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Prämenstruelles Syndrom

Quälende Tage vor den Tagen

29.03.2008  08:47 Uhr

Prämenstruelles Syndrom

Quälende Tage vor den Tagen

Brigitte M. Gensthaler, München

Erschöpft, reizbar und nervös: So fühlen sich viele Frauen an den Tagen vor den Tagen. Das monatliche Auf und Ab der Hormone belastet ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden. Schon einfache Änderungen der Ernährung und des Lebensstils tragen zu mehr Gleichgewicht bei. Helfen diese Maßnahmen nicht, können Arzneimittel die Beschwerden lindern.

Was Männer abfällig als »Zicken-Theater« bezeichnen, ist für viele Frauen ein echtes Problem. In den Tagen vor der Menstruation spüren acht von zehn Frauen körperliche und/oder seelische Veränderungen. 20 bis 30 Prozent haben leichtere Beschwerden und 2,5 bis 5 Prozent fühlen sich in ihrem Alltag deutlich beeinträchtigt. Sie leiden am prämenstruellen Syndrom, kurz PMS. »PMS ist keine Krankheit, aber die Beschwerden können so viel Leidensdruck erzeugen, dass die Frau Hilfe braucht«, sagte Professor Dr. Hans-Peter Zahradnik von der Universitäts-Frauenklinik Freiburg Ende Februar bei einer Apothekerfortbildung im badischen Villingen. 

Individuelles Beschwerdepaket

Der Begriff des prämenstruellen Syndroms stammt aus dem Jahr 1931. Seit 1994 unterscheiden die Ärzte zwischen PMS und PMDS, der »prämenstruellen dysphorischen Störung«. Was verbirgt sich dahinter? 

Das prämenstruelle Syndrom ist ein ganzer Komplex von Beschwerden, die Körper und Seele belasten. Etwa 150 verschiedene Symptome sind bekannt. Fast alle betroffenen Frauen leiden an Müdigkeit und Reizbarkeit. Sieben von zehn klagen über empfindliche gespannte Brüste, Akne, Stimmungsschwankungen bis zu Depression oder Angstzuständen. Ebenfalls häufig sind Wassereinlagerungen (Ödeme) in den Beinen, sodass sich die Frau aufgedunsen fühlt. Auch Kopfschmerzen, Heißhungerattacken, Bauchschmerzen und Völlegefühl können zum Beschwerdepaket gehören. Bei den Frauen mit PMDS sind Reizbarkeit und Depressivität besonders stark ausgeprägt.

Manche Frauen werden nur von einem oder zwei Symptomen, andere von einem ganzen Beschwerdebündel geplagt. Wenn die Frauen reizbar und zornig oder aber depressiv und interessenlos sind, kann es in dieser Zeit häufig zu Auseinandersetzungen mit Partner, Freunden, Familie und Berufskollegen kommen. 

Typisch ist der zeitliche Verlauf des PMS: Alle Beschwerden treten nur in der zweiten Zyklushälfte nach dem Eisprung, also in der Lutealphase, auf und verschwinden mit oder nach Einsetzen der Blutung. Das bedeutet: kein PMS in der Schwangerschaft und nach den Wechseljahren. Auch Zyklen ohne Eisprung verlaufen meist beschwerdefrei. 

Zykluskalender zur Diagnose

Damit der Arzt die Diagnose sicher stellen kann, müssen die Beschwerden mindestens zwei Zyklen lang auftreten. Viele Frauenärzte empfehlen ihren Patientinnen, einen Zykluskalender zu führen, in dem sie neben der Menstruation genau vermerken, wann welche Probleme auftreten und wieder verschwinden. Schildern Kundinnen in der Apotheke stärkere Beschwerden, sollten PTA oder Apotheker  den Besuch beim Frauenarzt empfehlen.

Zur Entstehung des PMS gibt es bislang eher Vermutungen. Die Estrogen-Progesteron-Schwankungen im Zyklus sind wahrscheinlich nur ein Faktor. Wissenschaftler wiesen im Blut auch veränderte Konzentrationen an körpereigenen Botenstoffen und Hormonen wie Serotonin, Melatonin, Beta-Endorphinen und Prolaktin nach. Möglicherweise spielen auch die familiäre Belastung, frühere Depression oder Angsterkrankung, Stress sowie »ungesunde« Lebens- und Ernährungsgewohnheiten eine Rolle.

Auffällig sei die Beziehung zur Depression, so Zahradnik. Frauen mit PMS litten viel häufiger an einer Depression als Frauen ohne diese Zyklusprobleme. Bei depressiven Patientinnen muss der Arzt der Ursache nachgehen. Für PMDS sprechen das Auftreten der Beschwerden nur in der zweiten Zyklushälfte und das Verschwinden bei Blutungsbeginn. 

Lebensumstellung kann helfen

Eine ursächliche Therapie des PMS gibt es nicht. Vielmehr richten sich die Maßnahmen nach den vorrangigen Symptomen. Nicht immer müssen die betroffenen Frauen Medikamente einnehmen. PTA und Apotheker sollten ihnen raten, den Konsum von Salz, Alkohol und Kaffee einzuschränken und bei ihrer Ernährung Lebensmittel mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu bevorzugen. Ebenso können sie mehr körperliche Aktivität im Alltag und Sport empfehlen. Da Stress das monatliche Geschehen erheblich beeinflussen kann, helfen Entspannungstechniken wie Yoga oder autogenes Training oftmals sehr gut.

Auch wenn der Wirkmechanismus nicht bekannt ist, wirkt die Einnahme von Calcium (1200 mg/Tag) und Magnesium (400 bis 800 mg/Tag) oft positiv. Vitamine des B-Komplexes, vor allem Vitamin B6, und Vitamin E sollen ebenfalls günstig sein. Den Frauen mit gesteigertem Appetit können PTA oder Apotheker eine kohlenhydratreiche Ernährung empfehlen. 

Lindern diese Allgemeinmaßnahmen die Beschwerden nicht ausreichend, bieten Phytotherapeutika eine Option. Am besten untersucht bei PMS sind Präparate aus Keuschlamm-Früchten (Mönchspfeffer, Vitex agnus castus). Mönchspfeffer hilft vor allem bei Nervosität und Gereiztheit, geschwollenen Brüsten und Wassereinlagerungen. Experten empfehlen als Tagesdosis 30 bis 40 mg Droge in Form wässrig-alkoholischer Extrakte beziehungsweise entsprechender Zubereitungen. Die Frauen sollten allerdings wissen, dass ihre Geduld gefragt ist: Bis zum Wirkungseintritt können drei Monate vergehen, und dann müssen sie die Therapie für mindestens weitere drei Monate fortsetzen, damit das PMS nicht beim nächsten Zyklus wieder auftritt. 

Auch Cimicifuga-Wurzelstock (Traubensilberkerze, Cimicifuga racemosa) lindert erwiesenermaßen PMS-Beschwerden, ist aber deutlich schwächer wirksam als Agnus castus. Besser bekannt ist die Droge als wirksames Phytopharmakon bei Wechseljahrsbeschwerden. Die Phyto-Extrakte sollen vor allem bei neurovegetativen Problemen helfen. Die empfohlene Tagesdosis beträgt 3 g Droge. 

Was der Arzt verordnet

Bei starken Beschwerden muss der Frauenarzt klären, dass keine anderen Erkrankungen vorliegen. Frauen ohne Kinderwunsch kann er die »Pille« verordnen. Ovulationshemmer, bei denen alle Tabletten die gleiche Konzentration an Hormonen (Gestagen und Estrogen) enthalten, stoppen das hormonelle Auf und Ab. Die »Pille« kann außerdem die Symptome Ödeme, Mastodynie und Befindlichkeitsstörungen bessern. Für Präparate mit dem Gestagen Drospirenon liegen positive Studienergebnisse zur Symptomlinderung vor. 

Stehen Ödeme und Gewichtszunahme im Vordergrund, können Aldosteron-Antagonisten wie Spironolacton (vom 14. bis 26. Zyklustag) Abhilfe schaffen. Dominieren starke psychische Symptome wie Reizbarkeit, Angst, Anspannung und depressive Verstimmung, verschreiben manche Ärzte selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), zum Beispiel Fluoxetin und Sertralin. Manchmal verordnen sie auch das Benzodiazepin Alprazolam zur kurzzeitigen Einnahme. Bei massiven seelischen Problemen kann eine psychiatrische oder psychologische Betreuung der Frau helfen.

 

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bm.gensthaler(at)t-online.de

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