Vielfach einsetzbar |
25.01.2016 09:48 Uhr |
Von Verena Arzbach / Enzyme wirken als Katalysatoren und steuern chemische Reaktionen im ganzen Körper. Präparate mit Enzymen kommen daher bei vielen verschiedenen Indikationen zum Einsatz. So können sie bei einem Mangel bestimmte Enzyme gezielt ersetzen oder auch Stoffwechselprozesse beschleunigen.
Eine Indikation, bei der Enzympräparate helfen können, sind Schwellungen und Entzündungen nach Verletzungen oder Operationen. Viele der eingesetzten Präparate enthalten Bromelain, ein Gemisch aus zwei Enzymen aus der Ananaspflanze und ihrer Frucht. Daneben dienen Papain aus der Papaya und / oder die tierische Serinprotease Trypsin als wirksame Inhaltsstoffe. Die eiweißspaltenden Enzyme sollen nach der Verletzung den Abbau geschädigter Strukturen fördern und deren Entsorgung beschleunigen.
Außerdem sollen die proteolytischen Enzyme die Freisetzung von Entzündungs- und Phagozytose-Botenstoffen vermindern. Bromelain wirkt vor allem abschwellend, Trypsin durchblutungsfördernd. So gelangen mehr Sauerstoff und mehr Nährstoffe zum betroffenen Gewebe, was die Heilung unterstützen soll. Das in einigen Präparaten zusätzlich enthaltene Flavonoid Rutosid wirkt ebenfalls abschwellend und durchblutungsfördernd. Verletzungsbedingte Schmerzen beeinflussen die Enzympräparate dagegen nicht.
Bei Sportverletzungen
Neben der Behandlung akuter Sportverletzungen wie Prellungen oder Zerrungen werden Enzym-Kombinationen mit Bromelain, Papain und Trypsin auch bei entzündlich-degenerativen Erkrankungen eingesetzt. Bromelain und Trypsin sollen zum Beispiel den Entzündungsvorgang bei Arthrose hemmen und so die Heilung vorantreiben.
Die Wirkung soll darauf beruhen, dass die Enzyme überschüssige entzündungsfördernde Botenstoffe (Zytokine) abfangen und das Gleichgewicht zwischen pro- und antientzündlichen Zytokinen wiederherstellen. Ob die Enzympräparate bei diesen Beschwerden allerdings tatsächlich nutzen oder sogar prophylaktisch angewendet werden können, wird auf wissenschaftlicher Ebene immer wieder kontrovers diskutiert. Die Datenlage hierzu ist nicht eindeutig: Zwar gibt es unter anderem Studien, die der Dreier-Enzymkombination bei Osteoarthritis eine ähnliche Wirkung wie die Gabe eines nicht-steroidalen Antirheumatikums bescheinigen. Andere Wissenschaftler wiederum fanden kaum oder nur geringe Effekte. In Untersuchungen mit Bromelain allein zeigte sich eine abschwellende, heilungsfördernde Wirkung bei Sportverletzungen. Und auch bei einer ganz anderen Indikation schneidet das Ananasenzym gut ab: Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie bescheinigt Bromelain in ihrer Leitlinie zur Rhinosinusitis aufgrund seiner abschwellenden Wirkung additive therapeutische Effekte bei akuten Nasennebenhöhlenentzündungen.
Ein wichtiger Hinweis für die Beratung: Die Präparate sollten möglichst rasch nach der Verletzung beziehungsweise der Operation eingenommen werden, umso schneller kann man Schwellungen und Entzündungen beikommen. Enzyme sind Proteine, das heißt, sie werden normalerweise im sauren Milieu des Magens zersetzt. Bei allen Enzympräparaten handelt es sich daher um magensaftresistente, dünndarmlösliche Tabletten oder Dragees. Patienten sollten diese etwa eine halbe Stunde vor oder eine Stunde nach der Mahlzeit mit mindestens 250 ml Flüssigkeit einnehmen. So sorgen sie dafür, dass die Tabletten den Magen schnell wieder verlassen und sich erst im Dünndarm auflösen.
Die Enzympräparate sind in der Regel gut verträglich und eignen sich daher auch für eine längere, dauerhafte Anwendung. Als Nebenwirkungen treten gelegentlich Darmunverträglichkeiten wie Stuhlveränderungen, Blähungen oder Völlegefühl auf. Bei der Anwendung der Präparate gibt es nur wenige Einschränkungen: Schwangere und Stillende sollten sicherheitshalber auf solche Präparate verzichten. Patienten mit Gerinnungsstörungen beziehungsweise solche, die Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmer einnehmen, sollten Bromelain, Trypsin und/oder Papain nicht einnehmen. Bei Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sollten die Patienten vor der Einnahme ihren Arzt befragen. Zu guter Letzt: Wer auf Ananas allergisch reagiert, muss bei der Einnahme von bromelainhaltigen Präparaten mit einer Unverträglichkeit rechnen.
Ersatz bei Mangel
Wenn Prozesse im Körper nicht (mehr) funktionieren, werden auch bestimmte Enzyme nicht oder nicht in ausreichender Menge produziert. Bekanntes Beispiel ist die Lactose-Intoleranz: Die fehlende körpereigene Lactase kann mithilfe von Enzympräparaten ersetzt werden. Diese enthalten zum Beispiel Lactase, die im Pilz Aspergillus oryzae hergestellt wurde. Die eingenommene Lactase wird nicht vom Körper aufgenommen, die Kapseln beziehungsweise Tabletten lösen sich im Magen auf, und die enthaltene Lactase spaltet im Speisebrei vorhandenen Milchzucker. Ein magensaftresistenter Überzug ist daher nicht nötig. Überschüssige Lactase wird wieder ausgeschieden.
Auch bei Störungen der Bauchspeicheldrüsenfunktion kann ein Mangel an Verdauungsenzymen entstehen. Normalerweise produziert der exokrine Teil des Pankreas die Enzyme Amylase, Lipase und Protease. Zum Beispiel bei einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse entsteht ein Mangel, die Patienten leiden unter Verdauungsstörungen und Untergewicht. Präparate, die Pankreas-Pulver vom Schwein enthalten, ersetzen die fehlenden Enzyme. Bei den entsprechenden Präparaten handelt es sich meist um Kapseln, die magensaftresistent überzogene Pellets oder Mikrotabletten enthalten. Die Kapseln müssen ungeöffnet und unzerkaut direkt zum Essen eingenommen werden.
Inhaltsstoffe / Enthaltene Enzyme | Präparate (Beispiele) | Indikation |
---|---|---|
Bromelain | Bromelain POS®, Phlogenzym® mono, Traumanase® | Akute Schwellungen nach Operationen und Verletzungen, besonders der Nase und Nebenhöhlen |
Bromelain, Trypsin, Rutosid | Wobenzym® plus | Schwellungen und Entzündungen als Folge von Traumen, Thrombophlebitis, aktivierte Arthrose |
Bromelain, Papain, (bei Phlogenzym® aktiv: +Trypsin) | Wobenzym® immun, Phlogenzym® aktiv | Unterstützung der Immunfunktion |
Pepsin vom Schwein, Aminosäure-Hydrochlorid aus Rinderbluteiweißhydrolysat | Enzynorm® f | Traditionell zur Unterstützung der Magenfunktion |
Lactase | Lactrase®, Lactosolv®, Leben’s® Laktase Enzym | Lactose-Intoleranz |
Pankreas-Pulver vom Schwein: Lipase, Amylase, Protease | Kreon®, Enzym Lefax® forte Pankreatin, Panzynorm®, Panzytrat® und andere | Störungen der exokrinen Pankreasfunktion mit Maldigestion |
Rizolipase, Protease, Amylase aus japanischen Reispilzkulturen | Nortase® | Ersatz von Verdauungsenzymen bei Maldigestion (Verdauungsschwäche) infolge einer gestörten Pankreas-Funktion |
Patienten, die Schwierigkeiten beim Schlucken der Kapseln haben, können diese öffnen und die Pellets oder Mikrotabletten unzerkaut mit viel Flüssigkeit schlucken oder mit weicher Nahrung wie Apfelmus vermengen. Achtung: Der pH-Wert der Nahrung sollte dabei nicht höher als 5,5 liegen, da sonst die magensaftresistente Hülle zerstört wird. Die Enzyme würden dann frühzeitig in der Mundhöhle freigesetzt, wo sie die Schleimhaut schädigen können. /