Nahrungsergänzung unter Krebsverdacht |
20.02.2018 11:12 Uhr |
Von Verena Arzbach / Nahrungsergänzungsmittel mit Extrakten der Aloe-Pflanze, die Hydroxyanthracenderivate enthalten, sind als gesundheitlich bedenklich anzusehen. Die Substanzen können die DNA schädigen und Krebs verursachen. Zu diesem Ergebnis kommt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach der Auswertung wissenschaftlicher Studien.
Nahrungsergänzungsmittel mit Aloe-Extrakten werden etwa in Form von Kapseln, Säften oder Joghurts angeboten. Sie sollen beispielsweise die Verdauung anregen und abführend wirken. Solche Nahrungsergänzungsmittel können Hydroxyanthracenderivate enthalten, die in den äußeren Blattschichten der Pflanze vorkommen. Diese Substanzen stehen schon länger im Verdacht, Krebs auslösen zu können.
Die EFSA hatte bereits 2013 vom Langzeitgebrauch entsprechender Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel und der Aufnahme hoher Dosen abgeraten. Die erneute Bewertung habe nun ergeben, dass die Einzelsubstanzen Emodin, Aloe-Emodin und das strukturell verwandte Danthron in vitro genotoxisch wirken, also die DNA schädigen können. Darüber hinaus sei gezeigt worden, dass Aloe-Emodin auch in vivo genotoxisch wirke, schreibt die EFSA. Aloe-Extrakt aus den ganzen Blättern und Danthron hätten sich zudem als karzinogen erwiesen. Es sei nicht möglich, eine unbedenkliche tägliche Aufnahmemenge zu bestimmen, so die EFSA.
Nicht geeignet
Auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte Ende vergangenen Jahres eine Stellungnahme zu Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln mit Aloe veröffentlicht. Das Institut hält ebenfalls aufgrund des Verdachts der Kanzerogenität anthranoidhaltige Zubereitungen für ungeeignet zur Verwendung in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Allerdings gebe es noch Erkenntnislücken hinsichtlich der Zusammenhänge und der Mechanismen der Krebsentstehung, die geschlossen werden sollten, so das BfR in einer Stellungnahme.
Das Institut weist darauf hin, dass diese Bewertung ausdrücklich nicht für Zubereitungen aus anthranoidfreiem Gel oder Blattmark aus der innersten Schicht der Blätter von Aloe-Arten (meist Aloe barbadensis beziehungsweise Aloe vera) gelte. Diese werden in der EU üblicherweise in Lebensmitteln und Kosmetika eingesetzt. Bei der Herstellung von Speisen oder Getränken mit Aloe-Blättern sollten die äußeren Blattschichten sorgfältig entfernt werden. Auf Säfte, Nahrungsergänzungsmittel und andere Lebensmittel auf der Basis ganzer, ungeschälter Blätter der Gattung Aloe arborescens (Krantz Aloe, Kandelaber Aloe) sollten Verbraucher ganz verzichten.
Und wie sieht es mit Arzneimitteln auf Basis der Aloe-Pflanze aus? Als Abführmittel werden pflanzliche Zubereitungen bereits lange traditionell eingesetzt. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) schreibt, dass entsprechende Mittel gegen Obstipation ebenfalls aus dem Saft ganzer, ungeschälter Blätter von Aloe-Pflanzen hergestellt werden. Auch sie enthielten also je nach Zubereitungsform die Anthranoide als Wirkstoffe. Patienten sollten mit ihrem Arzt darüber sprechen, ob für sie individuell die Einnahme Aloe-haltiger Laxanzien sinnvoll ist.
Mehr Studien gefordert
Die EFSA schreibt, dass die Auswertung der Daten zeige, dass die dauerhafte Anwendung jeglicher Laxanzien, nicht nur anthranoidhaltiger, womöglich ein Risikofaktor für die Entstehung eines Kolorektalkarzinoms sein könnte. Es seien aber noch weitere, besser angelegte Studien mit größerer Probandenzahl nötig, um die Zusammenhänge genauer zu untersuchen. /