Atropinsulfat-Augencreme |
Die Herstellung von Augengelen oder -cremes spielt in der Apotheke mittlerweile eine untergeordnete Rolle. / Foto: Getty Images/Kwangmoozaa
Die PTA Gabi Galenik erhält von einer Kundin ein Rezept über »Atropin-Augensalbe 1 %«. Darauf klebt eine Haftnotiz des Augenarztes, auf der er bittet, sich bei Rückfragen in der Praxis zu melden. Zum Glück benötigt die Kundin die Augensalbe nicht sofort. Gabi notiert wie üblich die Telefonnummer der Kundin und verspricht anzurufen, sobald das Arzneimittel fertig hergestellt ist.
Die Wirkstoffe Atropin und Atropinsulfat wirken als Mydriatika und Zykloplegika. Sie erweitern die Pupillen beziehungsweise stellen die Augen ruhig. Normalerweise kommen sie in Augentropfen zum Einsatz, halbfeste Zubereitungen damit sind seltener. Gabi findet über eine Internetsuche, dass Atropinsulfat-Augensalben oder -cremes bei wiederkehrenden Augenentzündungen von Pferden verwendet werden. In einer alten »Roten Liste« findet Gabi eine Atropin-Augensalbe mit 1 Prozent Atropinsulfat (Monohydrat). Laut dortigen Angaben gehören zu den Anwendungsgebieten von Atropin-Augentropfen und -salben ebenfalls die Behandlung von Hornhautentzündung und -geschwüren.
Weil aus den von Gabi gefundenen Arzneimittelbezeichnungen teilweise nicht eindeutig hervorgeht, ob die Atropin-Base oder das Salz als Wirkstoff enthalten ist, lässt sich auch das Rezept diesbezüglich nicht eindeutig interpretieren. Da auf dem Rezept eine Augensalbe angegeben ist, würde sich die Base anbieten, die sich in der wasserfreien Grundlage lösen müsste. Suspensionsaugensalben können in der Apotheke praktisch nicht hergestellt werden. Die benötigte Teilchenzerkleinerung lässt sich nicht umsetzen. Die Teilchen müssen kleiner sein, als in der Apotheke sichergestellt werden kann. Eine Sterilisation lässt sich ebenfalls nicht durchführen.
Foto: PZ-Grafik
Im Rezepturhinweis »Atropin und Atropinsulfat« von der Webseite des DAC/NRF findet Gabi Informationen, die ihr weiterhelfen. Atropin-Augensalben können theoretisch mit der Atropin-Base hergestellt werden. Es gibt jedoch zurzeit kein Atropin zu kaufen. Aus diesem Grund kann die Augensalbe nicht hergestellt werden. In die Augencreme kann Atropinsulfat (Monohydrat) eingearbeitet werden. Der Wirkstoff liegt dann gelöst vor.
Gabi erinnert sich, dass es eine Besonderheit bei der Bezeichnung »Atropinsulfat« gibt. Sie ist nämlich nicht eindeutig. Im Ph. Eur. befindet sich der Eintrag Atropinsulfat. Die dort angegebene Definition macht aber klar, dass es sich eigentlich um Atropinsulfat (Monohydrat) handelt. Die Bezeichnung Atropinsulfat kann sich also auf die Stoffbezeichnung oder die Bezeichnung der Arzneibuch-Monographie beziehen. In diesem Fall stellt das kein Problem dar, weil Gabi ohnehin in der Praxis anrufen muss. Sie kann das dabei leicht klären.
Der Rezepturhinweis listet mehrere Varianten einer entsprechenden Augencreme auf. Zum einen war eine unkonservierte Creme, die Oculentum Atropini SR, in der DDR standardisiert. Unkonservierte Augencremes können in der Apotheke nicht hergestellt werden. Es werden zwei konservierte Augencremes genannt: »Atropinsulfat-Monohydrat-Augencreme 1 %, konserviert mit Thiomersal« und »Atropinsulfat-Monohydrat-Augencreme 1 %, konserviert mit Benzalkoniumchlorid«.
Atropinsulfat-Augentropfen 2 % 2,5 g
Emulgierende Augensalbe DAC zu 5,0 g
1x täglich anwenden
Gabi folgt den beiden Links im Rezepturhinweis zu den entsprechenden Einträgen und schaut sich die Zusammensetzung an. Die mit Thiomersal konservierte Creme wird mit Atropinsulfat-Augentropfen 2 % (NRF 15.2.) und Emulgierender Augensalbe DAC (S.48.) hergestellt. Nach einem Blick auf die vorrätigen Substanzen entscheidet sich Gabi für diese Augencreme. Emulgierende Augensalbe DAC kann sie fertig kaufen. Sie spricht sich mit der diensthabenden Apothekerin ab und ruft den Arzt an, der mit der Auswahl einverstanden ist. Die Menge legen sie gemeinsam auf 5 g fest. Der Arzt erklärt, dass die Creme einmal pro Tag angewendet werden soll.
Eine apothekentaugliche Herstellmethode für Augencremes ist die sogenannte »Dreispritzentechnik«, die im DAC/NRF in Abschnitt I.8.3.6 beschrieben wird. Mithilfe von drei normalen Spritzen kann die Mischung im nahezu geschlossenen System stattfinden. Eine Sterilisation im Endgefäß ist leider nicht möglich. Es gibt keine Augensalbentuben, die sich dazu eignen, heißluftsterilisiert oder autoklaviert zu werden.
Die Grundlage muss allerdings heißluftsterilisiert werden. Eine entsprechende Menge wird mit angemessenem Überschuss in einem mit Aluminiumfolie verschlossenen Becherglas bei 160 °C für zwei Stunden sterilisiert. Anschließend zieht man sie durch eine weitlumige Kanüle in eine 10-ml-Spritze mit Luer-Lock-Anschluss auf. Achtung: Eine mikrobielle Kontamination gilt es zu vermeiden. Die Spritze wird mit einem Konus-Verschluss verschlossen. Die benötigte Menge findet Gabi im Rezepturhinweis »Atropin und Atropinsulfat«. Da die Emulgierende Augensalbe DAC eine Dichte von 0,87 g/m hat, braucht man 2,9 ml. Dazu zieht man etwas mehr Salbe auf und drückt so viel wieder aus der Spritze, dass die Markierung bei 2,9 ml ist. Das Totvolumen wird damit berücksichtigt.
Der Inhalt muss viele Male hin und her gedrückt werden. / Foto: DAC/NRF
Die Atropinsulfat-Augentropfen 2 % werden frisch nach der Vorschrift NRF 15.2. hergestellt (besondere Vorsicht wegen der Giftigkeit von Atropinsulfat (Monohydrat)). In eine zweite 10-ml-Spritze mit Luer-Lock-Anschluss werden die Augentropfen aufgezogen. Diese wird anschließend mit einer Einmalfiltrationseinheit zur Bakterienfiltration von wässrigen Augentropfen verbunden und diese wiederum mit einer dritten 10-ml-Spritze. Es werden so viele Augentropfen in die dritte Spritze filtriert, bis die Markierung bei 2,5 ml steht. Um das richtige Volumen zu erhalten, bitte auf Blasenfreiheit in der Lösung achten.
Mithilfe eines Luer-Lock-Adapters »weiblich-weiblich« verbindet man die Spritzen mit der sterilfiltrierten Lösung und der sterilisierten Grundlage miteinander. Der Inhalt der einen Spritze wird komplett in die andere Spritze gedrückt. Anschließend drückt man den Inhalt viele Male hin- und her, bis eine homogene Augencreme entstanden ist. Danach werden die Spritzen getrennt. Die Spritze mit der Creme wird mit einem weiteren Verschlusskonus verschlossen und kann nach entsprechender Kennzeichnung so abgegeben werden. Eine Abfüllung in eine sterile Augensalbentube ist ebenfalls möglich. Die Aufbrauchsfrist beträgt vier Wochen.
Neben den Inprozess-Prüfungen, die für die Herstellung der Augentropfen angegeben sind, muss wie üblich der Membranfilter-Integritätstest oder »Bubble-Point-Test« durchgeführt werden. Zu diesem Zweck zieht Gabi in die leere erste Spritze 10 ml Luft auf und steckt den Filter und eine frische Kanüle darauf. Dann hält sie die Kanüle ins Wasser und drückt die Luft durch den Filter. Die Luft muss sich auf mindestens ein Fünftel des Ausgangsvolumens (2 ml) komprimieren lassen, bevor ein kontinuierlicher Strom an Luftblasen aufsteigt.