Auch Astronauten brauchen Arzneimittel |
Die Biomedical Kits der Internationalen Raumstation ISS (International Space Station) berücksichtigten dann längere Aufenthalte im All und vielfältigere Indikationen. Indikationsbezogene Arzneitaschen wurden farblich gekennzeichnet. Einige Kits waren für die Selbstmedikation bestimmt, andere durften nur auf ärztlichen Rat geöffnet werden. »Inzwischen sind 191 Arzneimittel an Bord, die russisch und englisch beschriftet sind«, informierte die Apothekerin.
Das Prinzip der anwendungsbezogenen Beschriftung hat seinen Sinn, erklärte Staiger. »Astronauten sind zwar gut und vielfältig ausgebildet, aber doch pharmazeutische Laien. Deshalb wäre die Beschriftung mit den Namen der Arzneistoffe oder Fertigarzneimittel wenig hilfreich. Stattdessen steht bis heute stets die Indikation, zum Beispiel »gegen Durchfall«, im Vordergrund.«
Staiger stellte eine Auswertung zum Arzneimittelgebrauch von 33 Space-Shuttle-Flügen vor. Danach versuchten 30 Prozent der insgesamt in die Analyse eingebundenen 107 Crew-Mitglieder, die Raumkrankheit zu behandeln, 20 Prozent ihre Kopfschmerzen, 15 Prozent die Schlaflosigkeit und 10 Prozent die Rückenschmerzen. Insgesamt hätten 83 der 107 Astronauten (78 Prozent) aufgrund der diversen Beschwerden zu einem oder mehreren Arzneimitteln gegriffen. Circa 25 Prozent hätten einen Hautauschlag mit Topika therapiert.
Bei einer ähnlichen Auswertung für Crew-Mitglieder der ISS lag die Anwendung bei einigen Indikationen noch höher. 71 Prozent der Astronauten griffen zu Schlaftabletten, überwiegend Z-Substanzen; die Hälfte nahm Arzneimittel gegen Kopfschmerzen, allergische Reaktionen oder verstopfte Nasen.
Langzeitflüge wie etwa eine dreijährige Mission zum Mars rücken manche Probleme ins Rampenlicht, etwa die Folgen langfristiger Schwerelosigkeit und die hohe Strahlung, die beim Verlassen des schützenden Magnetfelds der Erde auf den Körper einwirkt. Extrem hoch sei die Belastung, wenn Sonneneruptionen zusätzliche Strahlung aussenden, berichtete die Apothekerin. Die Strahlenbelastung und Schutzmöglichkeiten würden zum Beispiel anhand von zwei Puppen mit vielen Kontrollinstrumenten im All getestet. Zudem werde an medikamentösen Strategien gegen Strahlungseinflüsse geforscht, unter anderem am Einsatz von Kolonie-stimulierenden Faktoren.
Als neue »abgespacte« Idee stellte Staiger die Produktion von »Medicines on demand« vor. Bei diesem Konzept sollen nur die notwendigsten Medikamente mitgenommen und Biologika aus modifizierten Zellen in Mini-Bioreaktoren im Raumschiff direkt hergestellt werden. Bis zur Umsetzung sei aber noch viel Forschung nötig.