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Dem Schmerz aktiv entgegentreten

14.12.2012  19:10 Uhr

Von Susanne Poth / Medikamente und physiotherapeutische Behandlungen reichen bei chronischen Rückenschmerzen nicht aus, denn die psychische Verfassung hat einen entscheidenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf. PTA-Forum sprach mit der Diplom-Psychologin Ute Lolis, die an der Wiesbadener Median Rehaklinik Aukammtal Rückenpatienten dazu anleitet, eigen­verantwortlich mit dem Schmerz umzugehen.

PTA-Forum: Die Bedeutung der psychologischen Betreuung von Pa­tienten mit chronischen Rücken­beschwerden nimmt immer mehr zu. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Lolis: Die Schmerzforschung hat herausgefunden, dass die psychische Verfassung und das soziale Umfeld der Betroffenen entscheidend mit beeinflussen, welchen Verlauf eine Rückenerkrankung nimmt und ob sie chronisch wird. Deshalb betrachten wir heute alle drei Aspekte der Erkrankung, das heißt neben der körperlichen auch die psychische Verfassung und das soziale Umfeld des Patienten.

PTA-Forum: Würden Sie sagen, dass Rückenschmerzen ein psychisches Problem sind?

Lolis: Fakt ist, dass es nur bei 15 bis 20 Prozent der chronischen Rückenschmerzpatienten eine klare Diagnose gibt. Der Rest leidet unter unspezi­fischen Rückenschmerzen, die häufig durch anhaltende Anspannung der Rücken­muskulatur verursacht werden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang zu beobachten, dass sich Bandscheibenpatienten in ihrem Verhalten sehr ähnlich sind: Sie haben einen sehr hohen, geradezu perfektionistischen Anspruch an sich selbst und tun sich oft schwer, andere um Hilfe zu bitten. Typisch ist ihre Ambition, trotz der Schmerzen auf die Zähne zu beißen und um jeden Preis durchzuhalten. Der klassische Rückenpatient nimmt sich wenig Zeit, um sich selbst etwas Gutes zu tun, zum Beispiel indem er sich entspannt oder erholt.

PTA-Forum: Wie versuchen Sie in der Rehaklinik auf diese Thematik einzugehen?

Lolis: Im Rahmen der interdisziplinären Therapie bieten wir zum Beispiel Pa­tienten mit einer lumbalen Bandscheibenerkrankung ein Anti-Chronifizierungs-Training an. Das besteht einerseits aus dem Erlernen von Entspannungstechniken wie der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson, andererseits aus der theoretischen Auseinandersetzung mit sich selbst. Ein weiteres Angebot ist die Gruppe zur Schmerzbewältigung. Hier steht der Umgang mit bestehenden Schmerzen im Vordergrund.

PTA-Forum: Was bedeutet das in der Praxis?

Lolis: Es geht darum, den Patienten zum eigenen Schmerztherapeuten zu schulen. In den Gruppen­sitzungen werden zum Beispiel die Fragen erarbeitet: Was verstärkt den Schmerz? Was tut mir gut? Der Patient wird hier angehalten, mehr Selbstverantwortung zu übernehmen. Viele gehen zum Arzt und erwarten Hilfe gegen die Schmerzen. Bleibt der Schmerz bestehen, sind sie unzu­frieden und es beginnt oftmals eine Odyssee von Arzt zu Arzt. Bei uns soll der Patient lernen, dass er selbst etwas ändern muss und – vor allem – ändern kann. Dass er dem Schmerz nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern selbst aktiv dagegen angehen kann. Zum Beispiel indem er bereits bei leichten Schmerzen eine Pause macht und den Rücken entspannt, anstatt auf die Zähne zu beißen und durchzuhalten. Bei Konflikten in der Partnerschaft oder am Arbeitsplatz bieten wir während des stationären Aufenthaltes auch die Möglichkeit für Einzelgespräche an.

Aktionen in 2013

Schon jetzt einplanen: Am 15. März 2013 ist wieder Tag der Rückengesundheit.

Im Jahr 2002 rief das Deutsche Grüne Kreuz den Tag der Rücken­gesundheit ins Leben. Mit dem Aktions­tag wollen die Initiatoren gemeinsam mit Partnern wie Apotheken, Arztpraxen und Sportverbänden zur aktiven Prävention von Rückenbeschwerden aufrufen. Interessierte Apotheken können ein Paket mit Plakaten, Broschüren und Info-Flyern anfordern. Bestell­formular und weitere Informationen unter www.ruecken-tag.de.

PTA-Forum: Stress gilt als einer der wichtigsten Faktoren für psychosomatische Leiden. Wie sollen Rückenpatienten damit umgehen?

Lolis: Stress ist per se nichts Schlimmes. In vielen Bereichen beflügelt er uns durchaus und spornt uns zu höheren Leistungen an. Entscheidend ist jedoch, dass der Anspannung auch eine ausreichend lange Phase der Entspannung folgen soll. Stress darf nicht zur Daueranspannung führen. So zum Beispiel, wenn der Patient abends nicht abschalten und entspannen kann. Um durch die Anforderungen in Familie und am Arbeitsplatz nicht in Dauerstress zu geraten, muss der Patient lernen, seine Einstellung und Strategien zu ändern. Für viele heißt das zum Beispiel, sich selbst ernst und auch wichtiger zu nehmen.

PTA-Forum: Wie kann das im Alltag aussehen?

Lolis: Nun, der Patient muss beispielsweise lernen, Verantwortung abzugeben. Wenn ich mich darüber beschwere, dass niemand mir hilft, dann liegt das auch oft daran, dass ich mit der Leistung des anderen nicht zufrieden bin. Weiterhin sollte der Betroffene erlernen, im Alltag immer dann Ruhepausen einzulegen, wenn er erschöpft ist, ohne darüber zu spekulieren, was andere von ihm denken könnten. Er sollte lernen, sich abzugrenzen, sich zu entspannen und besser abzuschalten, um nachts gut zu schlafen.

PTA-Forum: Wie geht es für die Patienten nach der Reha im Alltag weiter?

Lolis: Schon während der Reha soll der Patient Freiräume für sich selbst gut planen. Er muss sich um sich kümmern und überlegen, was ihm jetzt gut tut. Wir bereiten den Patienten natürlich auch auf den Alltag zu Hause vor. Dazu gehört es, Teilziele zu erarbeiten, die nicht zu hoch gesteckt sind. So wird der abstrakte Wunsch, mehr Sport zu machen, in Teilziele zerlegt. Wir besprechen, wann, wie lange und was für den Patienten konkret machbar ist. Dabei sprechen wir auch über die Hindernisse, die ihn im Alltag möglicherweise davon abbringen, sein Ziel zu erreichen, und wie er mit diesen Hindernissen umgehen kann. /

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