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Depressionen im Alter

Auf alle Fälle ernst nehmen

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im höheren Lebensalter. Doch in diesem Lebensabschnitt zeigt sich eine Depression meist anders als bei jüngeren Menschen. Dadurch wird sie leicht übersehen und nicht adäquat behandelt.
AutorKontaktAnnette Immel-Sehr
Datum 26.06.2019  17:00 Uhr

Wenn Senioren hoffnungslos wirken oder über Schmerzen klagen, sind Mitmenschen oft geneigt, dies dem Alter zuzuschreiben. Schließlich gibt es im Alter häufig konkrete Gründe dafür, traurig zu sein: Verlust des Lebenspartners oder von Geschwistern, Krankheit, nachlassende Kräfte und die Nähe zum eigenen Tod. Doch in der Regel lernen Menschen, mit dieser Situation umzugehen; sie können Trauer überwinden. Manchmal jedoch geht das Gefühl in einen krankhaften Zustand der Erstarrung über, in eine Depression. Depressive Erkrankungen können sich zudem ohne ein konkretes Ereignis entwickeln.

Laut einer Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland des Robert-Koch-Instituts (DEGS) erkranken in der Gruppe der 70- bis 79-Jährigen sechs Prozent im Laufe eines Jahres an einer Depression. Schwere Depressionen sind im Alter etwas seltener als im jüngeren Lebensalter; dagegen treten leichtere Depressionen und sogenannte subklinische Depressionen, bei denen nicht alle Symptome vorliegen, bei älteren Menschen zwei- bis dreimal so häufig auf. Eine Depression ist immer eine ernst zu nehmende Erkrankung, weil sie zum Tode führen kann. Suizidalität im Alter wird in der Presse selten thematisiert. Dabei liegt die Rate bei alten Menschen höher als bei jüngeren. Besonders gefährdet ist die Gruppe der über 75-jährigen Männer. Neben der aktiven Selbsttötung gibt es auch den sogenannten »stillen Suizid«. Depressive Menschen geben sich selbst auf. Sie essen und trinken kaum noch, liegen meist im Bett, nehmen ihre Medikamente nicht mehr ein oder ziehen sich völlig zurück. Auch so kann eine depressive Erkrankung tödlich enden.

Oft verborgen

Eine Depression bei alten Menschen zu erkennen, ist oft schwierig. Denn gedrückte Stimmung oder Hoffnungslosigkeit stehen zunächst nicht im Vordergrund. Depressive Senioren drehen sich in ihren Gedanken vor allem um die eigene Gesundheit und betrachten sie mit großer Sorge. Beispielsweise werden Konzentrationsstörungen als Anzeichen einer Demenz gedeutet. Oder Rückenschmerzen, die möglicherweise schon seit Jahren immer wieder auftreten, erscheinen dem Betroffenen zunehmend unerträglich. Ängstlich beobachtet der Kranke seine Beschwerden und sorgt sich, dass alles noch viel schlimmer werden könnte.

Hinzu kommen oft Nöte auf anderen Gebieten – etwa Zweifel, ob Rente und Ersparnisse bis ans Lebensende reichen. Beim Arztbesuch klagen depressive alte Menschen vor allem über körperliche Beschwerden und Schmerzen, Kraft- und Appetitlosigkeit sowie Schlafstörungen. Angesichts dieser vielen Symptome wird eine Depression leicht übersehen. Schließlich sind internistische Erkrankungen oder degenerative Knochenerkrankungen im Alter keine Seltenheit. Ärzte sind verleitet, diese als alleinige Ursache der Beschwerden zu bewerten und zu behandeln. Dass eine weitere Erkrankung vorliegt, nehmen auch die Betroffenen selbst oder ihre Angehörigen nicht wahr.

Verdacht auf Demenz

Depressive Störungen im Alter können Ähnlichkeiten mit einer Demenz aufweisen, da sie oft mit einer Sprech- und Denkhemmung sowie mit Konzentrations- und Gedächtnisstörungen einhergehen. Ärzte beschreiben dies als depressive Pseudodemenz. Allerdings gibt es Unterschiede im Erscheinungsbild der beiden Erkrankungen. Anders als Demenz-Patienten, sind depressive Patienten in der Regel nicht desorientiert. Sie können beispielsweise den Wochentag und die Uhrzeit richtig angeben.

Ein weiterer Unterschied: Depressive leiden sehr, während Menschen mit Demenz ihre Beschwerden häufig verharmlosen und Defizite zu überspielen versuchen. Trotz der Unterschiede ist die Abgrenzung beider Erkrankungen oft schwierig, da praktisch alle demenziellen Erkrankungen auch eine depressive Symptomatik aufweisen können. So tritt bei 35 bis 40 Prozent aller Alzheimer-Patienten im Verlauf der Erkrankung ein depressiver Zustand auf. Auch bei einer Parkinson-Erkrankung oder nach einem Hirninfarkt sind depressive Symptome typisch. Wenn die Therapie der Ersterkrankung die depressiven Symptome nicht zufriedenstellend bessert, sollten die Patienten auch eine antidepressive Behandlung erhalten.

Mehrere Bausteine

Die Therapie einer Depression unterscheidet sich bei alten Patienten nicht grundsätzlich von der jüngerer. Es hängt vom Schweregrad der Depression und der Lebenssituation des Kranken ab, ob die Behandlung ambulant, in der Tagesklinik oder vollstationär erfolgt. Da depressive Syndrome von vielen Faktoren mitbestimmt werden, sollte die Therapie möglichst auf verschiedenen Ansätzen beruhen. Eine Kombination von Psychotherapie, Psychopharmaka und umfassender sozialer Unterstützung gilt als optimal. Eine Psychotherapie – meist eine kognitive Verhaltenstherapie – wirkt nachweislich auch bei alten depressiven Menschen. Sie sollte die Basis der Therapie darstellen und bei Bedarf durch Antidepressiva ergänzt werden. Allerdings ist der Anteil älterer Patienten in Psychotherapie sehr gering. Dies kann an der noch relativ niedrigen Zahl von niedergelassenen Therapeuten liegen, die sich auf die Therapie alter Menschen spezialisiert haben. Viele ambulant betreute Senioren werden daher lediglich medikamentös behandelt.

Sorgfalt bei Medikation

Bei der Auswahl und Dosierung eines Antidepressivums muss der Arzt gerade bei alten Patienten auf Begleiterkrankungen und eine möglicherweise eingeschränkte Nierenfunktion achten. Da Senioren meist mehrere Medikamente einnehmen, sind auch mögliche Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Fluoxetin, Fluvoxamin und Paroxetin hemmen verschiedene CYP-Isoenzyme und verstärken beispielsweise so die Wirkung von Phenytoin, Benzodiazepinen, Ciclosporin und oralen Antikoagulanzien. Am geringsten CYP-blockierend wirken Citalopram und Escitalopram.

Steht eine stimulierende Wirkung im Vordergrund, weil der Patient gehemmt-ängstlich ist, kommen beispielsweise Venlafaxin, Moclobemid, Paroxetin und Fluoxetin in Betracht. Citalopram und Sertralin sind antriebsneutral. Mirtazapin wirkt bei den meisten Patienten sedierend und hilft so sehr unruhigen Patienten. 

Trizyklische Antidepressiva sind für alte Menschen nicht geeignet, da anticholinerge Nebenwirkungen wie Harnverhalt, Mundtrockenheit, Obstipation oder Glaukom stärker auftreten. Johanniskrautpräparate verbieten sich bei alten Patienten meist wegen vieler relevanter Wechselwirkungen. Es ist durchaus möglich, dass mehrere Antidepressiva ausprobiert werden müssen, bis die am besten wirksame Therapie gefunden ist.

Der Arzt kann auch verschiedene Antidepressiva kombinieren. Bei erstmaligem Auftreten einer depressiven Störung empfehlen Experten eine einjährige Behandlung. Ein bis drei Jahre Therapie haben sich bewährt, wenn Patienten bereits zum zweiten Mal erkrankt sind. Unter Umständen bekommen Betroffene Antidepressiva aber auch fortwährend.

An ausreichend Energie denken

Die mit einer Depression typischerweise einhergehende Appetitlosigkeit zählt zu den häufigsten Ursachen für Mangelernährung im Alter. Ein zu niedriges Körpergewicht kann einen Teufelskreis gesundheitlicher Beschwerden in Gang setzen, zum Beispiel Schwäche, Infektanfälligkeit, Stürze und Knochenbrüche. Daher hilft es, wenn der Arzt zusätzlich zu einem Antidepressivum eine hochkalorische und proteinreiche Trinknahrung verordnet, um gezielt gegenzusteuern. Eine soziale Unterstützung durch einen Sozialarbeiter erleichtert dem alten Menschen, seinen Alltag zu bewältigen. Sehr hilfreich ist der regelmäßige Besuch eines ambulanten psychiatrischen Pflegedienstes. Dies entlastet auch die Angehörigen. Fazit: Eine Depression im Alter sollte man ernst nehmen, sie gehört therapiert, damit Betroffene wieder an Lebensqualität gewinnen und weitere schwere Folgen ausbleiben.

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