Die Zukunft der Familie |
08.02.2016 10:38 Uhr |
Von Annette van Gessel / Wie stellen sich junge Menschen ihre Zukunft vor? Passen Kinder in ihre Lebensplanung? Diesen und ähnlichen Fragen ging das Meinungsforschungsinstut Forsa im Auftrag der Zeitschrift »Eltern« nach.
Das traditionelle Familienbild ist für junge Menschen auch heute noch kein Auslaufmodell. Mit dem Begriff Familie verbinden junge Frauen und Männer zwischen 18 und 30 Jahren hauptsächlich positive Gefühle wie Geborgenheit, Vertrauen, Liebe, Freude und Glück. 71 Prozent denken dabei vor allem an Liebe. So ein Ergebnis der Forsa-Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut vom 30. Oktober bis zum 13. November 2015 mit rund 1000 zufällig ausgewählten 18- bis 30-jährigen Frauen und Männern durchführte. Die Ergebnisse der Umfrage wurden am 11. Januar in einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt.
67 Prozent der aktuell noch kinderlosen jungen Frauen und Männer halten die sogenannte Kern-Familie, in der beide Eltern mit ihren Kindern zusammenleben, für die ideale Form der Familie. Allerdings glauben 83 Prozent, dass in den nächsten 20 Jahren die Patchwork-Familie an Bedeutung gewinnen wird. 69 Prozent meinen zudem, in Zukunft würde die Zahl der Alleinerziehenden zunehmen.
Eigene Kinder
Etwa 10 Prozent der befragten jungen Erwachsenen haben bereits eigene Kinder: 6 Prozent haben ein Kind, 3 Prozent zwei Kinder und 1 Prozent mehr als zwei Kinder. Die große Mehrheit (91 Prozent) der 18- bis 30-Jährigen hat (noch) keine Kinder. Wie Generationen vor ihnen unterhalten sich Frauen eher über das Thema Familienplanung als Männer, Ältere eher als Jüngere, Befragte mit Partner häufiger als Ledige und diejenigen, die bereits Kinder haben, häufiger als diejenigen ohne Kinder, die sich aber welche wünschen. Von den wenigen kinderlosen Befragten, die auch keine Kinder haben wollen, geben 30 Prozent an, sie hätten sich so entschieden, weil sie keine Einschränkungen haben beziehungsweise unabhängig bleiben wollen. 24 Prozent schrecken wegen Zukunftsängsten vor einem Leben mit Kindern zurück. Ebenfalls 24 Prozent geben an, keine Kinder zu mögen, und 21 Prozent wünschen wegen der finanziellen Belastung keine Kinder.
Zu ihrem Kinderwunsch befragt, antworteten 86 Prozent der noch kinderlosen jungen Frauen und 88 Prozent der Männer, sie hätten später einmal gerne eines oder mehrere Kinder. Doch 96 Prozent sind davon überzeugt, dass Kinder ihr Leben stark oder sehr stark verändern werden. Daher verschieben sie die Realisierung des Kinderwunsches deutlich nach hinten. Von den 18- bis 22-Jährigen möchten 37 Prozent das erste Kind noch vor dem 27. Lebensjahr bekommen. Doch die Realität sieht aktuell anders aus: In dieser Altersgruppe haben erst 20 Prozent ihr erstes Kind. Die Mehrzahl der 27- bis 30-Jährigen (73 Prozent) verschiebt ihr Wunschalter für das erste Kind hinter den 30. Geburtstag.
Zum sogenannten Social Freezing, also dem Einfrieren von Eizellen, befragt, könnten sich 31 Prozent vorstellen, diese Möglichkeit selbst zu nutzen. Dazu passt das Umfrageergebnis, dass 37 Prozent der Befragten glauben, in 20 Jahren sei es nichts Ungewöhnliches mehr, wenn eine Frau im Alter von 50 Jahren Mutter wird.
Entspanntes Familienleben
73 Prozent halten eine gute harmonische Partnerschaft für einen sehr wichtigen Aspekt im Leben. 56 Prozent nannten bei dieser Frage die Ausgewogenheit zwischen beruflicher Belastung und persönlicher Freizeit. Hingegen sagen das nur 14 Prozent über die Karriere. Eine Familie zu gründen, machen die jungen Männer und Frauen davon abhängig, wie sicher ihnen die nahe Zukunft erscheint. Als eine sehr wichtige Voraussetzung für ein halbwegs entspanntes Familienleben nennen daher 74 Prozent eine feste und stabile Partnerschaft. 44 Prozent der Befragten finden es außerdem sehr wichtig, für das Familienleben ausreichend Zeit zu haben.
Wunsch und Realität
Widersprüchlich sind die Aussagen der jungen Frauen und Männer dazu, wie sie alle Aspekte ihres zukünftigen Lebens miteinander verbinden wollen. Wie stellen sie sich vor, die angestrebte Karriere im Beruf mit ausreichend Zeit für die Kinder zu vereinbaren? Bei diesen Fragen klaffen Wunschvorstellungen und erwartete Lebensrealität relativ weit auseinander. Beispielsweise hätten 60 Prozent am liebsten, dass beide Elternteile berufstätig sind und sich die Betreuung und Erziehung der Kinder teilen. Doch nur 38 Prozent glauben, dass dieses Modell in 20 Jahren am häufigsten vorkommt. Tatsächlich gehen 46 Prozent von dem Gegenteil aus. Sie vermuten, dass beide Partner voll berufstätig sind und die Erziehung der Kinder weitgehend den Kitas und Schulen überlassen – aber nur 8 Prozent wünschen sich das aktuell.
Die junge Generation möchte ein Leben mit mehr Zeitsouveränität führen, vor allem mit flexiblen Arbeitszeiten, damit sie ihre Kinder nicht zehn Stunden in eine Einrichtung geben müssen, sondern die Kinderbetreuung partnerschaftlich organisieren können. Daher wünschen 43 Prozent der Frauen und 33 Prozent der Männer von der Familienpolitik großzügige Elternzeitregelungen sowie 31 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer eine ausreichende Zahl an Betreuungs- und Bildungseinrichtungen.
Kein starres Modell
Was sie sich nicht wünschen, ist ein vorgefertigtes Lebensmodell – zum Beispiel die 32-Stunden-Woche für beide oder gar das komplette Outsourcing der Familienaufgaben an den Staat. Der soll lediglich die Bedingungen schaffen, damit junge Eltern ihr (Familien-)Leben individuell gestalten können. »Dazu braucht es aber auch Löhne und Gehälter, die diese individuelle Gestaltung finanziell möglich machen«, so Marie-Luise Lewicki, Eltern-Chefredakteurin auf der Pressekonferenz. /