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Heinrich Adolf von Bardeleben

Der Arzt des Kaisers

25.02.2014  10:31 Uhr

Von Ralf Daute / Als der deutsche Kaiser Friedrich III. am 15. Juni 1888 sein Leben aushauchte, wachte Heinrich Adolf Bardeleben an seinem Sterbebett. Der Mediziner gilt als eine der Koryphäen seiner Zeit. Aufgrund seines Einsatzes für die Gesundheit des Monarchen wurde er drei Jahre nach dessen Tod durch eine preußische »Allerhöchste Kabinettsorder« in den Adelsstand erhoben und durfte sich fortan von Bardeleben nennen.

Doch so gut von Bardeleben in seiner Profession auch war, helfen konnte er dem deutschen Kaiser nicht mehr. Hohes Fieber, bis zu 140 Atemzüge pro Minute, das sind die letzten Einträge des Mediziners in die Krankenakte von Friedrich dem Dritten. Diese Krankenakte bewegt und beschäftigt Medizinhistoriker noch heute, weil durch eine Serie von Fehleinschätzungen die Therapie offenbar alles andere als optimal war. Darüber hinaus bereitete sie dem Kaiser auch noch große Schmerzen. Friedrich III. litt an Kehlkopfkrebs, der zunächst nicht als solcher erkannt wurde. Um die Knoten an seinen Stimmbändern zu entfernen, unterzog er sich insgesamt 14 Eingriffen. Doch der Tumor breitete sich unaufhaltsam aus. Als Friedrich III. den Thron bestieg, konnte er bereits nicht mehr sprechen und sich nur noch mit Zetteln verständigen. Er atmete durch eine silberne Kanüle, nachdem ihn ein Luftröhrenschnitt vor dem Erstickungstod bewahrte. Aufgrund der schweren Erkrankung regierte Friedrich nach seiner Krönung nur 99 Tage.

»Leiden, ohne zu klagen«, dieser Friedrich III. zugeschriebene Spruch dürfte die Verfassung des Kaisers in den letzten Monaten seines Lebens zutreffend beschreiben. Er durchlebte ein einziges Siechtum, ohne Hoffnung auf Besserung. Als Bardeleben zu Rate gezogen wurde, war die Schlacht bereits geschlagen. Der Philosoph Friedrich Nietzsche nannte Friedrichs Tod »ein ganz entscheidendes Unglück für Deutschland«. Was Bardeleben empfand, ist nicht überliefert.

 

Der Mediziner war ein glühender Verehrer der Monarchie, wie die – allerdings für seine Zeit typischen – schwülstigen Einleitungstexte seiner medizinischen Abhandlungen offenbaren. Zugleich hatte er aber auch als Mediziner gelernt, selbst im Schrecken des Krieges, beim Anblick grausamer Verletzungen den kühlen Blick des Fachmanns zu bewahren. In einer Abhandlung schrieb er: »Getränkt von Blut, bedeckt mit Sterbenden, Verstümmelten liegt das Schlachtfeld; sie rufen klagend nach einem Helfer, einem Fremden in der Not; – da beginnt der Wundarzt sein Werk, nicht mit dem Glanz und dem Lärm der vor und um ihn tobenden Schlacht, sondern still, ruhig, kalten Blutes, bedacht, wieder gut zu machen, was zerstört ist, Menschen zu erhalten mitten in dem absichtlichen Morden.«

 

Der allgegenwärtige Krieg

Und in einer Rede »Über die kriegschirurgische Bedeutung der neuen Geschosse« aus dem Jahr 1892 referierte er ausführlich darüber, dass die neuen Projektilarten nicht so »human« seien wie behauptet. Führte eine Verletzung nicht zum Tode, eröffneten sich den Chirurgen neue Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Da diese Worte heute merkwürdig fremd klingen, sei angemerkt, dass die Menschen damals fortwährend mit kriegerischen Auseinandersetzungen konfrontiert waren. Krieg war für sie ständig gegenwärtig.

Doch wie verlief das Leben des Mannes, der sich mit dem Kaiser ebenso beschäftigte wie mit Hunderten von Verstümmelten auf den Schlachtfeldern Europas? Geboren wurde Bardeleben als Heinrich Adolf Schwager am 1. März 1819 in Frankfurt/Oder. Als er drei Jahre alt war, starben die Eltern und er wurde von seinem Onkel Heinrich Karl Bardeleben adoptiert, dessen Namen er erhielt. Der Junge besuchte das Gymnasium seiner Heimatstadt und nahm danach das Medizinstudium an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin auf. Weitere Studienorte waren Gießen und Paris, wo sich Bardeleben an der weltberühmten Sorbonne einschrieb. Zurück in Berlin promovierte er am 15. Dezember 1841 zum Doktor der Medizin.

 

Seine Karriere begann in Heidelberg, wo er als Assistenzarzt am Physiologischen Institut seine erste Stelle erhielt. Im Jahr 1848 wurde er in Gießen außerordentlicher Professor und erwarb nebenbei noch einen Doktortitel der Philosophie. Im folgenden Jahr berief ihn die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald zum ordentlichen Professor der Chirurgie. Dort entwickelte er die Grundlagen für eine Chirurgie, auf der auch Ferdinand Sauerbruch aufbaute und die damals führend in Europa wurde.

 

Im Jahr 1866 wirkte Bardeleben als Generalarzt im preußisch-österreichisch-italienischen Krieg. Anschließend lernte er von einer Edinburgher Kapazität die Methodik der antiseptischen Wund­behandlung. Zwei Jahre später wurde er zum Direktor der Chirurgischen Klinik der Charité in Berlin ernannt. Im Krieg 1870/71 betätigte sich Bardeleben erneut als Generalarzt an vorderster Front. Im Jahr 1872 begründete er gemeinsam mit Kollegen die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie.

 

Bereits zu Lebzeiten, an seinem 70. Geburtstag 1889, wurde Bardeleben mit einem Büstendenkmal geehrt. Das Werk des Bildhauers Martin Wolff steht noch heute im Garten der alten Chirurgie der Charité in Berlin.

 

Am 24. September 1895 starb Heinrich Adolf von Bardeleben im Alter von 76 Jahren in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Er hinterließ zwei Kinder: Sein Sohn Karl wurde ebenfalls Mediziner und seine Tochter Marie war unter ihrem Künstlernamen Mite Kremnitz als Schriftstellerin erfolgreich. /

E-Mail-Adresse des Verfassers
ralf.daute(at)gmail.com

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