Rx-Versandverbot soll kommen |
20.02.2018 11:12 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Sollte es zu einer schwarz-roten Neuauflage kommen, wollen sich Union und SPD für ein Rx-Versandverbot starkmachen. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor. Daneben wollen die Parteien auch den Nachwuchs in den Gesundheitsberufen fördern.
Die Frage, wie es künftig im Versandhandel mit Rx-Arzneimitteln weitergeht, blieb bei den Koalitionsverhandlungen lange ungeklärt. Durchsetzen konnte sich am Ende die Union, die seit Monaten für ein Rx-Versandverbot plädiert. Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehörten neben gut erreichbaren Ärzten und einer wohnortnahen Geburtshilfe auch Apotheken vor Ort, heißt es nun im Koalitionsvertrag. Und: »Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein.« Die SPD hatte bis zuletzt auf den Erhalt des Rx-Versandhandels gepocht.
Ihre gesundheitspolitischen Pläne für eine weitere gemeinsame Legislatur haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag auf insgesamt acht Seiten zusammengefasst. Nun müssen die SPD-Mitglieder noch über die Ergebnisse abstimmen – erst danach stets fest, ob es wirklich zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommt.
Wichtig für PTA sind die Formulierungen zu Gesundheitsberufen: Für motivierten Nachwuchs in den Gesundheitsberufen müsse man »attraktive Ausbildungsmöglichkeiten schaffen«, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Rede ist unter anderem von einer Landarztquote im Studium und insgesamt mehr Medizinstudienplätzen. Auch in die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe wollen die Parteien investieren, wenn es zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommt. Für diese Berufsgruppen soll das Schuldgeld grundsätzlich abgeschafft werden. Profitieren dürften davon auch pharmazeutisch-technische Assistenten, die ihre Ausbildung heute oftmals in Teilen selbst zahlen müssen.
Bei der Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung haben sich beide Seiten zu einem Kompromiss durchgerungen. Zwar war bereits seit dem Ende der Sondierungsgespräche klar, dass Arbeitgeber und ihre Angestellten künftig wieder Kassenbeiträge in gleicher Höhe zahlen werden. Als Stichtag haben die Parteien den 1. Januar 2019 festgelegt. Doch stand damit noch lange nicht fest, was künftig mit dem Zusatzbeitrag geschieht, den derzeit allein die Versicherten tragen. Auf Drängen der Union soll nun auch der Extrabeitrag paritätisch finanziert werden. Für Empfänger von Arbeitslosengeld II soll der Staat den Krankenkassen darüber hinaus schrittweise kostendeckende Beiträge aus Steuermitteln zahlen.
Eine Herausforderung bleibt die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Union und SPD versprechen »eine elektronische Patientenakte für alle Versicherten«. Dazu könnte das Fernbehandlungsverbot kippen. In Deutschland gilt bislang, dass ein Arzt den Patienten stets persönlich untersuchen muss. Erst danach dürfen unter bestimmten Voraussetzungen telemedizinische Verfahren zum Einsatz kommen. Im Koalitionsvertrag heißt es: »Die einschränkenden Regelungen zur Fernbehandlung werden wir auf den Prüfstand stellen.«
Für eine bessere Vorsorge will die Große Koalition in den nächsten vier Jahren vor allem die Gesundheitskompetenz der Bürger stärken. Ein Gesundheitsportal soll Patienten im Internet künftig schnell und verlässlich »über medizinische Fragestellungen und Strukturen unseres Gesundheitswesens informieren«, wie es heißt.
Für die Pflegeberufe versprechen die Parteien bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn. In einem Sofortprogramm sollen 8000 neue Stellen in Pflegeeinrichtungen entstehen, Tarifverträge sollen in der Altenpflege künftig möglichst flächendeckend gelten. /
Klarer Silberstreif am Horizont
Die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen sind aus Sicht der Apothekengewerkschaft durchaus positiv: Da ist zum einen das Bekenntnis für ein Rx-Versandverbot. Auch wenn die Umsetzung nicht ohne Hürden sein dürfte, so wird dieses Thema in einem voraussichtlich CDU-geführten Gesundheitsministerium – zumindest nach den Erfahrungen der letzten Legislaturperiode – nicht in Vergessenheit geraten. Für rund 137 000 Apothekenangestellte ist das eine gute Botschaft. Denn die Spieße der Vor-Ort-Apotheken in Deutschland sind dann wieder gleich lang wie die der ausländischen Versender. Und dem Apothekensterben könnte ein Riegel vorgesetzt werden.
Unter den diversen gesundheitspolitischen Zielen ist für uns als Gewerkschaft auch die Ankündigung sehr zu begrüßen, dass Gesundheitsfachberufe wie die PTA künftig vom Schulgeld befreit werden sollen. Es wäre ein wichtiges Signal für den Berufsnachwuchs und gegen den Fachkräftemangel. Eine Umsetzung noch im 50. Jubiläumsjahr des PTA-Berufs wäre optimal!
Positiv ist auch das Ziel, die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung ab Anfang 2019 wieder paritätisch, das heißt in gleichem Umfang durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanzieren zu lassen. Zusatzbeiträge gehen dann nicht mehr allein zulasten der Angestellten.
Auch in den Bereichen Pflege, Arbeitsmarkt und Rente sind gute Ansätze zu erkennen, die nach einer Regierungsbildung hoffentlich zügig angegangen werden. Jetzt kommt es darauf an, dass die Sozialdemokratie über ihren Schatten springt und bei der Mitgliederbefragung den Willen zum Regierungshandeln beweist. Alles andere würde zu Neuwahlen und mit großer Sicherheit zu einem weiteren Erstarken der politischen Ränder führen.
Andreas May
Adexa-Vorstand