Was Sie schon immer über Ihre -Kunden wissen sollten! |
24.02.2009 21:04 Uhr |
Was Sie schon immer über Ihre Kunden wissen sollten!
von Birgit Saalmüller
Nur durch optimale Kundenorientierung kann es der Individual-Apotheke gelingen, in Zukunft zu bestehen. Im ersten Beitrag der neuen Serie »Marketing-Praxis kompakt« wird erklärt, was Kundenorientierung für das gesamte Apotheken-Team bedeutet. An einem Praxisbeispiel wird erläutert, warum eine Kundenumfrage mehr Umsatz und Neukunden bringt.
Im immer schärfer werdenden Wettbewerb konkurriert die Apotheke mit vielen Anbietern von Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen, beispielsweise mit Drogerien, Sanitätsfachgeschäften, Reformhäusern, Bioläden, Parfümerien oder auch Supermärkten und Warenhäusern. Hier muss sich das Apotheken-Team durch pharmazeutische Kompetenz und soziale Verantwortung profilieren. Wer glaubt, dass als Kundenorientierung ein höflicher und freundlicher Umgang mit Kunden ausreicht, tut viel zu wenig. Kundenorientierung ist mehr als nur ein freundliches Gesicht! Sie bedeutet viel mehr, dass das Apotheken-Team die Wünsche der Kunden und Patienten in den Mittelpunkt ihres Berufsalltags stellt. Dazu zählen Menschlichkeit, Wertschätzung des Kunden und wirkliches Interesse an seinen Bedürfnissen und seiner optimalen Arzneimittelversorgung. Die Apotheken-Mitarbeiter sollten sich als Lotsen verstehen, die dem Kunden eine Orientierungshilfe im sich wandelnden Gesundheitswesen bieten.
Alle Aktivitäten der Apotheke zur Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollten aufeinander abgestimmt sein und zusammen das Marketing-Konzept ergeben. Mit einem individuellen Konzept legt jede Apotheke ihr eigenes Profil fest, beispielsweise eine Profilierung als in Naturheilmitteln besonders kompetente Apotheke. Dazu das Beispiel einer typischen »Mutter-Kind-Apotheke«: Die Paracelsus-Apotheke liegt in einem Ärztehaus am Rande des Stadtzentrums. Sie konzentriert sich zum einen auf die Versorgung der Patienten aus dem Ärztehaus und stellt sich auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte ein. Zum anderen profiliert sie sich aufgrund der Kinderarzt-Doppelpraxis und eines nahe gelegenen neuen Wohngebietes mit einem hohen Anteil junger Familien als Mutter-Kind-Apotheke. Diese Ausrichtung soll langfristig über das direkte Einzugsgebiet hinaus wirken. Das Marketing-Konzept der Paracelsus-Apotheke zielt daher – neben den apothekenüblichen Leistungen – darauf ab, die Bedürfnisse von Müttern mit Kindern optimal und umfassender als andere Apotheken zu befriedigen. Die Gruppe der jungen Mütter machte schon vor der Profilierung einen hohen Anteil der Kunden der Paracelsus-Apotheke aus.
In gleicher Weise muss jede Apotheke vor der Erarbeitung eines Marketing-Konzeptes prüfen, ob die gewählte Zielgruppe im Einzugsbereich der Apotheke ausreichend vertreten ist. Ebenso muss überlegt werden, ob die Sortimente sowie Dienst- und Serviceleistungen den Bedürfnissen der Zielgruppe gerecht werden.
Rendite mit OTC-Geschäft
Ist das Marketing-Konzept eingeführt und hat jeder Mitarbeiter beispielsweise eine interne Schulung erhalten, steht Zusatzverkäufen im OTC-Bereich nichts mehr im Wege. Denn das OTC-Geschäft bringt die größte Rendite. Wie entscheidend dieses Warensegment für die Wirtschaftlichkeit vieler Apotheken ist, zeigt die Tatsache, dass Selbstmedikation und Verordnung im OTC-Bereich zusammen bei manchen Apotheken bis zu 50 Prozent des Umsatzes ausmachen. Außerdem wird der Umsatz im Bereich der Selbstmedikation zukünftig noch deutlich wachsen, auch in der Apotheke. Hier ist die PTA als Beraterin gefragt, denn sie kann durch exzellente Beratung Kunden an die Apotheke binden und dadurch den ökonomischen Gewinn steigern.
Die Wünsche der Kunden kennen
Gerade für intensive Beratungsgespräche ist es wichtig, die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe zu kennen und nicht nur vage zu erahnen. Kundenbindung gelingt nur dann, wenn PTA oder Apotheker besser beraten, als es der Kunde erwartet. Zusätzlich muss ihre Serviceleistung über das übliche Maß hinausgehen, so dass der Kunde überrascht wird. Kunden für ein Produkt zu begeistern, ist umso einfacher, je besser man sie kennt. Hier hilft eine gut geplante Kundenumfrage. So kann die Apotheke die Erwartungen und Wünsche der Kunden in Erfahrung bringen. Möglicherweise muss sie sogar ihr Marketing-Konzept an die neue Zielgruppe anpassen. Durch die Kundenbefragung erfährt das Apotheken-Team, wie Kunden die Apotheke beurteilen und welches Image sie hat. Für die Befragung kann das Team zwischen vier Arten wählen: schriftlich, mündlich, intern und extern.
Bei einer schriftlichen Befragung erhält der Kunde einen fertigen Fragebogen mit der Bitte, diesen in der Apotheke auszufüllen. Neben Bewertungen und Meinungen können auch persönliche Daten des Kunden abgefragt werden. Der Fragebogen muss übersichtlich gestaltet sein und darf nicht zu viele Fragen enthalten. Am einfachsten auszufüllen und auch auszuwerten sind Multiple-Choice-Fragen, bei denen der Befragte aus vorgegebenen Antworten auswählt und Kästchen ankreuzt. Eine Sitzecke oder ein Stehpult zum Ausfüllen der Fragebögen haben sich hier sehr bewährt. Bei einer mündlichen Befragung stellt der Interviewer dem Kunden vorbereitete Fragen. In den meisten Fällen verwendet auch der Interviewer einen vorgefertigten Fragebogen, in den er die Antworten des Kunden einträgt.
Der Fragebogen für die mündliche Befragung ist schneller erstellt als der schriftliche, allerdings ist die Befragung selbst sehr viel zeitaufwändiger. Ein Vorteil der mündlichen Befragung ist aber, dass sich der Interviewer sehr intensiv mit dem Befragten beschäftigt und Unklarheiten im Gespräch ausräumen kann. Die interne und die externe Befragung können beide sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Wie der Name schon vermuten lässt, werden bei der internen Befragung ausschließlich Kunden in der Apotheke angesprochen, während bei der externen Variante nur Personen außerhalb, also Passanten und Nichtkunden der Apotheke befragt werden.
Kundenbefragung in der Praxis
Das Paracelsus-Apotheken-Team hat sich für die schriftliche Befragung von Kunden und Nichtkunden entschlossen. Daher wird die Befragung sowohl intern als auch extern durchgeführt. Das Team will erfahren, welche Sortimente und Dienstleistungen Kunden und Nichtkunden von der Apotheke erwarten. Als sogenannte Eisbrecher- oder Kontaktfrage lautet die erste Multiple-Choice-Frage: Wie oft kommen Sie durchschnittlich in die Paracelsus-Apotheke?
Aus der Antwort auf diese Frage erfährt die PTA die Besuchsfrequenz des Befragten und weiß somit, ob es sich um einen Stammkunden handelt oder nicht.
Erste Hinweise erhalten
An zweiter Stelle folgt die Übergangs- und Vorbereitungsfrage: »Warum kommen Sie in die Paracelsus-Apotheke?« Neben vorgegebenen Antworten wie »Nähe zum Arzt«, »Nähe zur Wohnung«, »Nähe zum Arbeitsplatz«, »Lieferfähigkeit« kann der Befragte eigene Gründe ergänzen. Mit dieser Frage erhält das Team bereits einige Hinweise darauf, aus welchem Grund die Kunden die Paracelsus-Apotheke aufsuchen.
Nun folgen Motivationsfragen. Diese tragen dazu bei, dass der Befragte dem Apotheken-Team seine ehrliche Meinung offenbart. Gefragt wird: »Welche Angebote der Paracelsus-Apotheke sind Ihnen wichtig?« Dabei muss der Kunde vorgegebene Antwortmöglichkeiten wie homöophatische Mittel, Kosmetik, Vitamine, nach ihrer Wichtigkeit »nicht wichtig, wichtig, sehr wichtig« bewerten. Auch die Wünsche der Kunden werden erfragt, beispielsweise »Welche Serviceleistungen würden Sie gerne bei uns nutzen?« Als Antworten werden die Dienst- und Serviceleistungen der Apotheke vorgegeben, zum Beispiel Blutfettwerte bestimmen, Blutdruck messen, Harnanalyse durchführen oder anderes. Bei beiden Fragen sollten die Kunden die Möglichkeit erhalten, selbst Angebote beziehungsweise Dienstleistungen zu ergänzen. Auf diese Weise erfährt das Team, was sich ihre Kunden zusätzlich wünschen.
Nicht fehlen sollten Fragen, mit denen sich das Apotheken-Team der Kritik der Kunden stellt, beispielsweise »Wie beurteilen Sie die Paracelsus-Apotheke im Hinblick auf ...«. Als Antwortmöglichkeiten bieten sich die Aspekte Freundlichkeit, gute Beratung, angenehme Atmosphäre an. Um sinnvolle und kundenorientierte Verbesserungsvorschläge zu erhalten, können die Kunden im Anschluss entsprechende Vorschläge notieren. Erst am Schluss der Befragung werden die Kunden gebeten, Daten zur Person wie Alter und Geschlecht anzugeben.
Damit eine Befragung statistisch sinnvoll ausgewertet werden kann, sollten mindestens 300 ausgefüllte Fragebögen vorliegen. Entsprechend lang sollte das Apotheken-Team den Befragungszeitraum wählen. Die statistische Auswertung erfolgt, indem die einzelnen Kreuze gezählt und in Beziehung zu den möglichen Antworten gesetzt werden. Besonders aufschlussreich ist eine Passantenbefragung, mit der das Team die Verweigerungsgründe der Nichtkunden in Erfahrung bringt. Mit einem ausgefeilten Marketing-Konzept und einer überarbeiteten Apotheken-Strategie lassen sich anschließend Neukunden gewinnen.
E-Mail-Adresse der Verfasserin:
dialog(at)apothekenzukunft.de