PTA-Forum online
Mundhygiene

Mandelsteine sind harmlos, aber belastend

Als Verursacher eines üblen Geschmacks im Mund kommen auch Tonsillensteine in Frage. Die mitunter faulig riechenden, meist nur wenige Millimeter großen Gebilde entstehen in den Furchen der Gaumenmandeln. Sie sorgen zwar häufig für schlechten Atem, sind aber weder krankhaft noch gefährlich. Wird der Leidens­druck der Betroffenen groß, können sie sich die Mandeln ganz oder teilweise entfernen lassen.
Nicole Schuster
04.01.2017  11:17 Uhr

Die paarig angelegten Gaumenmandeln (Tonsillen) bilden zusammen mit den Rachen-, Tuben- und Zungengrundmandeln den sogenannten Waldeyerschen oder lymphatischen Rachenring. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung lymphatischer Gewebsinseln im ­Mund-, Nasen- und Rachenraum. Eine Aufgabe des Waldeyerschen Rings besteht darin, Erreger abzufangen, damit diese nicht in die unteren Atemwege eindringen. Noch wichtiger aber ist, dass bereits in den Tonsillen Antigene von Viren und Bakterien erkannt und den Lymphozyten präsentiert werden. Durch frühe Aktivierung des spezi­fischen Immunsystems kann der Körper schneller auf die Krankheitserreger reagieren.

Die Gaumenmandeln als Teil dieser Abwehrstruktur befinden sich zwischen dem vorderen und hinteren Gaumenbogen rechts und links im Rachen. Bei weit geöffnetem Mund ist ein Teil der Tonsillen sichtbar. Sie sind von ­einem mehrschichtigen Plattenepithel überzogen, das nicht verhornt. Ihre Oberfläche ist durch zahlreiche tiefe Furchen (Tonsillenkrypten) vielfach vergrößert. Nach oben haben diese Einsenkungen nur eine schmale Öffnung, nach unten verzweigen sie sich jedoch mehrfach. Gelangen Keime beim Essen oder Atmen in diese Furchen, stoßen sie hier auf Immunzellen in kugelför­migen Gebilden, den Lymphfollikeln. »Bei der Abwehr von eingedrungenen Erregern gehen zahlreiche Lymphozyten zugrunde. Es bleiben Zelltrümmer zurück, die sich in den Krypten an­häufen«, berichtet Dr. Frank Waldfahrer, Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Universitätsklinikums Erlangen im Gespräch mit PTA-Forum. Mit Über­resten weißer Blutkörperchen lagern sich dort auch abgeschilferte Schleimhautzellen an.

 

Die zellulären Zerfallsprodukte, auch Detritus genannt, bilden zusammen mit Bakterien und ­selten mit Speiseresten auf den Tonsillen weißliche Pfröpfe, die als kleine Erhebun­gen auf der Oberfläche der Gaumenmandeln erkennbar sind, aber nicht als Entzündungszeichen inter­pretiert werden dürfen. Bei Tonsillitis kommen weitere Symptome hinzu, beispielsweise gerötete und geschwollene Mandeln, ein allgemeines Krankheitsgefühl sowie Fieber.

 

Schwefelverbindungen

Ein Selbstreinigungsmechanismus aus Kau- und Schluckbewegungen sorgt dafür, dass Zelltrümmer und anderer »Abfall« heruntergeschluckt und in den Magen weitertransportiert werden. In den gereinigten Krypten können sich dann neue Bakterien mit noch unbekannten Antigenen festsetzen. Zudem erfasst der Reinigungsmechanismus mitunter einzelne Bestandteile nicht. Die Ablagerungen verkalken und es entstehen die sogenannten Mandelsteine. Theoretisch können sie zwar bei jedem Menschen auftreten, bei einigen bilden sie sich aber häufiger.

Bei diesem Prozess könnte die Größe der Gaumenmandeln eine Rolle spielen. Auch eine Störung des Selbstreinigungsmechanismus ist denk­bar, zum Beispiel infolge eines schweren Infekts. »Häufige Mandelentzündungen in der Krankheitsgeschichte mit zurückbleibenden Vernarbungen könnten möglicherweise ebenfalls dazu führen, dass sich Tonsillensteine häufiger bilden«, so der Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Die Narben im Gewebe verengen die ohnehin schon schmalen Ausgänge aus den Furchen noch zusätzlich, was den Abfluss des Detritus behindert und die Entstehung der unangenehmen »Steine« begünstigt. Der Umkehrschluss ist allerdings falsch: Das häufige Auftreten von Mandelsteinen erhöht nicht das Risiko, an Mandelentzündungen zu erkranken.

 

Die an sich harmlosen, jedoch faulig riechenden Steinchen verursachen vielen Betroffenen erst dann Probleme, wenn sie sich lösen, an die Oberfläche der Mandeln und schließlich in den Speichel gelangen. »Verantwortlich ­dafür, dass Tonsillensteine so unan­genehm riechen, sind enthaltene flüchtige Schwefelverbindungen«, erklärt der Experte. Diese Verbindungen entstehen, wenn anaerobe Bakterien die Zelltrümmer zersetzen. Der Atem muss dann aber nicht zwangsläufig genauso übel riechen wie die Mandelsteine. Ob der Patient tatsächlich an Mundgeruch leidet, kann ein Arzt oder Zahnarzt mit einem so­genannten Sulfidmonitor überprüfen. Diese Gerät misst die Menge an flüch­tigen Schwefelverbindungen in der ausgeatmeten Luft.

 

Kurzfristige Lösung

Um das unangenehme Gefühl, das die Steine im Rachen verursachen, zu beseitigen, versuchen einige Betroffene, mit der Zunge die Klumpen aus den Mandeln zu entfernen. Manchmal hilft das Durchspülen der Furchen mit einer Munddusche. Von dubiosen Tipps im Internet ist dringend abzuraten. Niemand sollte in Eigenregie mit diversen Hilfsmitteln in der Mundhöhle herumstochern.

 

Bei großem Leidensdruck oder wenn die Mandelsteine das Schlucken be­hindern, hilft der Besuch beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Bei der Roeder-­Methode beispielsweise erzeugt der Mediziner mit einem Schröpfglas Unterdruck und entfernt damit Ablagerungen. Dieses Absaugen verschafft zumindest kurzfristige Erleichterung. Die Anhänger dieser Methode erhoffen sich dadurch nicht nur von Mandelsteinen befreit ­zu werden, sondern erwarten auch einen günstigen Einfluss auf die Gesundheit. Der Nutzen des naturheilkundlichen Verfahrens ist allerdings wissenschaftlich nicht bewiesen. Die Tonsillenbe­läge mechanisch auszudrücken, ist hingegen streng kontraindiziert, da hierdurch eine Bakteriämie ausgelöst werden kann.

Laser oder Stromimpulse

»Für Patienten, die die Bildung von Mandelsteinen dauerhaft verringern wollen, ist eine operative Verflachung der Mandeloberfläche, die sogenannte Kryptolyse, eine mögliche Lösung«, weiß der Experte. Dank moderner Verfahren kann der Facharzt den Eingriff unter örtlicher Betäubung ambulant durchführen, zum Beispiel mit einem Laserstrahl die oberen Schichten des Tonsillengewebes abtragen und dadurch die Oberfläche einebnen. Beim Einsatz von Radiofrequenzstrom verödet der Arzt Gewebe der Tonsillen mit energie­reichen Stromimpulsen. Der Vorteil dieser Teilentfernung ist, dass die immunologische Funktion der Gaumen­mandeln erhalten bleibt. Der Nachteil ist, dass Furchen zurückbleiben und sich nach wie vor Mandelsteine bilden – wenn auch nur noch in sehr geringer Zahl. Endgültig beseitigen lässt sich das Problem nur, wenn der Chirurg die Mandeln vollständig entfernt. Davon raten Ärzte bei entzündungsfreien Tonsillen aber in der Regel ab. »Aus medizinischer Sicht besteht allein bei Mandelsteinen kein Behandlungsbedarf«, betont Waldfahrer.

 

Er rät Betroffenen – falls nötig –, Maßnahmen gegen schlechten Atem zu ergreifen. Neben einer guten Mundhygiene empfiehlt der Facharzt spezielle Mundwässer, die auch den fauligen Geruch der Schwefelverbindungen überdecken. Zusätzlich kann helfen, beim Zähneputzen ab und an die Mandeln vorsichtig abzubürsten und auch die Zungenoberfläche nicht zu ver­gessen. Vor allem morgens findet sich auf der Zunge ein weißlicher Belag aus abgeschilferten Epithelzellen, der ebenfalls zu Mundgeruch führen kann. /

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.