Morgenstund hat Gold im Mund |
20.02.2018 11:12 Uhr |
Von Andreas Nagel / Vielen Menschen fällt frühes Aufstehen am Morgen gerade im Winter schwer. Oft wird nach dem ersten Klingeln des Weckers mehrfach die Schlummertaste gedrückt und das Aufstehen so lange wie möglich hinausgezögert. Danach reicht die Zeit meist nicht mehr für einen entspannten Start in den Tag. Mit der richtigen Strategie fällt es aber oft leichter als erwartet, zum gutgelaunten Frühaufsteher zu werden.
Es gibt viele gute Gründe, morgens freiwillig früher aufzustehen als unbedingt erforderlich. Die frühen Morgenstunden sind meist ruhig und ungestört. Wenn Sie um 5 Uhr statt um 6 Uhr aufstehen, will vermutlich noch niemand etwas von Ihnen. Es klingelt kein Telefon, und Sie müssen auch noch keine E-Mails oder Chat-Nachrichten beantworten. Sie haben jetzt etwas, das viele Menschen vermissen: Zeit für sich selbst. Wenn Sie diese Zeit für Tätigkeiten nutzen, die Ihnen wichtig sind oder die Sie gerne tun, werden Sie das frühe Aufstehen nicht als unangenehme Pflichtübung, sondern eher als Geschenk, als »Wohlfühl-Start« in den Tag, empfinden. Diese Zeit wird dann nicht als entgangener Schlaf wahrgenommen, sondern vielmehr als gewonnene Lebenszeit.
Wer täglich eine Stunde früher als gewohnt aufsteht, gewinnt jede Woche sieben Stunden ungestörte Zeit für sich und seine Interessen – das entspricht fast einem vollen Arbeitstag. Wenn Sie den frühen Morgen für wichtige Aufgaben nutzen, stellen Sie vielleicht sogar fest, dass Sie in der ungestörten Zeit mehr erledigen als sonst an einem ganzen Tag. Und wenn Sie zu Beginn des Tages schon wichtige Aufgaben erledigt haben, beflügelt dieses Erfolgserlebnis oft für den gesamten restlichen Tag.
Persönliche Routine
Für das frühe Aufstehen brauchen Sie unbedingt einen guten Grund. Schaffen Sie sich ein inspirierendes Morgenritual, das Sie motiviert, nach dem Klingeln des Weckers sofort aufzustehen. Der Effekt ist dann ähnlich wie am ersten Urlaubstag, an dem Sie früh morgens am Flughafen sein müssen, um den Flug zum Urlaubsort zu erreichen. Die meisten Menschen haben angesichts der Vorfreude auf den Urlaub an diesem Tag keine Schwierigkeiten mit dem frühen Aufstehen. Ihre Morgenroutine kann entweder aus wiederkehrenden oder wechselnden Aktivitäten bestehen. Legen Sie diese Aktivitäten bereits am Vorabend schriftlich fest – am besten auch die genaue Reihenfolge und den jeweiligen Zeitbedarf. Dann müssen Sie nach dem Aufstehen nicht erst überlegen, was Sie sich vorgenommen hatten und können sofort starten.
Eine Morgenroutine kann zum Beispiel wie folgt aussehen: Nach dem Weckerklingeln füllen Sie zunächst Ihre Flüssigkeitsspeicher auf, indem Sie ein Glas Wasser trinken – entweder in einem Zug oder schluckweise über einen Zeitraum von 15 Minuten. Dann kurbeln Sie auf sanfte Weise Ihren Kreislauf an, indem Sie drei bis fünf Minuten zu Ihrem Lieblingslied langsam auf der Stelle laufen. Dabei können Sie gleichzeitig über eine inspirierende Frage nachdenken: »Worauf freue ich mich heute?« oder »Wofür bin ich dankbar?« oder »Welches waren die schönsten Augenblicke meines Lebens?«. Auf diese Weise bringen Sie sich in eine positive Stimmung.
Viele Möglichkeiten
Anschließend nutzen Sie die Zeit zum ungestörten Nachdenken oder zum Meditieren, für Yoga- oder Dehnübungen oder um den Tagesablauf zu planen und Ihre Wochenziele zu überdenken. Überlegen Sie, was Sie heute tun können, um diesen Zielen näher zu kommen. Oder Sie lesen einige Seiten in einem guten Buch, schreiben Tagebuch oder widmen sich einem Hobby. Manche Menschen legen sich als Morgenlektüre auch ein Heft mit inspirierenden Zitaten, Lebensweisheiten und Geschichten an, in dem sie jeden Morgen zehn Minuten blättern. Je nach Jahreszeit können Sie auch den Sonnenaufgang beobachten und dabei zusehen, wie die Natur erwacht. Legen Sie zusätzlich eine Playlist mit Titeln an, die zu Ihren morgendlichen Aktivitäten passen und Sie in gute Stimmung versetzen. Überlegen Sie, was Ihnen Freude macht, was zu Ihren persönlichen Lebensumständen passt und bauen Sie diese Dinge dann in Ihre Morgenroutine ein.
Lerchen im Vorteil
Manchen Menschen fällt das frühe Aufstehen relativ leicht, weil sie typische Morgenmenschen, sogenannte Lerchen, sind. Für die Eulen hingegen ist das frühe Aufstehen schwerer. Die Veränderung der gewohnten Aufstehzeit ist in beiden Fällen ein Prozess, der einige Zeit dauert. Für das Schaffen einer neuen Gewohnheit wird in der Psychologie häufig ein Zeitraum von 30 bis 90 Tagen genannt. Ändern Sie Ihren Lebensstil also zunächst versuchsweise für einen überschaubaren Zeitraum. Entscheiden Sie sich für einen Selbstversuch und stehen Sie zum Beispiel für eine Woche oder einen Monat früher auf. Betrachten Sie diesen Zeitraum als Ihre persönliche »Frühaufsteher-Challenge« und beobachten Sie, wie Sie sich körperlich und geistig dabei fühlen. Danach können Sie entscheiden, ob Sie das neue Verhalten dauerhaft beibehalten wollen.
Sie können Ihren Wecker sofort eine Stunde früher stellen, oder tasten Sie sich schrittweise an die neue Zeit heran, indem Sie zunächst für einige Tage 15 Minuten früher aufstehen. Dann stellen Sie den Wecker schrittweise jeweils weitere 15 Minuten früher, bis Sie Ihre Wunschzeit erreicht haben. Wichtig: Stehen Sie nach dem Klingeln sofort auf, ohne die Schlummertaste zu drücken. Am besten stellen Sie den Wecker so weit vom Bett entfernt auf, dass Sie aufstehen müssen, um ihn auszuschalten.
Lebensgeister wecken
Legen Sie sich danach nicht wieder hin, sondern verlassen Sie das Schlafzimmer sofort. Wenn Sie direkt ins Bad gehen, können Sie dort Ihre Lebensgeister wecken, indem Sie Ihr Gesicht mit kaltem Wasser waschen oder die morgendliche warme Dusche mit kaltem Wasser beenden. Wer ein sanftes Aufwachen bevorzugt, kann einen Lichtwecker verwenden. Dabei handelt es sich um einen Wecker mit einer Lampe, deren Lichtstärke über einen Zeitraum von 15 bis 30 Minuten schrittweise ansteigt und so einen Sonnenaufgang simuliert. Dazu kann ein ansteigender Weckton in Form von Musik oder Naturgeräuschen eingestellt werden.
Damit Sie trotz des frühen Aufstehens genug Schlaf bekommen, sollten Sie etwas früher zu Bett gehen. Der individuelle Schlafbedarf ist von Mensch zu Mensch verschieden. Er liegt meist zwischen sechs und neun Stunden. Wenn Sie also um 5 Uhr aufstehen möchten und um 22 Uhr ins Bett gehen, schlafen Sie rund sieben Stunden. Für viele Menschen ist das ausreichend. Versuchen Sie, möglichst immer zur selben Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen. So gewöhnt sich Ihr Körper am schnellsten an den neuen Rhythmus.
Vielleicht können Sie auch eine Kollegin oder eine Freundin für das frühe Aufstehen begeistern. Sie können sich dann gegenseitig motivieren und sich darüber austauschen, wie Sie die ersten Stunden des Tages genutzt haben. So motivieren Sie sich gegenseitig, langfristig am Ball zu bleiben. /