Insekten erfolgreich abwehren |
04.06.2009 14:24 Uhr |
Insekten erfolgreich abwehren
von Andrea Hämmerlein
Im Sommer beginnt für viele Menschen der unliebsame Kampf gegen stechende oder beißende Insekten. Dann muss sich jeder entscheiden: mit der Fliegenklatsche auf Jagd gehen oder sich mit Repellentien einreiben. Welche Wirkstoffe finden Anwendung und welche Tipps sollten PTA und Apotheker ihren Kunden geben?
Ektoparasiten wie Mücken, Bremsen oder Zecken befallen die Körperoberfläche des Menschen (Arten siehe Tabelle). Ihre Stiche sind nicht nur unangenehm, sondern jucken, schmerzen oft oder infizieren sich bakteriell. Manche Insekten übertragen zudem Krankheiten. In Deutschland ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung die Lyme-Borreliose mit circa 80.000 Neuerkrankungen pro Jahr. Zecken verursachen außerdem die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) (circa 150 bis 300 Fälle jährlich).
Heimische Insekten | Insekten der Tropen und Subtropen |
---|---|
europäische Stechmücken (Culex pipiens) | Stechmücken (Culex species) |
Bremsen (Tabanus species) | Fiebermücken (Anopheles species) |
Wespen (Vespula vulgaris) | Waldmücken (Aedes species) |
Bienen (Apis mellifica) | Tsetsefliege (Glossina species) |
Hornissen (Vespa species) | |
Milben (Trombiculidae) | |
Zecken (Europa: Ixodes ricinus) |
Dagegen gelten die in Deutschland, Nord- und Mitteleuropa vorkommenden Mücken bislang nicht als Krankheitsüberträger. In anderen Breitengraden infizieren die weiblichen Anopheles-Mücken Menschen mit Malaria. Die weltweit 300 bis 500 Millionen Infektionen und circa 2Millionen Toten pro Jahr zeigen, wie extrem verbreitet und gefährlich die Malaria ist. In Deutschland benötigen pro Jahr circa 1000 Ferntouristen eine Malariatherapie. Mittlerweile warnen Experten davor, dass die gefährlichen Mückenarten nach Süd- und Südosteuropa einwandern. Gegen einige der durch Insekten übertragenen Erkrankungen helfen weder Arzneimittel noch Impfungen. Manche Erreger werden auch zunehmend resistent gegen Chemotherapeutika. Daher gewinnt die Prophylaxe immer mehr an Bedeutung.
Maßnahmen kombinieren
Was kann man nun tun, um Insekten erfolgreich abzuwehren? Den besten Schutz bietet die Kombination aus mechanischen und chemischen Abwehrmitteln. Die Tipps im Kasten auf Seite 24 gelten besonders für Säuglinge, Kleinkinder, ältere Menschen und Kranke.
Repellentien (von lateinisch repellere = vertreiben, abwehren) sind Zubereitungen, die auf die menschliche Haut aufgetragen werden, um Ektoparasiten abzuwehren. Im Gegensatz zu Insektiziden töten Repellentien die Parasiten nicht ab. Daher ist die Gefahr der Resistenzbildung vergleichsweise gering. Die meisten Repellentien enthalten Amide, Alkohole, Ester oder Ether, die bei Raumtemperatur langsam verdampfen. Werden sie in einer Zubereitung auf die Haut aufgetragen, bilden die Dämpfe über der Haut eine »Schutzwolke«. So vertreiben die Repellentien Insekten und halten sie vom Stechen ab. Wahrscheinlich bewirken die Substanzen vor allem, dass die Insekten einen potenziellen Wirt nicht orten können, weil sie dessen Körpergeruch maskieren. Als Repellentien dienen synthetisierte chemische Substanzen, ätherische Öle und Kokosöle. Dabei wirken die synthetischen Repellentien besser als Präparate auf Naturstoffbasis.
Synthetische Substanzen
Diethyltoluamid (DEET) ist das derzeit am besten untersuchte Repellent. Aufgrund seines sehr guten Nutzen-Risiko-Profils wird es auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen. Alle neuen Substanzen werden deshalb gegen DEET als Goldstandard getestet. Gegen Mücken, Moskitos, Bremsen und Milben wirkt die Substanz gut, gegen Zecken eher weniger. Vor Bienen, Wespen und Hornissen schützt DEET nur schwach oder gar nicht. Auf dem Markt sind Zubereitungen mit einem Gehalt zwischen 5 und 90 -Prozent. Produkte mit einem Gehalt unter 20 Prozent schützen bis zu drei Stunden, höhere Konzentrationen bis zu zwölf Stunden. Ab einem Gehalt von 50 Prozent lässt sich die Wirkung nicht mehr steigern.
10- bis 35-prozentige Zubereitungen sollten die Anwender ein- bis zweimal täglich auftragen, niedrige Konzentration auch häufiger. Wird der Wirkstoff auf mehr als 20 Prozent der Körperoberfläche aufgebracht und bei Überdosierung kommt es gelegentlich zu Hautreizungen wie Brennen oder Rötung. In äußerst seltenen Fällen traten nerventoxische Nebenwirkungen auf. Daher sollte DEET nicht auf empfindliche oder geschädigte Haut, nicht in die Nähe der Augen oder auf Schleimhäute gelangen. Die kleinflächige Anwendung in Konzentrationen von 10 bis 30 Prozent gilt bei Kindern als sicher. Alternativ können Eltern die Repellentien auf die Kleidung ihrer Kinder sprühen. DEET sollte nicht während der Schwangerschaft, Stillzeit und bei Säuglingen -verwendet werden, da hier Erkenntnisse fehlen.
Wichtig: DEET kann Kunststoffe angreifen (zum Beispiel Sonnenbrille, Handy), worauf PTA und Apotheker ihre Kunden hinweisen sollten. DEET ist in zahlreichen Präparaten wie Antibrumm® forte, Azaron® before und Jaico® enthalten.
Guter Schutz vor Zecken
Icaridin (Bayrepel®) ist ebenfalls gut untersucht. Hinsichtlich Wirkspektrum und -dauer ist es mit DEET weitgehend vergleichbar, bei einigen Ektoparasiten sogar wirksamer. In 10-prozentiger Konzentration wehrt es Mücken und Bremsen bis zu vier Stunden zuverlässig ab. 20-prozentige Zubereitungen schützen bis zu acht Stunden vor Mücken und Bremsen sowie bis zu vier Stunden vor Zecken. Gegen Zecken wirkt Icaridin besser als DEET.
Anwender beschreiben den Geruch und das Hautgefühl nach dem Einreiben oft als angenehmer im Vergleich zu DEET. Icaridin reizt außerdem die Haut nicht und greift keine Kunststoffe an. Auch Kinder ab zwei Jahren, Schwangere und Stillende vertragen die Zubereitungen. Icaridin ist beispielsweise enthalten in Autan® Active oder Autan® Family.
Weitere synthetische Repellentien sind Ethyl-Butylacetylaminopropionat (EBAAP), Dimethylphthalat (DMP) und Ethylhexandiol. Diese Substanzen wirken jedoch schwächer als DEET und Icaridin. Bei Reisen in Malariagebiete und andere tropische Länder gelten DEET- oder Icaridin-haltige Präparate als Mittel der Wahl. Reisende sollten sich schon vor der Abreise in Deutschland mit Insektenabwehrmitteln in ausreichender Menge eindecken. Manche Repellentien im Reiseland enthalten potenziell bedenkliche Wirkstoffe/Konzentrationen oder ihre Wirksamkeit ist unsicher.
Pflanzliche Wirkstoffe
Schon vor Jahrtausenden wehrten Menschen Insekten durch das Verbrennen von Holz oder stark riechenden Pflanzen ab. Repellentien auf der Basis von Naturstoffen erfreuen sich auch heute großer Beliebtheit. Anwendung finden vor allem Zubereitungen mit ätherischen Ölen, die aus Pflanzen oder Pflanzenteilen extrahiert werden. Das Zitronellöl scheint die beste Wirksamkeit zu haben (zum Beispiel in Zanzarin® Mückenschutz Bio Lotion). Zu beachten ist, dass Repellentien mit ätherischen Ölen trotz ihrer rein pflanzlichen Herkunft nicht wirksamer oder besser verträglich sind als synthetische Wirkstoffe, obwohl die Hersteller ihre Produkte mit derartigen Aussagen bewerben. Oft ist das Gegenteil der Fall: Sie wirken nur kurze Zeit oder haben ein eingeschränktes Wirkungsspektrum, zum Beispiel helfen sie nicht gegen Zecken und aggressive Moskitos wie Anopheles. Natürliche Repellentien besitzen zudem ein allergenes Potenzial, das durch Sonnenexposition verstärkt werden kann. Ätherische Öle sind im Vergleich zu den synthetischen Repellentien weniger gut auf ihre Wirksamkeit und Risiken hin untersucht. Pflanzliche Repellentien dienen allenfalls als kurzfristige Alternative zu den chemischen Mitteln. Sie eignen sich keinesfalls für Reisen in tropische Länder.
Biozide und sonstige Schutzmittel
Manche Kunden fragen zum Beispiel nach Vitamin-B1-Kapseln (Thiamin), Knoblauch- oder Petersilienölkapseln, weil sie diese zur Prophylaxe vor Insektenstichen einnehmen möchten. Einige Tage nach Einnahmebeginn soll die Haut charakteristisch riechen und so Mücken abwehren. Die Wirkung dieser Mittel zweifeln Fachleute an. Ebenso wenig konnten in Untersuchungen folgende Hilfsmittel überzeugen: Gartenfackeln, Repellent-Lampen oder Ultraschallgeräte, die Steckmücken durch hochfrequente Schwingungen vertreiben sollen.
Insektizidsprays, Räucherspiralen und Biozidverdampfer geben Insektizide an die Raumluft ab, sie enthalten meist Pyrethroide wie Permethrin oder Allethrin. Dabei muss sich in der Umgebung zunächst eine wirksame Konzentration aufbauen, was bis zu einer Stunde dauern kann. Die Atem- und Nervengifte vertreiben die Insekten nicht, sondern töten sie ab. Bei sachgerechter Anwendung sollen für den Menschen keine gesundheitsschädigenden Konzentrationen in der Raumluft entstehen. Trotzdem können sie bei empfindlichen Personen die Atemwege, Schleimhäute und Haut reizen.
Tipps zum richtigen Gebrauch
Damit die Produkte ihre Wirkung voll entfalten können, sollten die Anwender unter anderem folgende Punkte beachten:
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