI.
Die von der EU 2007 geschaffenen Anreize, die Medikamentenversorgung von Kindern verbessern zu wollen, laufen allerdings ins Leere, prangert der BPI an. In der Tat: Die Hoffnungen, die Pädiater und Arzneimittelhersteller in die EU-Kinderarzneimittelverordnung und vor allem den sogenannten PUMA-Prozess gesetzt hatten, wurden nur ansatzweise erfüllt. Lediglich sechs PUMA-Arzneimittel sind bislang in den Markt eingeführt worden. PUMA, die Paediatric Use Marketing Authorization, ist dazu gedacht, in einem vereinfachten Verfahren bereits existierende Medikamente im Nachhinein nach einer genauen Prüfung der bisherigen Anwendung auch für Kinder zulassen zu können, etwa in einer kindgerechten Darreichungsform oder in einer anderen Indikation als für Erwachsene. Den pharmazeutischen Unternehmen winkt als Anreiz für das neu zugelassene Kinderarzneimittel ein zehnjähriger Unterlagen- und Vermarktungsschutz. Doch was eigentlich gut gedacht war, wird durch andere Regelungen konterkariert, sodass sich für pharmazeutische Unternehmen PUMA-Zulassungen kaum lohnen.
Und das sind die sechs Präparate, die in den zurückliegenden vierzehn Jahren eine PUMA-Zulassung erhalten haben: Midazolam (Buccolam®) zur akuten Krampfkontrolle bei epileptischen Kindern, Propranolol (Hemangiol®) zur Therapie des infantilen Hämangioms, Glycopyrroniumbromid (Sialanar®) zur Behandlung übermäßigen Speichelflusses (Sialorrhö) aufgrund neurologischer Grunderkrankungen, Hydrocortison (Alkindi®) für Kinder mit einem Cortisonmangel aufgrund einer Nebennierenrindeninsuffizienz, Melatonin (Slenyto®) zur Behandlung von Insomnien bei kindlichen Entwicklungsstörungen und Vigabatrin (Kigabeq®) zur Behandlung infantiler Spasmen bei Kindern mit speziellen Epilepsieformen.
Für die Akzeptanz der Therapie bei Kind und Eltern ist es wichtig, dass der Wirkstoff in eine altersgerechte Arzneiform verpackt ist. Bei kleinen Kindern bieten sich flüssige Zubereitungen wie Säfte, Tropfen oder Lösungen an, weil sie diese besser schlucken können als Kapseln, Tabletten oder Dragees. Das Problem: Die Maskierung des oft bitteren Eigengeschmacks vieler Arzneistoffe stellt besonders in flüssigen Arzneiformen eine Herausforderung dar, wohingegen bei festen Arzneiformen ein Überzug Abhilfe schaffen kann. Wichtig für eine reibungsfreie Applikation jedoch ist, dass die Medizin dem Kind einigermaßen schmeckt und gut riecht. Gerade kleine Kinder reagieren sehr empfindlich und verweigern nicht selten die Einnahme. Achtung: Hat das Kind einen Teil der vorgesehenen Menge geschluckt und spuckt etwas wieder aus, darf nicht noch einmal die volle Dosis verabreicht werden.
Eine Maßnahme gegen unangenehmen Geschmack ist die Applikation mithilfe einer Dosierspritze. Um einen Würgereiz zu vermeiden, spritzen die Eltern den Saft am besten mit der Dosierhilfe in die Wangentasche hinter die Backenzähne. Für ganz kleine Patienten kann man die Dosierspritze auch in das Ende eines Saugers eines Fläschchens stecken; das löst den Saugreflex aus. Diese Möglichkeit bieten etwa die drei ersten PUMA-Zulassungen Buccolam®, Hemangiol® und Sialanar®. Bei allen dreien handelt es sich um oromukosale Lösungen, denen eine Dosierspritze beiliegt.
Liegt dem Präparat keine Dosierspritze bei, können PTA oder Apotheker eine Einmalspritze mitgeben. Für Säuglinge gibt es außerdem verschiedene Medikamentenschnuller (wie Numimed® Frank Medikamentensauger), die sich mit der Flüssigarznei befüllen lassen. Dosierspritzen ermöglichen die präzise Abmessung eines bestimmten Volumens unabhängig von der Konsistenz des Saftes, sogar bei hochviskosen Suspensionen. Genau das macht die exakte Dosierung mithilfe von Dosierbechern und –löffeln so schwer - wobei sich mit dem Messbecher noch besser dosieren lässt als mit dem Löffel.
Exakt und in relativ kurzer Zeit unterschiedliche Konzentrationen einer Arzneiform zur Verfügung stellen: Das könnte bald mit einer neuen Technik des Arzneimitteldrucks möglich sein. Dabei wird die wirkstoffhaltige Lösung ähnlich der Tinte in einem Tintenstrahldrucker statt auf Papier auf orodispersible Systeme, also eine Art Gelplättchen, aufgetragen. Über die Tröpfchenmenge wird dosiert. Die hauchdünnen Plättchen lösen sich später bei der Anwendung im Mund des Patienten sofort auf und werden buccal resorbiert, berichtet das Uniklinikum Heidelberg, das derzeit gemeinsam mit dem Unternehmen DiHeSys die neue 2D-Drucktechnik testet. Der große Vorteil: Die Dosierung des Arzneistoffs kann über einen weiten Bereich extrem schnell angepasst werden. Innerhalb von zehn Minuten sind in Heidelberg denn auch 15 Einzeldosen hergestellt.
Neben der Schnelligkeit und Präzision punktet dieser 2D-Arzneimittel-Druck mit der produzierten Darreichungsform. Im Vergleich zu Kapseln und Suspensionen ist die Anwendung bei Kindern einfacher und genauer. Da der Gelfilm in die Backentasche gelegt wird und dort haften bleibt, dürfte die volle Dosis im kindlichen Organismus auch tatsächlich ankommen. Ob dem tatsächlich auch so ist, wird derzeit genauer untersucht. In einer klinischen Machbarkeitsstudie analysiert die Heidelberger Arbeitsgruppe derzeit an insgesamt 24 Probanden die grundsätzliche Eignung der neuen Technik. Wie gut wird das gedruckte Medikament über die Mundschleimhaut aufgenommen? Wie viel kommt im Blut an? Welches ist die kleinste verabreichbare Dosis? Für die Machbarkeitsstudie arbeiten die Mitarbeiter der Heidelberger Krankenhausapotheke mit Midazolam in geringsten Mengen, aber in einem 100-fachen Dosierungsbereich (30 µg bis 3 mg)
In abgewandelter Form sei dieses Druckverfahren auch für die Offizin prinzipiell geeignet, meint Dr. Wolfgang Kircher, Experte für pharmazeutisch-technologische Aspekte bei der Pharmazeutischen Betreuung und bekannt für allerlei technologische Tüftelein in der St. Ulrich-Apotheke in Peißenberg. »Das Problem bei diesen Arzneimitteldrucken ist die Reproduzierbarkeit, sei es, weil die Düsen verstopfen oder es Kontaminationen gibt«, erzählt Kircher im Gespräch mit PTA-Forum. Den Wirkstoff mit einer Mikroliter-Spritze auf den ausgegossenen Trägerfilm aufzutropfen, hält der Apotheker für eine weitere Möglichkeit, kindgerechte Arzneimittel herzustellen. »Natürlich sind auch mit der Mikroliterspritze ein paar Tricks nötig. Wenn man nicht vorsichtigst auf das orodispersible System auftropft, dann wellt sich der Film und der Tropfen läuft weg. Außerdem ist das Lösungsmittel so wählen, dass kein Loch im Film entsteht«, berichtet Kircher von eigenen Experimenten mit seinem Sohn Philipp im heimischen Apothekenlabor.
Technologen setzen jedenfalls auf orodispersible Arzneiformen, weil sie in der Mundhöhle schnell zerfallen und dabei entweder den Wirkstoff selbst oder partikuläre Wirkstoffträger freisetzen. Der Vorteil liegt in der einfachen Handhabung, kein zusätzliches Wasser wird benötigt. Der Nachteil liegt in der Feuchtigkeitsempfindlichkeit des Produkts und – wie Kircher weiß – in der schlechten Beladungskapazität. Diese Technologie kommt mit den Fluoretten® schon länger zur Kariesprophylaxe für Kinder zum Einsatz. Auch klassische Schmelztabletten, sogenannte Lyophilisate, eignen sich im Grunde gut für Kinder. Dass es so wenige Präparate in dieser Formulierung speziell für Kinder gibt (zum Beispiel Nurofen® Schmelztabletten Lemon gegen Schmerzen oder Aerius® Schmelztabletten bei Allergie), mag daran liegen, dass sie relativ teuer in der Herstellung sind.
Die Akzeptanz von sogenannten Minitabletten, die Kircher »modifizierte Globuli« nennt, scheint bei den kleinen Patienten noch besser zu sein. Minitabletten mit einem Durchmesser von 2 Millimetern (siehe Abbildung) und schnell auflösende Pellets gehören zu den technologischen Neuentwicklungen, die bei Kindern gut appliziert werden können. In Studien etwa an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf wurden die kleinen Tabletten bei kleinen Patienten mit Erfolg getestet: Mehr als drei Viertel der vier- und fünfjährigen Kinder konnten in einer Untersuchung Minitabletten ohne Probleme schlucken. Auch in weiteren Studien punkteten die Minitabletten bei Akzeptanz und Compliance: Besonders Säuglinge schluckten sie sogar besser als einen Saft oder Sirup. Die PUMA-Zulassung Melatonin Slenyto® enthält Mikrotabletten mit 1-mg- oder -5-mg-Dosierung und verzögerter Freisetzung. Ein weiteres Beispiel sind Orfiril® long Retard-Minitabletten.
Die 2-mm-Minitabletten erinnern an Globulis. Sie sind so klein, dass sie auch von Säuglingen gut akzeptiert werden. / Foto: Universität Heidelberg/Klingmann
Auch Alkindi®, eine der neueren PUMA-Zulassungen, ist eine orale, sofort freisetzende pädiatrische Formulierung von Hydrocortison-Granulat, die eine altersgerechte Dosierung bei Kindern ermöglicht. Die Hartkapsel, in die das Granulat eingebracht ist, darf nicht geschluckt werden. Durch leichtes Zusammendrücken des Kapselunterteils und Abdrehen des oberen Teils kann die Arzneiform geöffnet werden. Das Granulat geben Eltern dann direkt auf die Zunge oder mit einem Löffel in den Mund. Im Anschluss sollten die kleinen Patienten Wasser, Milch, Muttermilch oder Flaschennahrung trinken. Auch die Einarbeitung in Brei ist möglich. Dass der Gemeinsame Bundesausschuss die kindgerechte Dosierung und die Darreichungsform nicht als Zusatznutzen anerkannt hat, wird nach wie vor kritisch diskutiert.
Bei dem zuletzt zugelassenen PUMA-Arzneimittel ist Vigabatrin (Kigabeq®) in leicht zerfallbare Tabletten eingearbeitet worden, die dann als Lösung entweder oral oder via nasogastraler Sonde appliziert werden. Die Galenik erinnert an das Prinzip der nicht mehr im Handel befindlichen Infectoroxit® Kindertabletten. Dabei hatte man Roxithromycin in geschmacksneutrale Pellets innerhalb einer Tablette verpackt. Die Tablette löste sich mit etwas Wasser auf einem Löffel zu einer Suspension auf. Die kleindimensionierten überzogenen Pellets blieben erhalten und damit der maskierte unangenehme Geschmack des Antibiotikums.
Auch Clarosip® bot 2006 einen raffinierten technologischen Ansatz. In Clarosip® waren mit einem Polymerfilm überzogene, geschmacksneutrale Clarithromycin-Mikropellets in einem Strohhalm-ähnlichen Applikationssystem enthalten. Der Strohhalm konnte in jedes beliebige Kaltgetränk gestellt werden, beim Ansaugen wurden die Pellets dispergiert und in der Regel mit dem ersten Schluck unbemerkt aufgenommen. Der große Nachteil: Die Präparate waren teurer als andere Antibiotika für Kinder, fielen aber trotz ihrer innovativen Galenik unter die Festbetragsregelung. Die Eltern mussten für solche technologisch ausgefeilten Arzneimittel zuzahlen. Die Bereitschaft dazu war gering, beide Präparate verschwanden wieder vom Markt.
Saftflaschen mit Sensoren, die Daten für eine bessere Arzneimittelsicherheit aufzeichnen. / Foto: Kircher
Ein Paradebeispiel für Arzneimittel, die in der Handhabung Schwierigkeiten bereiten, sind Antibiotika-Trockensäfte. Eine exakte Dosierung setzt zum einen die richtige Zubereitung voraus, weshalb der Saft am besten in der Apotheke hergestellt werden sollte. Zum anderen bergen die unterschiedlichen Schaumbildungen und Sedimentationsgeschwindigkeiten der einzelnen Trockensäfte beim Aufschütteln vor der Anwendung zu Hause weitere Fallstricke in Sachen präziser Dosierung. Mit dem Hinweis »Einnahme spätestens drei Minuten nach dem Schütteln« ist die PTA auf der sicheren Seite.
Dr. Wolfgang Kircher will es genauer wissen und versah seine Amoxicillin-Clavulansäure-Trockensäfte in seinem Tüftel-Apothekenlabor mit einem digitalen Modul. Diese besitzen Sensoren, die Daten für Temperatur der Flasche bei Aufbewahrung, im Kühlschrank und Entnahme, Beschleunigung der Flasche durch Umschütteln und Flaschenneigung erstellen. Diese kontinuierlich erhobenen Daten werden dann an den PC in der Apotheke übertragen und geben dem Apotheker Rückmeldung über die korrekte Anwendung. Ein gutes Beispiel dafür, dass digital vernetzte Arzneiformen die Arzneimitteltherapie etwa bei Kindern sicherer machen können.
KIDSafe, ein Forschungsprojekt unter der Leitung der Kinder- und Jugendklinik des Uniklinikums Erlangen, möchte die Risiken des Off-Label-Gebrauchs bei Kindern minimieren. Dafür haben die Wissenschaftler ein digitales Meldesystem für unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Medikationsfehler aufgebaut, um mögliche Sicherheitsrisiken systematisch zu erfassen. An das Projekt angeschlossen sind zwölf Kinderkliniken mitsamt den zuweisenden Kinderarztpraxen. Bewährt sich das Informationssystem, könnte es als neue Versorgungsform in ganz Deutschland eingeführt werden.
Für bereits Kinder-zugelassene Arzneimittel gibt es hier Informationen: Die Datenbank www.zak-kinderarzneimittel.de hält genaue Dosierungsangaben und Hilfen für die Auswahl altersgerechter Darreichungsformen für Arzneimittel bereit, die für mindestens eine pädiatrische Altersgruppe vom Neugeborenen bis zum Jugendlichen bereits zugelassen sind. Derzeit sind 1903 Arzneimittel von 37 Unternehmen gelistet. Über eine Suchmaske können Interessierte für die Altersgruppen von 0 bis 16 Jahren alle relevanten Informationen abrufen.