Arzneimittel nicht einfach privat weiterreichen |
Viele Arzneimittel sind derzeit nur schwer zu bekommen. Sich deshalb privat auszuhelfen und Medikamente untereinander zu tauschen ist zwar gut gemeint, kann aber sehr gefährlich werden. / Foto: Getty Images/Photographer, Basak Gurbuz Derman
Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, hat am Sonntag in einem »Tagesspiegel«-Interview vorgeschlagen, man solle sich angesichts von Lieferengpässen nachbarschaftlich mit knappen Medikamenten aushelfen. Selbst abgelaufene Medikamente könne man weitergeben, diese könnten »gefahrlos« verwendet werden.
Aus pharmazeutischer Sicht ist ein solcher Vorschlag unverantwortlich – auch wenn die Bundesärztekammer auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung den Vorschlag ihres Präsidenten auf nicht verschreibungspflichtige, originalverpackte Arzneimittel eingeschränkte. Trotzdem gibt es hier so einige Probleme, die es zu bedenken gilt. »Ein Arzneimittel, das für die Freundin hervorragend geeignet ist, kann einem selbst unter Umständen schaden«, warnt als Reaktion nun unter anderem Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen.
Hier die wichtigsten Argumente:
»Lassen Sie sich nicht verunsichern durch populistische ›Empfehlungen‹ – es geht um Ihre Gesundheit«, warnt Hessens Apothekerkammerpräsidentin Funke. »Die Arzneimittelsicherheit gehört in die Hände von den Fachleuten, denen Sie vertrauen können. Damit Patienten gut geschützt sind, bestehen durch den Gesetzgeber hohe Anforderungen an Arzneimittel und an Apotheken – das ist gut und richtig.«
Und auch die Standesvertretung der Ärzteschaft steht nicht geschlossen hinter den Äußerung von BÄK-Präsident Reinhardt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sprach sich heute sogar explizit dagegen aus.
So warnte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen davor, gebrauchte oder gar abgelaufene Arzneimittel im Nachbarschafts- oder Freundeskreis zu tauschen oder abzugeben. »Das Risiko ist einfach zu groß, dass durch solche eigentlich gut gemeinten Solidaritätsaktionen mehr Schaden als Nutzen bis hin zu Gefahren für Leib und Leben angerichtet werden.«
Sein Stellvertreter Dr. Stephan Hofmeister ergänzte: »Unverträglichkeiten von Medikamenten, die Gefahren abgelaufener Arzneien, die Unkenntnis, aus welchen Quellen die angebotenen Mittel und Tabletten überhaupt stammen – alleine diese Aspekte zeigen, dass die fachkundige Beratung und Abgabe unabdingbar ist. Alles andere wäre lebensgefährlich und unverantwortbar.«