Licht am Horizont |
20.04.2012 14:00 Uhr |
Von Christiane Berg, Hamburg / Ob Rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Lupus erythematodes oder Schienbein- und Hüftfrakturen: Aktuelle Entwicklungen in der immunologischen Forschung lassen auf neue Therapiemöglichkeiten hoffen.
»Die UCB Pharma GmbH prüft derzeit die Eignung von vier in der Pipeline befindlichen Wirkstoffen für insgesamt sieben neue Indikationen«, informierte Dr. Hans-Joachim Kreutzenbeck bei einem Pressegespräch des forschenden Biotechnologie-Unternehmens in der Hansestadt die Journalisten.
Heilung von Frakturen
»Potenzial für einen Paradigmenwechsel in der Behandlung von Knochenerkrankungen besitzt der Sclerostin-Antikörper CDP 7851«, betonte er vor Journalisten. CDP 7851 richtet sich gegen Sclerostin, ein Protein, das sich negativ auf die Osteoblastenbildung und somit auf die Knochenmasse und -festigkeit auswirkt.
Kreutzenbeck verwies auf positive Ergebnisse einer zwölfmonatigen Phase-II-Studie mit etwa 400 Frauen in der Postmenopause, deren Knochenmineraldichte erniedrigt war. Im Gegensatz zu Placebo hätte CDP 7851 bei den Frauen der Wirkstoff-Gruppe die Knochenmineraldichte der Lendenwirbelsäule signifikant erhöht, informierte er. Auch im Vergleich mit den Osteoporose-Wirkstoffen Teriparatid und Alendronat seien die beobachteten Effekte Erfolg versprechend. Daher sei eine Phase-III-Studie in Planung.
Zwei weitere derzeit laufende Phase-II-Studien, so Kreutzenbeck, sollen zeigen, ob sich durch Gabe des Antikörpers auch Schienbein- und Hüftfrakturen heilen lassen, sodass chirurgische Eingriffe unnötig werden. Noch in diesem Jahr rechne er mit ersten neuen Erkenntnissen.
Auch wenn bis zur Zulassung des Sclerostin-Antikörpers »sicherlich noch ein paar Jahre ins Land gehen werden«: Dieser wirke »bislang einzigartig«, hob Kreutzenbeck hervor. Gleichzeitig hemme er den Knochenabbau und fördere den -aufbau,
Weitere Pipeline-Projekte
Derzeit wird der bereits im Oktober 2009 zugelassene TNF-Blocker Certolizumab Pegol von UCB in zwei Phase-II-Studien auf seine Eignung zur Therapie der axialen Spondyloarthritis untersucht. Axiale Spondyloarthritiden zählen zur Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen. Dazu gehört auch der Morbus Bechterew, die Spondylitis ankylosans. Die Erkrankten sind in ihren Bewegungsabläufen durch verschiedene, zum Teil entzündliche Veränderungen vorwiegend der Wirbelsäule stark eingeschränkt.
Seine Zulassung erhielt Cerolizumab Pegol 2009 in Kombination mit Methotrexat (MTX) für die Indikation Rheumatoide Arthritis (RA). Certolizumab Pegol ist ein Fragment eines pegylierten monoklonalen Antikörpers gegen den Tumornekrosefaktor-α. Zur Stärkung der Stabilität und Effektivität wurde das Antikörper-Teilstück mit zwei Polyethylenketten modifiziert, was wiederum zu einer längeren Halbwertszeit führt.
»Die Pegylierung sorgt für eine potenziell bessere Ausbreitung des TNF-Blockers im entzündeten Gewebe und somit auch für eine relativ lange Wirksamkeit«, unterstrich Professor Dr. Jürgen Wollenhaupt, Leiter der Abteilung für Rheumatologie und Klinische Immunologie der Schön Klinik Hamburg Eilbek.
Hoffnung auf Heilung
Zur Therapie der axialen Spondyloarthritis werden zunächst gemäß den Empfehlungen der ASAS (Assessement in Ankylosing Spondylitis International Working Group) nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Diclofenac oder Coxibe, gegebenenfalls unter Beigabe eines Magenschutzmittels, eingesetzt. Zum Teil injiziert der Arzt auch lokal Corticosteroide. Lassen sich durch diese Arzneimittel innerhalb von vier Wochen weder die Schmerzen noch die Krankheitsaktivität ausreichend reduzieren, sei die Gabe eines TNF-α-Blockers wie Infliximab, Etanercept, Adalimumab oder Golimumab angezeigt, informierte Professor Dr. Jürgen Braun vom Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne die Journalisten.
Wie Wollenhaupt hob auch Braun die Pegylierung von Certolizumab als Besonderheit unter den TNF-Blockern hervor. Diese biete zusätzliche Chancen für die Therapie der axialen Spondyloarthritis. Noch in diesem Sommer sei mit den Ergebnissen einer Phase-III-Studie zu rechnen.
»Vorsichtig optimistisch« äußerten sich die Experten in Hamburg bezüglich der Wirkung des in Phase-III-Prüfung befindlichen CD22-Antigens Epratuzumab bei Systemischem Lupus Erythematodes (SLE). Die schwere Autoimmunerkrankung ungeklärter Ursache geht mit Arthritiden, Schmetterlingserythemen der Haut, Veränderungen des Blutbilds, Entzündungen der Nieren, des Brustfells und Herzbeutels einher.
Individuell angepasst erhalten die Patienten hier bislang ebenfalls nicht-steroidale Antirheumatika und Glucocorticoide beziehungsweise Azathioprin, Cyclophosphamid oder auch Methotrexat.
Bisher ist der Lupus nicht heilbar. Eine lebenslange engmaschige ärztliche Betreuung ist unumgänglich. Auch für Lupus-Patienten könnten die neusten Erkenntnisse der immunologischen Forschung Licht am Horizont bedeuten. /
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