Von Kleiderläusen und Shigellen |
11.01.2016 11:22 Uhr |
Von Annette Immel-Sehr / Das Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht regelmäßig die Fallzahlen meldepflichtiger Erkrankungen. Immer wieder enthält die aktuelle Übersicht Infektionskrankheiten, die sogar Angehörigen von Gesundheitsberufen weitgehend unbekannt sind. Diese seltenen Infektionen treten auch hier bei Heimkehrern von Fernreisen sowie aktuell bei der Behandlung kranker Flüchtlinge auf.
Eine in Deutschland sehr seltene, aber ernsthafte Erkrankung ist das Läuserückfallfieber, das von verschiedenen Spezies der Gattung Borrelia ausgelöst wird. Gehäuft tritt diese Infektion in einigen Regionen Asiens und Südamerikas, Nord-, Zentral- und Ostafrikas auf, insbesondere in Äthiopien, Eritrea und Somalia.
Zwar können sich Menschen untereinander bei engem Körperkontakt mit Läuserückfallfieber anstecken, in erster Linie erfolgt die Übertragung allerdings durch mit Borrelien infizierten Kleiderläusen. Weitere Informationen zur Kleiderlaus siehe Kasten. Doch nicht, wie man vermuten könnte, durch den Läusestich, sondern durch zerdrückte Läuse oder deren Exkremente. Auf diese Weise freigesetzte Erreger können durch die gesunde Haut in den Körper des Menschen eindringen.
Die Erkrankung beginnt mit hohem Fieber, Schüttelfrost, starken Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie neurologischen Symptomen. Im weiteren Verlauf kann es zu Leberzellschädigung und verschiedenen Komplikationen kommen. Ohne Therapie sterben 2 bis 10 Prozent der Infizierten. Die Erkrankung ist jedoch mit Doxicyclin oder Tetracyclin gut behandelbar.
Die Erreger der Shigellose, auch Shigellenruhr genannt, sind weltweit verbreitete, gramnegative Bakterien der Gattung Shigella. In Deutschland treten vorwiegend Infektionen mit solchen Shigellen-Arten auf, die nur zu leichten Erkrankungen führen. Dagegen kommt in einigen warmen Ländern die Art Shigella dysenteriae Typ 1 vor, die schwere Krankheitsverläufe verursachen kann. Die Krankheit variiert zwischen leichten Verlaufsformen über starke Bauchkrämpfe bis hin zu schweren Erkrankungen mit Fieber, blutiger und eitriger Diarrhö.
Die Kleiderlaus sieht der Kopflaus sehr ähnlich. Die erwachsenen Tiere erreichen eine Größe von circa 2,5 bis 4,0 mm. Sie leben in der Kleidung oder auf den Körperteilen des Menschen, die meist von Kleidung bedeckt sind. Für ihre Entwicklung benötigen die Tiere menschliches Blut, das sie mit ihren Mundwerkzeugen aufsaugen. Die Läusestiche rufen einen mehr oder weniger starken Juckreiz hervor. Wer die Haut blutig kratzt, riskiert eine bakterielle Sekundärinfektion.
Kleiderläuse auf dem Körper beziehungsweise Nissen an der Körperbehaarung können mit einem Kopflauspräparat unschädlich gemacht werden. Um alle Stadien der Läuse sicher zu beseitigen, ist auch hier, wie bei Kopfläusen, eine zweite Behandlung nach acht bis neun Tagen erforderlich. Zudem sollten Unterwäsche, Kleidung, Schlafanzüge, Bettwäsche, Matratzen und Decken entlaust werden.
Außer dem Läuserückfallfieber können Kleiderläuse weitere Erkrankungen übertragen, die hierzulande ebenfalls sehr selten sind: Läusefleckfieber, Wolhynisches Fieber, auch Fünf-Tage-Fieber genannt, und Tularämie, die häufig lebensbedrohlich verläuft.
Deutsche infizieren sich häufig auf Reisen mit Shigellen, beispielsweise in Ägypten, Indien, Marokko, Tunesien oder in der Türkei. Im Jahr 2011 ging über die Hälfte der beim Robert-Koch-Institut gemeldeten Shigellose-Fälle auf Infektionen im Ausland zurück. Die Übertragung der Bakterien erfolgt fäkal-oral von Mensch zu Mensch. In wärmeren Ländern ist die Ansteckung auch durch kontaminiertes Trinkwasser, Lebensmittel und sogar Badegewässer möglich. Zur Therapie werden Antibiotika eingesetzt.
Gefährliche Mitbringsel
Die Erreger der Giardiasis sind begeißelte Einzeller (Giardia duodenalis), die sich an den Mikrovilli des Darmepithels verankern. Die Infektionskrankheit ist zwar weltweit verbreitet, tritt aber vorwiegend in warmen Klimazonen auf. In Deutschland diagnostizieren Ärzte Giardiasis bei Rückkehrern aus den Tropen als häufigste Protozoeninfektion. Am häufigsten erkranken Kinder. Die Übertragung erfolgt meist durch fäkal kontaminiertes Trinkwasser oder kontaminierte Lebensmittel, aber auch durch schmutzige Hände. Als Reservoir für die Erreger sind neben dem Menschen auch Rinder und Haustiere, beispielsweise Hunde, von Bedeutung.
Die Einzeller führen typischerweise zu starken, meist schaumig-wässrigen Durchfällen und Resorptionsstörungen. Gelegentlich verursachen sie Blähungen, Erbrechen oder Fettstühle. Nach zwei bis drei Wochen heilt die Infektion meist spontan aus. Die Behandlung erfolgt durch Ersatz der Flüssigkeit und der Elektrolyte und zusätzlich, je nach Schwere der Symptome, mit Metronidazol.
Unspezifische Beschwerden
Der Typhuserreger ist das Bakterium Salmonella Typhi. In Ländern mit unzureichenden hygienischen Verhältnissen, beispielsweise in Afrika, Südamerika und Südostasien, treten wiederholt Epidemien auf und die Zahl der Erkrankten ist hoch. In Deutschland kommt Typhus dagegen nur noch selten vor. Die meisten der dem RKI gemeldeten Fälle wurden während einer Reise erworben, beispielsweise in Indien, Pakistan oder der Türkei. Erkrankte scheiden die Erreger über den Stuhl und den Urin aus, sodass Typhus häufig über kontaminiertes Trinkwasser übertragen wird.
Auch rohe oder nicht ausreichend erhitzte Speisen wie Salate, Meeresfrüchte, ungeschältes Obst oder Säfte können Typhuserreger enthalten. Die Erkrankung beginnt mit unspezifischen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen. Bleibt die Infektion unbehandelt, leiden die Erkrankten innerhalb von zwei bis drei Tagen an hohem Fieber, das bis zu drei Wochen anhalten kann. Bei manchen führt die Infektion zunächst zu Verstopfung, später häufig zu Durchfällen. Ohne medikamentöse Therapie kann die Krankheit zum Tode führen. Typhus wird mit Ciprofloxacin oder einem Breitspektrum-Cephalosporin behandelt. Zur Vorbeugung stehen oral oder parenteral zu applizierende Impfstoffe zur Verfügung. /