Ein Vitamin für viele Fälle |
Die Pantothensäure heißt auch Vitamin B5 und kommt praktisch in jeder Körperzelle vor. Nach oraler Aufnahme wird die Pantothensäure nahezu vollständig im Dünndarm resorbiert und in den Zellen in Coenzym A umgewandelt. Coenzym A wiederum ist für unterschiedliche Prozesse im gesamten Organismus bedeutsam: für die Energiegewinnung, den Eiweiß- und Fettstoffwechsel, das Wachstum und auch für das Nervensystem. Außerdem ist Coenzym A an der Synthese von Cholesterol beteiligt, das für die Bildung der Steroidhormone benötigt wird.
Die gelbliche Pantothensäure ist wasserlöslich, hat aber die Konsistenz eines viskosen Öles; ihre häufig verwendeten Calcium- und Natriumsalze sind farblos und kristallin. Das Vitamin ist weit verbreitet und reichlich in Hefe, Leber, Fleisch, Hering, Milch und Eigelb enthalten. Den Tagesbedarf von Erwachsenen schätzt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung auf 6 mg Pantothensäure. Mangelerscheinungen treten beim Menschen nur sehr selten auf.
Einsatz als Provitamin
Da die Pantothensäure eine labile Verbindung ist, verwenden Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika das galenisch stabilere Provitamin – den Alkohol Dexpanthenol (Panthenol). Nach der Resorption wird Dexpanthenol dann in Haut und Schleimhäuten zur Pantothensäure oxidiert und pharmakologisch wirksam. Pantothensäure
Wegen dieses Wirkspektrums ist Dexpanthenol in zahlreichen Kosmetika und Arzneimitteln enthalten.
Für die Hautpflege
Pantothensäure hat sich zur Pflege rissiger, spröder und alternder Haut bewährt. Die Substanz bindet in der Haut hervorragend Feuchtigkeit und regt außerdem die Epithelisierung an. Als Folge wird die Haut wieder glatt und geschmeidig. Zusätzlich lindert Pantothensäure Hautreizungen und Rötungen. Deshalb enthalten hochwertige Kosmetika ebenso wie Anti-Aging-Produkte Dexpanthenol. Als Zusatz in Sonnenschutz-Präparaten verhindert das Provitamin das Austrocknen der Haut, bei geschädigter Haut fördert es die Bildung neuer Zellen. Dexpanthenol-haltige Cremes, Lotionen und Salben haben sich außerdem in der Baby-Pflege bewährt.
Zur Wundbehandlung
Dexpanthenol-haltige Salben, Cremes und Sprays wie Bepanthen® Wund- und Heilsalbe, Panthenol-ratiopharm® Wundbalsam sowie Panthenol Spray und Bepanthen® Kühlendes Schaumspray werden mit Erfolg zur Behandlung von oberflächlichen Hautdefekten, Wunden nach Verbrennungen und Verbrühungen 1. Grades, Schürfwunden, Fissuren und Rhagaden eingesetzt. Auch bei Läsionen im Afterbereich und entzündeten Hämorrhoiden helfen Dexpanthenol-haltige Salben oder Cremes. Wird Panthenol-Spray auf einen Ulcus gesprüht, regt es die Wundheilung an, kühlt angenehm und hemmt Entzündungen. Welche Bedeutung diese Anwendung hat, zeigt folgende Zahl: Über eine Million Menschen leiden an Ulcus cruris, den offenen Beinen, dessen Behandlung sehr langwierig und aufwendig ist. Bei Patienten mit Strahlenschäden der Haut infolge einer onkologischen Radiotherapie kann die topische Anwendung von Dexpanthenol die Hautbeschwerden lindern.
Im Jahr 2009 untersuchte Professor Dr. Jens Malte Baron, Abteilung für Dermatologie und Allergologie des Universitätsklinikums Aachen, das Wirkprinzip der Pantothensäure bei der Wundheilung. Das Ergebnis: Beim Wundheilungsprozess in der proliferativen Phase, das heißt circa 4 bis 7 Tage nach der Verletzung, wanderten verstärkt dermale Fibroblasten in das Wundgebiet ein und bildeten zusammen mit neuen Blutgefäßen ein Granulationsgewebe, das den Gewebedefekt auffüllte.
Bei Sonnenbrand
Nach dem Sonnenbad ist die Haut extrem berührungsempfindlich, besonders wenn sie sich bereits leicht rötet. Vor allem Kinder wehren sich dann, wenn die Eltern eine Salbe oder eine Creme auf die sonnenverbrannte Haut auftragen möchten. In diesen Fällen lässt sich Dexpanthenol-Spray berührungsfrei aufsprühen. Außerdem kühlt die im Spray enthaltene Feuchtigkeit angenehm die heiße Haut. Ein Tipp für die Praxis: Nach dem Sonnenbaden regelmäßig das Spray zur Hautpflege anwenden, damit Hautreizungen und -rötungen schneller abklingen.
Bei Haarproblemen
Menschen mit dünnen und strapazierten Haaren sollten eine Kur mit Dexpanthenol machen. Das Provitamin gelangt nach dermaler Applikation in die Coriumschichten der Haut und wird auch von den Haarwurzeln und dem Haarschaft aufgenommen und in Pantothensäure umgewandelt. Dies erklärt, warum Dexpanthenol in vielen Shampoos und Haarkuren (wie Eucerin pH5 Protectiv Shampoo) enthalten ist. Die Pantothensäure
Bei Menschen mit Haarproblemen hat sich eine vier- bis sechswöchige Kur aus peroraler und lokaler Anwendung von Dexpanthenol bewährt: Sie sollten dreimal täglich eine Tablette mit 100 mg Dexpanthenol einnehmen und ein- bis zweimal wöchentlich abends vor dem Schlafengehen Dexpanthenol-Spray in die Haare sprühen und leicht einmassieren, den Kopf über Nacht mit einem Handtuch bedecken und am nächsten Morgen die Haare waschen.
Für Nase und Augen
Aufgrund seiner feuchtigkeitsbindenden Eigenschaften und seines wundheilungsfördernden Effektes ist Dexpanthenol in einigen Nasalia enthalten, beispielsweise in Kombination mit Alpha-Sympathomimetika. Die Arzneistoffe wie Xylometazolin und Oxymetazolin bewirken eine Vasokonstriktion der Blutgefäße in der Nasenschleimhaut. Die Erkälteten bemerken, wie in Minutenschnelle die entzündete Nasenschleimhaut abschwillt und die Sekretion nachlässt. Bei längerer Anwendung kommt es allerdings zum Rebound-Effekt: Durch die Vasokonstriktion trocknet die Nasenschleimhaut aus mit dem Ergebnis, dass sie wieder anschwillt und der Patient erneut zu seinen Nasentropfen greift. Es entsteht ein Teufelskreis, der letztlich die Nasenschleimhaut zerstört. Der Zusatz von Dexpanthenol wirkt dem Rebound-Effekt entgegen. Vor allem Menschen, die sehr empfindlich auf die trockene Luft in geheizten Räumen reagieren, sollten Nasentropfen oder -spray mit Dexpanthenol (zum Beispiel nasic®) bevorzugen. Trotzdem sollte die Anwendungsdauer von 5 bis 7 Tagen in der Selbstmedikation nicht überschritten werden.
Starke Kombination mit Meersalz
Ebenfalls bewährt hat sich Dexpanthenol in Nasalia in Kombination mit physiologischer Kochsalzlösung oder Meersalz (wie in Siozwo® SAN Nasenspray mit Dexpanthenol und Meersalz). Aber auch bei Menschen, die zu starker Borken- und Krustenbildung in der Nase sowie zu Nasenbluten neigen, können PTA oder Apotheker diese Kombinationen empfehlen.
Dexpanthenol wird mit Erfolg in Augensalben oder -tropfen (zum Beispiel Bepanthen® Augen- und Nasensalbe, Corneregel® Fluid Augentropfen) bei Reizungen, Entzündungen und Verletzungen der Horn- und Bindehaut des Auges eingesetzt. Auch bei dieser Indikation wird der feuchtigkeitsbindende, wundheilungsfördernde und schwach entzündungshemmende Effekt des Vitamins genutzt. Aus dem gleichen Grund helfen Dexpanthenol-Tabletten oder -Lösung bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut. Dabei müssen die Betroffenen die Tabletten langsam im Mund zergehen lassen oder die Lösung unverdünnt aufpinseln.
Bekannt wurde die Pantothensäure auch durch das Burning-Feet-Syndrom (burning feet = brennende Füße), eine sehr seltene Hypovitaminose. Als Kriegsgefangene während des 2. Weltkrieges in Burma, Japan und auf den Philippinen an Pantothensäure-Mangel litten, kribbelten nach drei bis vier Monaten zuerst ihre Zehen und fühlten sich taub an. Danach brannten ihre Füße und schmerzten stechend. Hinzu kamen psychische und neurologische Beschwerden wie Muskelverspannungen und Nervenreizungen.
Gegen Probleme der Dialyse
Am Burning-feet-Syndrom, das heißt an Parästhesien und Schmerzen in Zehen und Fußsohlen, leiden heute oft Patienten, die auf eine Dialyse angewiesen sind. Sie sollten die Pantothensäure (zum Beispiel als Panthenol 100 mg Jenapharm) in Tagesdosen von 200 mg bis 500 mg oral supplementieren. Dabei lassen sie die Tabletten am besten langsam im Mund zergehen oder nehmen sie unabhängig von den Mahlzeiten mit reichlich Flüssigkeit ein. Pantothensäure gehört zu den Vitaminen mit der geringsten Toxizität. Selbst bei Langzeiteinnahme hoher Dosen von täglich 2 g sind keine Nebenwirkungen beschrieben worden.
Bei Beschwerden im Verdauungstrakt
Doch die medizinische Fachliteratur kennt noch andere Indikationen für die orale Gabe von Dexpanthenol, unter anderem die Mundtrockenheit (Xerostomie). Mundtrockenheit ist häufig Begleitsymptom bestimmter Krankheiten wie Rheuma, Hypertonie, Parkinson und Diabetes mellitus. Auch eine Strahlentherapie bei Tumoren im Kopf- oder Halsbereich kann Xerostomie auslösen, weil die Speicheldrüsen zerstört wurden. Die Patienten haben Beschwerden beim Sprechen, Kauen und Schlucken. Zunge und Lippen werden rissig und schmerzen. Die Mundschleimhaut brennt, Entzündungen und Mundgeruch sind die Folge. Außerdem können Arzneimittel wie Antidepressiva, Spasmolytika, Antihistaminika, Antihypertonika, Analgetika und Neuroleptika Mundtrockenheit verursachen.
Lokale Anwendung als Salbe, Creme, Wundbalsam, Spray, Nasentropfen und -sprays
Orale Anwendung als Tabletten oder Lösung
Patienten mit Xerostomie sollten neben Produkten zur Befeuchtung der Mundschleimhaut Panthenol-Tabletten lutschen, weil diese den Feuchtigkeitsgehalt im Mundraum erhöhen und so die Beschwerden lindern.
Bei Menschen mit Reflux-Ösophagitis tritt – bedingt durch den zu schlaffen unteren Ösophagussphinkter – saurer Mageninhalt in die Speiseröhre und verätzt dort die Schleimhaut. Dadurch schmerzt die Speiseröhre, ist wund und entzündet. Diesen Patienten bringt das Lutschen von Panthenol-Tabletten eine deutliche Linderung. Auch Menschen mit Gastritis sollten zwischen den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen Panthenol-Tabletten lutschen. Außerdem können Panthenol- Tabletten Patienten mit Colitis ulcerosa helfen. Eine weitere Empfehlung: Menschen mit einer obstruktiven Atemwegserkrankung können Dexpanthenol-Lösung (Bepanthen® Lösung) im Rahmen einer Aerosol-Therapie unterstützend einsetzen.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen sind bei oraler Anwendung von Pantothensäure in der von den Herstellern empfohlenen Dosierung nicht zu erwarten. Schwangere und Stillende sollten zunächst ihren Arzt befragen. /