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Zecken

Trotz Eiseskälte keine Entwarnung

26.02.2009  10:37 Uhr

Zecken

Trotz Eiseskälte keine Entwarnung

von Rolf Vajna

Hat der lange, kalte Winter die Zeckenpopulation in Deutschland so deutlich dezimiert, dass Mensch und Tier das kommende Frühjahr sorglos genießen können? Welcher Schutz vor Borreliose und FSME ist zu empfehlen? PTA und Apotheker müssen sich jetzt auf mögliche Fragen ihrer Kunden vorbereiten.

Sobald die Tagestemperaturen über 10°C ansteigen, werden die einheimischen Zecken wieder aktiv. Damit gefährden sie potentiell Menschen und Hunde, die sich in freier Natur, aber auch in Parks oder Gärten bewegen. Doch wie stark sich der letzte Winter auf die Zeckenpopulation ausgewirkt hat, ist umstritten. 

»Wenn Sie verschiedene Experten fragen, werden sie immer gegensätzliche Theorien hören. Auch ich würde keine generelle Entwarnung geben«, so Dr. Torsten Naucke, Biologe und Parasitenexperte aus Bonn. Prinzipiell ist die einheimische und in Deutschland häufigste Zecke, der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), kälteempfindlich. Ist es lange Zeit sehr kalt und trocken, sterben viele Ixodes-Zecken.

Wenn ausreichend Schnee liegt, verhält es sich anders. Unter dieser Isolationsschicht kann der Gemeine Holzbock überleben, selbst wenn wochenlang Dauerfrost herrscht. »Da während der Kältephase nach Weihnachten in vielen Teilen Deutschlands Schnee lag, dürfte der Gemeine Holzbock in diesen Regionen recht gute Überlebenschancen gehabt haben«, folgert Naucke. Generell weniger kälteempfindlich ist die in den letzten 20 Jahren eingewanderte Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus). Ihr macht der lange, kalte Winter wenig aus, so Naucke. 

Einfluss auf die Population hat auch die Situation des Vorjahres: Der warme, aber nicht zu heiße Sommer des Jahres 2008 mit ausreichend Feuchtigkeit war für die Entwicklung der hiesigen Zecken optimal. Bis zu einige 1000 Eier kann ein Zeckenweibchen im Frühling nach einer Blutmahlzeit legen. Diese durchlaufen dann im selben Jahr noch zwei Entwicklungsstadien: Larve und Nymphe. Finden die Zecken neben gutem Wetter auch noch genug Wirtstiere, kleine Nagetiere für die Zeckenlarven, größere Wild- und Haustiere für die Zeckennymphen, ist mit reichlich Zeckennachwuchs zu rechnen. Noch vor der Häutung zum erwachsenen Tier gehen die Nymphen schließlich in Winterruhe.

Empfehlungen für den Menschen

  • Wer in einem FSME-Risikogebiet lebt oder eines aufsucht, sollte sich impfen lassen (für weiterführende Informationen: www.rki.de oder www.zecken.de ). Das Robert-Koch-Institut gibt jedes Jahr im April eine aktualisierte FSME-Risikokarte heraus.
  • Körperbedeckende Kleidung schützt vor Zeckenangriffen. Außerdem sind Zecken auf heller Kleidung am leichtesten zu entdecken. 
  • Ein Zeckenrepellent aus der Apotheke kann für einige Stunden das Riechorgan der Zecken irritieren und damit den Menschen als potenzielles Opfer schützen. 
  • Nach einem Aufenthalt in der Natur oder im Garten sollte jeder die Kleidung wechseln und den Körper nach Zecken absuchen. Diese krabbeln oft einige Stunden umher, bevor sie einen idealen Platz zum Blutsaugen gefunden haben.
  • Festgebissene Zecken sind schnellstmöglich mit einer Zeckenzange zu entfernen – ohne weitere Manipulation.

Im Frühjahr treffen Mensch und Hund in der Natur vor allem auf die geschlechtsreifen, adulten Zecken. Sie sind die Hauptüberträger von Krankheitserregern. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind die Larven des Gemeinen Holzbock zu etwa 1 Prozent mit Borrelien, dem Erreger der Lyme-Borreliose infiziert, Nymphen zu durchschnittlich 10 Prozent und erwachsene Zecken zu circa 20 Prozent. 

In Europa ist die Lyme-Borreliose die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung. Das Robert-Koch-Institut geht von einer Infektionsgefahr in allen Teilen Deutschlands aus. Etwa jeder zwanzigste Stich des Gemeinen Holzbocks führt zu einer Infektion mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi, etwa jeder hundertste zu -einer Borreliose-Erkrankung. Experten schätzen die Zahl der Neuerkrankungen pro Jahr auf 60000. 

Schwierige Diagnose

Die Erkrankung beginnt beim Mensch oft mit der sogenannten Wanderröte um den Zeckenstich herum, kann aber im weiteren Verlauf zu Nervenschmerzen und neurologischen Ausfällen, Herzproblemen sowie der Lyme-Arthritis führen, bei der sich erst Monate bis Jahre nach der Infektion die Gelenke entzünden. Die Lyme-Borreliose sollte so früh wie möglich mit Antibiotika behandelt werden. Oft ist die Diagnose allerdings schwierig, vor allem wenn keine Wanderröte auftritt. 

Auch die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME), eine potenziell tödliche Viruserkrankung, wird in Deutschland vom Gemeinen Holzbock übertragen. Anders als die Lyme-Borreliose tritt sie vor allem im Süden Deutschlands auf: in Baden-Württemberg und Bayern sowie im südlichen Hessen, im Landkreis Birkenfeld in Rheinland-Pfalz und in vereinzelten Landkreisen in Thüringen. In diesen FSME-Endemiegebieten sind circa 0,1 bis 5 Prozent der Zecken mit dem Virus infiziert. 

Nicht jeder Stich führt zu einer Infektion, aber bei etwa jedem dritten Infizierten treten Krankheitserscheinungen auf, zunächst Fieber und grippeähnliche Symptome. Nach einem fieberfreien Intervall von etwa einer Woche (bis zu 20 Tagen) folgt bei etwa 10 Prozent der Infizierten eine zweite Krankheitsphase mit erneutem Fieberanstieg. In dieser Phase können Entzündungen des Gehirns, der Hirnhäute sowie der Nervenbahnen und -wurzeln auftreten. Da es keine spezifische antivirale Therapie gibt, werden die Symptome behandelt.

Im Jahr 2008 wurden dem Robert-Koch-Institut 287 FSME-Fälle gemeldet. Das war nach 2007 (238 Fälle) wieder eine leichte Erhöhung, jedoch deutlich weniger als 2006 (546 Fälle). Ob diese Veränderungen auf Schwankungen der Zeckenpopulation beruhen oder auf steigenden Impfquoten in den Risikogebieten, vermag niemand zu sagen. 

Hunde sind besonders gefährdet

Verglichen mit dem Menschen sind Hunde deutlich stärker gefährdet und auch betroffen. Oft ist ein Tier nach einem einzigen Spaziergang mit Zecken übersät. Auch Hunde können schwer an Borreliose und anderen durch Zecken übertragenen Infektionskrankheiten erkranken.

Beispielhaft sei hier die Babesiose genannt, die in Deutschland immer häufiger auftritt. Die einzelligen Erreger gelangen durch den Stich der Auwaldzecke in die Blutbahn des Hundes. Die aus Süd- und Osteuropa stammende Zeckenart ist besonders zahlreich in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Thüringen, Brandenburg, im Saarland und im Großraum Berlin zu finden. Sie siedelt bevorzugt in Feuchtbiotopen wie Wiesen- und Sumpfniederungen – daher ihr Name. Auwaldzecken sind deutlich größer und kompakter als der Holzbock, besonders charakteristisch ist ihr weißlich-bräunlich marmoriertes Rückenschild. Im Gegensatz zum Holzbock laufen Auwaldzecken ihren Wirtstieren auch hinterher, warten also nicht passiv auf einen zufälligen Kontakt.

Tipps für Hundebesitzer

  • Hunde sollten unbedingt die gesamte Zeckensaison über mit einem wirksamen Antizeckenmittel behandelt werden. Infrage kommen akarizid und insektizid wirkende Halsbänder (Bolfo® und Kiltix® von Bayer, Scalibor® von Intervet) sowie Spot-on-Lösungen zum Auftropfen im Nacken des Tieres mit repellierendem Effekt, die teilweise verschreibungspflichtig sind. 
  • Vorteilhaft sind Präparate, die gleichzeitig gegen Zecken- und Flohbefall schützen. Hausmittel wie Knoblauch sind nachweisbar unwirksam.
  • Das Absuchen des Hundes nach Zecken gehört zum Pflichtprogramm nach jedem Spaziergang. 
  • Weiterführende Informationen finden Tierhalter unter www.parasitenfrei.de

Die Babesiose befällt die weißen Blutkörperchen des Hundes und führt zu Malaria ähnlichen Symptomen. Sie wird daher umgangssprachlich oft als »Hunde-Malaria« bezeichnet. Bei nicht rechtzeitiger Behandlung kann die Erkrankung sogar tödlich enden. 

Jeder sollte sein persönliches Risiko überprüfen und so weit wie möglich minimieren. Hierbei kommen PTA oder Apotheker eine wichtige beratende Aufgabe zu. Empfehlungen für Menschen und Hundehalter enthalten die Kästen.

E-Mail-Adresse des Verfassers:
rolf.vajna(at)gmx.de

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