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Arzneimitteltherapie

Neue Arzneistoffe im April 2010

27.04.2010  09:08 Uhr

Arzneimitteltherapie

Neue Arzneistoffe im April 2010

von Sven Siebenand

Zwei neue Arzneistoffe kamen im April auf den deutschen Markt: Corifollitropin alfa könnte die Behandlung von Frauen mit bisher unerfülltem Kinderwunsch zukünftig vereinfachen. Der zweite Neuling Eltrombopag hilft Patienten mit einer seltenen Störung der Blutgerinnung.

Unfruchtbarkeit kann viele Ursachen haben: Unter anderem kann die Produktion der Spermien oder Eizellen gestört sein, oder eine Endometriose, häufige Fehlgeburten, hormonelle Störungen sowie die Eileiter oder Gebärmutter führen zu den Problemen. Die ursächlichen Faktoren liegen zu jeweils rund 40 Prozent bei der Frau beziehungsweise beim Mann. In den übrigen 20 Prozent der Fälle lassen sich bei beiden Partnern Auffälligkeiten nachweisen oder die Ursache bleibt unklar.

Mit Corifollitropin alfa (Elonva® 100 und 150 µg Injektionslösung, N. V. Organon) ist Anfang April ein neues Mittel für Frauen, die sich einer Fertilitätsbehandlung unterziehen möchten, auf den Markt gekommen. Der Wirkstoff wird eingesetzt, um die gleichzeitige Entwicklung mehr als einer reifen Eizelle in den Eierstöcken anzuregen. Das verschreibungspflichtige Präparat muss nur einmal subkutan injiziert werden. Bis zu einem Gewicht von 60 Kilogramm erhalten Frauen die Dosis von 100 µg Injektionslösung, sind sie schwerer die Dosis von 150 µg. Nach einer entsprechenden Schulung können sich die Patientinnen das Mittel auch selbst verabreichen. Vier oder fünf Tage danach wird ein zweites Mittel, ein Antagonist des Gonadotropin freisetzenden Hormons (GnRH-Ant­agonist), hinzugegeben. Ist eine weitere Stimulation der Eierstöcke erforderlich, kann sieben Tage nach der Injektion von Corifollitropin alfa mit der täglichen Gabe von Follikel-stimulierendem Hormon (FSH) fortgefahren werden. Sobald drei Eizellen kurz vor der Reifung stehen, erfolgt schließlich eine einmalige Injektion des Hormons humanes Choriongonadotropin (hCG), damit die reifen Eizellen freigesetzt werden. Dann entnimmt ein Chirurg die Zellen, die im Labor befruchtet werden. Schließlich wird ein Embryo in die Gebärmutter implantiert.

Das Mittel gilt als erster Vertreter einer neuen Klasse langwirksamer Follikelstimulanzien. Strukturell betrachtet ist Corifolli­tropin alfa ein verändertes Follikel-stimulierendes Hormon (FSH). FSH kommt im Körper natürlich vor und stimuliert die Reifung von Eizellen in den Eierstöcken. Die verlängerte Wirksamkeit ist durch Änderungen der Peptidketten erreicht worden. Anders als bei anderen FSH-Arzneimitteln, die täglich injiziert werden müssen, reicht daher die Gabe einer Arzneimitteleinzeldosis aus, um die Eizellenproduktion anzuregen.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit, Schmerzen und Beschwerden im Beckenbereich sowie Beschwerden in Zusammenhang mit der Brustdrüse. Auch ein sogenanntes ovariales Hyperstimulationssyndrom (OHSS) kann ausgelöst werden. Dieses tritt auf, wenn die Eierstöcke zu stark auf die Behandlung ansprechen. Dann schwillt der Unterbauch der Frau an und schmerzt, sie leidet unter Übelkeit und Durchfall. Corifollitropin alfa darf nicht bei Patientinnen mit Tumoren im Eierstock, in der Brustdrüse, in der Gebärmutter, in der Hypophyse oder im Hypothalamus angewendet werden. Ärzte dürfen den neuen Arzneistoff außerdem nicht Frauen mit primärer Ovarialinsuffizienz, vergrößerten Eierstöcken oder mit Ovarialzysten oder Frauen mit OHSS verordnen.

Tabletten für mehr Blutplättchen

Mit Eltrombopag (Revolade® Filmtabletten, GlaxoSmithKline) kam Mitte April ein weiteres Medikament für seltene Erkrankungen, ein sogenanntes Orphan Drug, auf den Markt. Angezeigt ist das Mittel zur Behandlung von Erwachsenen mit chronischer Immunthrombozytopenie (ITP) nach Milzentfernung, die auf andere Therapien nicht angesprochen haben (= Zweitlinientherapie oder Second line), sowie für Pa­tienten, bei denen die Entfernung der Milz kontraindiziert ist. 

Die chronische ITP ist eine sehr seltene Autoimmunerkrankung. In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 2000 Erwachsene daran. Bei ihnen zerstört das Immunsystem die eigenen Blutplättchen (Thrombozyten), weshalb die Patienten ein erhöhtes Blutungsrisiko haben. Das zeigt sich in spontanen Blutergüssen (Petechien) und Schleimhautblutungen; auch lebensbedrohliche Blutungen sind möglich. 

Eltrombopag fördert die Produktion neuer Blutplättchen, indem es den Thrombopoetin-Rezeptor aktiviert. Der neue Arzneistoff ist der erste orale Thrombopoetin-Rezeptoragonist. Im vergangenen Jahr war mit Romiplostim bereits ein anderer Wirkstoff zur Steigerung der Thrombozytenproduktion auf den Markt gekommen, der einmal wöchentlich subkutan injiziert werden muss. Im Unterschied dazu eignet sich Eltrombopag für die orale Therapie. Als tägliche Anfangsdosis werden 50 mg empfohlen, Patienten ostasiatischer Abstammung sollen aufgrund pharmakokinetischer Unterschiede nur 25  mg einnehmen. Die Dosis sollte der Arzt im Verlauf der Behandlung bei allen Patienten so anpassen, dass eine Thrombozytenzahl von mindestens 50 000/ml erreicht und aufrechterhalten wird. Dazu sollte er regelmäßige Blutbildkontrollen durchführen. Bei den meisten Patienten dauert es ein bis zwei Wochen, bis sich die Thrombozytenwerte messbar erhöhen. Das sollte der Arzt vor jeder Dosiserhöhung berücksichtigen.

Wichtig für die Beratung in der Offizin: PTA und Apotheker sollten die Patienten darauf hinweisen, dass sie mindestens vier Stunden warten, bis sie weitere Arzneimittel mit Kationen wie Eisen, Calcium, Magnesium, Aluminium, Selen und Zink einnehmen. Sonst kann es zur Komplexbildung kommen. Wegen des hohen Calciumgehalts sollten sie auch Milchprodukte nur mit zeitlichem Abstand zur Einnahme ­essen oder trinken. 

Mehr als 80 Prozent aller Patienten, die in Studien Eltrombopag erhielten, entwickelten Nebenwirkungen. Sehr häufig klagten diese über Kopfschmerzen. Häufig kam es zum Beispiel zu Magen-Darm-­Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung, Schlaflosigkeit sowie Hautausschlag. In der Fachinformation rät der Hersteller, dass weder Schwangere noch Frauen im gebärfähigen Alter ohne ausreichende Schwangerschaftsverhütung Eltrombopag einnehmen sollten.

E-Mail-Adresse des Verfassers:
siebenand(at)govi.de

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