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Laborwerte

Kreatinin und der blinde Bereich

Datum 25.02.2013  08:25 Uhr

Von Peter Findeisen / Wird ein Arzneimittel hauptsächlich über die Nieren eliminiert, bestimmt der Arzt während einer länger dauernden Therapie häufig die Kreatinin-Clearance. Nur so kann er die Dosis des Arzneistoffs der individuellen Situation des Patienten anpassen. Informationen über die Nierenfunktion erhält er anhand von zwei Werten: der Kreatinin-Konzentration im Serum und im Urin.

Bei allen Erkrankungen, die zu einer akuten oder chronischen Niereninsuffizienz führen können, ist die Nierenfunktion regelmäßig zu überprüfen. Hierzu zählen Krankheiten, die mit einem hohen Athero­sklerose-Risiko verbunden sind oder die die Nierenglomeruli schädigen. Dies sind vor allem die »Volkskrankheiten« arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus. In deren Verlauf erkranken die Patienten oft zusätzlich an einer fortschreitenden Niereninsuffizienz, an deren Ende nicht selten eine Dialysepflicht beziehungsweise Nierentransplantation steht.

Individuelle Dosierung

Aber auch nephrotoxische Medikamente erfordern die kontinuierliche Überwachung der Nieren­funktion, insbesondere dann, wenn diese auch noch renal eliminiert werden. So muss der Arzt beispielsweise bei Aminoglykosid-Antibiotika die Dosis reduzieren, wenn die Nierenfunktion eingeschränkt ist. Auch eine Vielzahl von Tumortherapeutika wie Cisplatin, Bleomycin, Etoposid und Methotrexat erfordern eine individuelle Dosisanpassung in Abhängigkeit von der Kreatinin-Clearance. Unter www.dosing.de finden Interessierte eine umfangreiche Liste von den Medikamenten,bei denen eine solche individualisierte Dosisanpassung notwendig ist.

Bedeutung des Kreatins

Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Kreatins. Kreatin nimmt jeder entweder mit fleischhaltiger Nahrung auf oder der Körper synthetisiert es in der Leber aus den Aminosäuren Arginin und Glycin. Kreatin (von griechisch »kreas« = Fleisch) benötigt der Organismus in Form von energiereichem Kreatinphosphat als wesentlichen Energiespeicher, es kommt hauptsächlich in der Skelett­muskulatur vor. Dort dient das Kreatinphosphat dazu, dass sich Adenosin­diphosphat (ADP) schnell zu Adenosintriphosphat (ATP) regeneriert. Etwa 1 bis 2 Prozent des Kreatins werden pro Tag in Kreatinin abgebaut, das im Organismus keine Funktion mehr hat und mit dem Urin ausgeschieden wird.

Nicht blenden lassen

Die Ausscheidung des Kreatinins über die Nieren kann auf zwei Wegen erfolgen: In den Nieren­glomeruli wird Kreatinin aus dem Blut in den Tubulusapparat filtriert und gelangt somit in den Harn. Steigt die Kreatinin-Konzentration im Serum stark an, wird Kreatinin zusätzlich aktiv sezerniert. So kann der Körper eine ungenügende Filterleistung der Nieren eine Zeit lang kompensieren. Das bedeutet, dass in frühen Stadien einer Niereninsuffizienz die Konzentration von Kreatinin im Blut noch normal sein kann, weil der Körper durch den zusätzlichen Mechanismus das überschüssige Kreatinin ausscheidet. Erst wenn die Nieren stark geschädigt sind, also die glomeruläre Filtra­tionsrate nur noch die Hälfte beträgt, nimmt die Konzentration des Kreatinins im Serum deutlich zu. Allein an der Serum-Kreatinin-Konzentration kann der Arzt also eine beginnende Niereninsuffizienz nicht erkennen.

In der Frühphase der Erkrankung sind die Testergebnisse meist falsch negativ und täuschen einen gut funktionierenden Zustand der Nieren vor. Diese Phase bezeichnen Ärzte auch als »Kreatinin-blinden Bereich«. Wer frühzeitiger aussagekräftige Ergebnisse erhalten möchte, muss Kreatinin außer im Blut auch im Urin bestimmen. Aus den Kreatininkonzentrationen der Urin- und der Serumprobe kann die Kreatinin-Clearance errechnet werden. Die Kreatinin-Clearance bezeichnet das Blutvolumen in Milliliter, welches die Nieren pro Minute vollständig von Krea­tinin befreien.

Da die Kreatininkonzentration im Serum auch von der Muskelmasse abhängt, wird die Körper­oberfläche als Korrekturfaktor mit berücksichtigt. Die Körperoberfläche berechnet sich aus Körpergröße und Gewicht des Patienten. Mediziner sprechen dann von korrigierter Kreatinin-Clearance.

Die klinischen Labore messen Kreatinin in der Regel mit der Jaffé-Methode, bei der Pikrinsäure mit Kreatinin einen farbigen Komplex bildet. Wie so oft in der Analytik können auch bei der Kreatinin-Bestimmung gewisse Substanzen die Reaktion stören. So bilden einige Medikamente, zum Beispiel bestimmte Cephalosporine, mit Pikrinsäure ebenfalls einen farbigen Komplex. Dadurch kommt es zu falsch hohen Messwerten.

Fehlinterpretation möglich

Auch wenn das Serum eine stark gelbliche Eigenfarbe (Ikterus) hat, ist das Ergebnis der Jaffé-Methode verfälscht. Als alternative Technik eignet sich die enzymatische Kreatininbestimmung. Sie ist zwar wesentlich weniger störanfällig, aber dafür deutlich teurer.

Ein weiterer Störfaktor ist exzessiver Fleischkonsum. Ein Kilogramm Fleisch enthält 2 bis 5 Gramm Kreatin, das bei Erhitzen in Kreatinin umgewandelt wird und den Serum-Kreatininwert erhöht. Eine relevante Erhöhung des Kreatinin-Werts tritt aber auch nach Verzehr von rohem Fleisch auf, beispielsweise von 500 g Tartar.

Nimmt der Patient Diuretika ein oder erhält er Infusionen, führt die Bestimmung der Kreatinin-Clearance ebenfalls zu nicht verlässlichen Ergebnissen. Bodybuilder weisen aufgrund der großen Muskelmasse erhöhte Serumkreatininwerte auf.

Fazit

Da der Kreatinin-Wert im Serum erst dann ansteigt, wenn die Nierenfunktion bereits um etwa 50 Prozent eingeschränkt ist, eignet sich die Kreatinin-Clearance deutlich besser für die Diagnostik der Nieren. /

E-Mail-Adresse des Verfassers

Peter.Findeisen(at)umm.de

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