Gut verträglich in der Selbstmedikation |
20.04.2012 11:06 Uhr |
Von Ralf Daute / Kurzzeitig angewendet ist Acetylsalicylsäure zur Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber vergleichbar gut verträglich wie andere rezeptfreie Analgetika, so das Ergebnis einer Metaanalyse der Daten von mehr als 13 000 Patienten. Diesen aktuellen Erkenntnisstand können PTA oder Apotheker künftig berücksichtigen, wenn sie ein OTC-Schmerzmittel empfehlen.
Einer der häufigsten Gründe, eine Apotheke aufzusuchen, sind leichte bis mäßig starke Kopf-, Zahn- oder andere Schmerzen. In der Regel verlangen die Betroffenen ein ihnen bekanntes Analgetikum. Lassen sie sich von PTA oder Apotheker beraten, fragen diese zunächst nach der individuellen Situation des Patienten. Nur so können sie zum Beispiel eventuelle Kontraindikationen erkennen und mögliche Interaktionen vermeiden – wie es der BAK-Leitfaden vorgibt.
Im Apothekenalltag wird der Ablauf eines solchen Beratungsgesprächs schnell zur Routine. Doch manche wissenschaftlichen Erkenntnisse werden durch neuere Untersuchungen infrage gestellt oder sogar widerlegt. Daher bedarf es ständiger Fortbildung und der Beschäftigung mit aktueller Fachliteratur, damit beispielsweise neue Forschungsergebnisse in die Routine einfließen. Die aktuelle Meta-Analyse zur Acetylsalicylsäure ist dafür ein Beispiel: Eine groß angelegte Untersuchung mit Studien aus mehreren Ländern ergab, dass acetylsalicylsäurehaltige Präparate wie Aspirin® hinsichtlich ihrer gastrointestinalen Verträglichkeit mit anderen Schmerzmitteln, die zum Beispiel Ibuprofen oder Paracetamol enthalten, vergleichbar sind. Basierend auf diesen Ergebnissen entfällt also der Grund, wegen möglicher gastrointestinaler Nebenwirkungen anstelle von Acetylsalicylsäure auf andere OTC-Analgetika zurückzugreifen.
Wissenschaftler belegen vergleichbare Verträglichkeit
Die Studie mit diesem Fazit führte ein internationales Expertenteam unter der Leitung von Professor Dr. Angel Lanas, Leiter der Gastroenterologie der Universitätsklinik Saragossa in Spanien, durch. Die Spezialisten untersuchten speziell die Magenverträglichkeit von Aspirin® im Vergleich zu anderen Analgetika auf der Datenbasis von 67 Studien mit mehr als 13 000 Patienten. Die Ergebnisse stellte der Mediziner kürzlich auf einer Pressekonferenz von Bayer HealthCare vor.
Für diese auf individuellen Patientendaten beruhende, sogenannte IPD-Metaanalyse, werteten die Wissenschaftler bereits existierende klinische Daten aus 67 Studien unter Verträglichkeits-Aspekten aus. Die Arbeit von Professor Lanas und seinen Kollegen ist die größte jemals durchgeführte IPD-Metaanalyse zur Verträglichkeit von Aspirin® bei der Behandlung von Schmerzen und Fieber.
»Die Ergebnisse dieser Metaanalyse zeigen sehr deutlich, dass die Verwendung von Aspirin® in Dosierungen von 500 bis 1000 mg zur Behandlung von Schmerzen und Fieber sicher ist«, so Lanas. »Die gastrointestinale Verträglichkeit von Aspirin ist vergleichbar mit der von Ibuprofen und Paracetamol.«
Etwa die Hälfte der mehr als 13 000 Patienten der verschiedenen Studien hatte Aspirin® eingenommen, jeweils ein Viertel ein anderes Analgetikum oder Placebo. Die weitaus meisten hatten Schmerzen oder Fieber und nahmen ein bis zwei Tabletten als Einzeldosis ein. Nur drei Prozent verwendeten das Schmerzmittel länger als fünf Tage.
Die Auswertung im Einzelnen ergab: Unter Aspirin® in Dosierungen von 500 bis 1000 Milligramm traten bei 15,2 Prozent der Patienten unerwünschte Ereignisse auf – unter Placebo lag dieser Wert bei 15,5 Prozent. Dieser Unterschied ist statistisch nicht signifikant.
Betrachtet man die gastrointestinalen Ereignisse, traten diese unter Aspirin bei 9,9 Prozent, in der Placebo-Gruppe bei 9,0 Prozent der Patienten auf. Umgerechnet auf Patientenzahlen bedeuten diese beiden Werte: Erhielten 111 Patienten Aspirin anstelle von Placebo, käme es zu einem zusätzlichen gastrointestinalen Ereignis.
Auch im Vergleich mit anderen nicht rezeptpflichtigen Analgetika, beispielsweise Ibuprofen und Paracetamol, erwies sich ASS als ähnlich verträglich. Schwerwiegende Ereignisse wie gastrointestinale oder zerebrale Blutungen traten unter Aspirin® nicht auf. »Bei leichten bis mäßig starken Schmerzen ist Aspirin® eine gut verträgliche Behandlungsoption«, so das Fazit des Studienleiters.
Langzeittherapie führte zu Fehleinschätzung
Den Hauptgrund für die Fehleinschätzung der Sicherheit und Verträglichkeit von Acetylsalicylsäure im Vergleich zu anderen OTC-Analgetika vermutet Dr. Michael Völker von Bayer HealthCare in der Historie des Jahrhundertpharmakons. »Früher wurde Aspirin zur Langzeittherapie bei rheumatischen Erkrankungen zum Teil hoch dosiert in Tagesdosierungen von vier Gramm und mehr eingesetzt«, berichtet Völker. Aus den damals beobachteten Langzeiteffekten eine generelle Unverträglichkeit auch für die Kurzzeit-Anwendung in der Selbstmedikation abzuleiten, hieße Äpfel mit Birnen zu vergleichen. /
Tipps fürs Beratungsgespräch
Alle Substanzen der Analgetika können Beschwerden auslösen. Aus diesem Grund sollten PTA oder Apotheker im Beratungsgespräch folgende Punkte beachten:
Aspirin® ist zugelassen für Kinder ab 12 Jahren. Bei Jugendlichen und Erwachsenen liegt die Einzeldosis bei ein bis zwei Tabletten entsprechend 0,5 bis 1g Acetylsalicylsäure. Die Tagesgesamtdosis sollte sechs Tabletten, maximal 3g Acetylsalicylsäure, nicht überschreiten.
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