Mehr Service für den Patienten |
08.02.2016 10:38 Uhr |
Von Daniel Rücker / Die Apotheken in den deutschsprachigen Ländern wollen sich in Zukunft noch stärker an den Bedürfnissen ihrer Patienten orientieren. Dienstleistungen wie das Führen eines Medikationsplans haben dabei eine zentrale Bedeutung.
Bei einer Podiumsdiskussion während des Pharmacon im österreichischen Schladming waren sich die Präsidenten der Apothekerorganisationen aus Deutschland (Andreas Kiefer), Österreich (Max Wellan), der Schweiz (Dominique Jordan) und Südtirol (Maximin Liebl) einig: In Zukunft werden die Apotheken ihren Patienten mehr Dienstleistungen als bisher anbieten. Arzneimitteltherapiesicherheit und Medikationsmanagement würden die Arzneimitteltherapie noch effizienter machen. Dabei ließen die vier Präsidenten keinen Zweifel daran, dass dies bei manchen Ärzten nicht wirklich gut ankommt. Letztlich spiele dies jedoch eine untergeordnete Rolle. »Ich frage doch nicht einen Arzt, wenn ich meinen Patienten neue Dienstleistungen anbiete«, sagte etwa Wellan, Präsident der österreichischen Apothekerkammer. Apotheker und Arzt seien unterschiedliche Berufe mit unterschiedlichen Aufgaben. Da solle der Eine nicht dem Anderen hereinreden.
Auch wenn es bei Ärzten Vorbehalte dagegen gibt, dass Apotheker ihre Kompetenz in der Arzneimitteltherapie stärker einbringen, setzt Kiefer auf eine Kooperation mit den Medizinern. Letztlich müssten die beiden Heilberufe ohnehin beim Medikationsplan zusammenarbeiten. »Die Verbesserung von AMTS ist eine unserer zentralen Aufgaben«, konstatierte der Präsident der Bundesapothekerkammer. Die Basis für eine bessere Arzneimitteltherapiesicherheit sei das von Ärzten und Apothekern gemeinsam verantwortete Medikationsmanagement. Nach Kiefers Vorstellungen wird der mit dem E-Health-Gesetz eingeführte Medikationsplan auf Papier ab dem Jahr 2018 digital gehandhabt.
Impfen in der Apotheke
Die italienischen Apotheker gehen einen ähnlichen Weg wie die deutschen. So will Liebl, Präsident der Apothekerkammer der Provinz Bozen/Südtirol, Dienstleistungen wie einen Medikations-Check oder Impfungen etablieren. Denkbar sei es auch, in den Apotheken Krankenschwestern einzustellen, die Patienten Injektionen verabreichen können. Bei den Hausärzten kommt dies erwartungsgemäß nicht gut an.
Kompetenzgerangel zwischen Ärzten und Apothekern gibt es in allen vier Ländern. Doch nirgendwo stehen sich Ärzte und Apotheker so konträr gegenüber wie in der Schweiz. Das liegt daran, dass Apotheker in der Schweiz in der Ausweitung ihrer Aufgaben deutlich weiter sind, als die Apotheker in den anderen Ländern. Wie der ehemalige Präsident des Schweizerischen Apothekerverbandes Pharmasuisse, Dominique Jordan, ausführte, dürfen Apotheker in der Schweiz schon seit einiger Zeit impfen. Darüber hinaus sind sie auch berechtigt, häufige Krankheiten zu behandeln und sich in der Gesundheitsförderung zu engagieren. Bei den Ärzten kommt dies schlecht an. Jordan: »Die Ärzte würden am liebsten sogar verhindern, dass wir Patienten den Blutdruck messen.«
Allerdings zahlen die Apotheker in der Schweiz auch einen ziemlich hohen Preis für ihre offensive Strategie. In vielen Regionen des Landes haben Ärzte ein Dispensierrecht, auch in Gegenden, in denen es ausreichend Apotheken gibt, etwa in Zürich. Für Jordan sind die selbst dispensierenden Ärzte deshalb das größte Problem für die Apotheker.
Die Ausbildung zum Apotheker ist in den deutschsprachigen Ländern und Regionen übrigens keinesfalls einheitlich. Es gibt zudem einige Unterschiede bei den regulatorischen Vorgaben für die Qualifikation des Apothekenleiters. Apotheker in Deutschland und in Österreich dürfen eine Apotheke leiten, sobald sie eine Approbation haben – auch wenn dies für einen Berufsanfänger in den meisten Fällen sicher nicht sinnvoll ist. In der Schweiz und in Italien reicht dies nicht aus. Laut Jordan müssen Apothekenleiter eine zweijährige Weiterbildung zum Fachapotheker absolviert haben. Diese Anforderung sei Bedingung dafür, dass Apotheker impfen und diagnostizieren dürfen. Auch in Italien müssen sich junge Apotheker eine Zeit lang gedulden, bis sie eine eigene Apotheke eröffnen können. Voraussetzung für die Selbstständigkeit ist laut Liebl eine fünfjährige Berufserfahrung als Apotheker. Keine Indizien gibt es dafür, dass die verschiedenen Wege in der Ausbildung Einfluss auf die Qualität der Arzneimittelversorgung haben. /