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Koloquinte

Bittere Arznei aus der Wüste

20.02.2012  14:38 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler / Bitterapfel, Ziegenkürbis oder ­Purgiergurke: Die Koloquinte hat viele Namen. Heute hat die alte Heilpflanze nur noch in der Homöopathie ihren festen Platz. Als Heilpflanze des Jahres 2012 rückt sie wieder in den Fokus.

Zur Heilpflanze des Jahres 2012 hat der »Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus e.V.« die Koloquinte (Citrullus colocynthis Schrad.) gewählt. Die Jury bezeichnet die Pflanze als ein »Kleinod in der Behandlung von Verdauungsproblemen«. Damit knüpfen die Wissenschaftler an den früheren Einsatz der Frucht als starkes Abführmittel an. Der gelehrte Arzt Paracelsus (1493 bis 1541) formulierte diese Wirkung ganz deutlich: »Wer der Coloquint frisst, der muß zum Stuhl.«

Wurzel als Wasserspeicher

Die Frucht der Koloquinte ähnelt einer kleinen Wassermelone. Tatsächlich gehört die giftige Pflanze zur Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae). Ihre Heimat sind die Steppen und Halbwüsten Nordafrikas und Kleinasiens. Da sie in ihrer dicken fleischigen Wurzel Wasser speichert, überlebt sie auch lange Trockenzeiten. Gazellen, Ziegen, Esel und andere Tiere fressen kleine Mengen der Früchte, wenn sie sonst kein Wasser mehr finden.

Die einjährige Koloquinte treibt im Frühjahr aus. Zum Schutz vor Verdunstung sind sowohl die bis zwei Meter langen, am Boden liegenden Triebe als auch die großen herzförmigen Blätter stark behaart. Die meist gelben Blüten stehen einzeln in den Blattachseln. Die Früchte sind etwa so groß wie Äpfel und verfärben sich beim Reifen von grün nach gelb. In das saftige weiße Fruchtfleisch sind die Samen eingebettet. Die Einheimischen ernten die Früchte von Oktober bis Februar, schälen und schneiden sie auf und trocknen das Fruchtfleisch in der Sonne.

Traditionell werden die Samen und die sehr bittere Frucht verwendet. So wird beispielsweise aus Koloquintensamen und Datteln ein nahrhaftes Getränk bereitet. Auch vermahlen die Einheimischen diese zu Mehl, das sie zu Fladen verbacken oder als Brei essen. In Kombination mit Gummi arabicum wurde die bittere Frucht gegen Lähmungen und Krämpfe eingesetzt, die pulverisierten Samen waren als Wurm- und Abführmittel bekannt.

Die Wurzeln und Früchte enthalten als Hauptwirkstoffe bitter schmeckende Cucurbitacine. Daher kommen die volkstümlichen Namen Bittergurke oder -apfel. Der Name Purgiergurke bezieht sich auf die Abführwirkung, denn purgieren bedeutet »reinigen« oder »abführen«.

Cucurbitacine reizen intensiv die Darmschleimhaut und führen zu einer starken Flüssigkeitsabsonderung in den Darm. Daher wirken Koloquintenfrüchte als starkes Abführmittel (Drastikum), das zu schmerzhaften flüssigen Stühlen führt. Schon die Dosis von 1 g kann zu heftigen Magen-Darm-Beschwerden bis hin zum Kollaps führen. Als tödliche Dosis gelten Mengen ab 2 g. Wegen ihrer Toxizität ist die Droge in der Phytotherapie heute obsolet.

Bereits Paracelsus nannte die Koloquinte als Beispiel für die falsche Anwendung von Arzneien und warnte seine Mitmenschen vor Missbrauch. Ähnliche Hinweise enthalten auch andere Kräuterbücher aus dieser Zeit. Weniger vorsichtig waren hingegen die Menschen in der Antike, denen die abführende Wirkung der Koloquinte schon bekannt war. Ein spezielles Rezept der alten Griechen und Römer lautete: Ein ausgehöhlter Koloquintenapfel wird mit Wein gefüllt, erwärmt und der Inhalt als Abführmittel getrunken. Der römische Arzt Dioskurides empfahl im 1. Jh. n. Chr. den Saft der frischen Frucht äußerlich gegen Ischiasschmerzen.

Als homöopathisches Mittel hat die Koloquinte ihren festen Platz. Colocynthis ist ein bewährtes Mittel bei heftig stechenden, krampf- oder kolikartigen Leibschmerzen, die mit starken wässrigen Durchfällen, Übelkeit und Brechreiz verbunden sind.

Auch Aufstoßen und Blähungen mit schmerzhaftem »Kollern« im Bauch gehören zum Beschwerdebild. Typisch: Der Kranke krümmt sich vor Schmerzen und drückt mit der Faust auf den Bauch, um diese zu lindern. So bessern sich die Beschwerden ebenso wie durch Wärme. Dagegen geht es dem Kranken schlechter, wenn er etwas isst.

Colocynthis hat sich auch bewährt bei den typischen Dreimonatskoliken der Babys, wenn der Säugling die Beinchen vor Schmerz fest an den Körper zieht oder sich zusammenkrümmt. In diesem Fall geben die Eltern anfangs stündlich eine Gabe Colocynthis D6, bei Besserung nur noch dreimal täglich. Eine Gabe ist für Säuglinge ein Globulus, für Kinder sind es drei Globuli und für Erwachsene fünf. /

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