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Wechseljahre

Nichts für Männer

07.03.2016  15:08 Uhr

Von Ursula Sellerberg / Nicht jede körperliche Veränderung oder Abweichung vom gesundheitlichen Idealzustand ist krankhaft und muss medikamentös behandelt werden. Die Vermarktung von Befindlichkeits­störungen als Krankheit wird auch Disease Mongering (engl.: Krankheitserfindung, Handel mit Krankheiten) genannt. Ein Beispiel dafür sind die »männlichen Wechseljahre«.

In Deutschland und den meisten anderen Staaten dürfen die Hersteller von rezeptpflichtigen Arzneimitteln ihre Werbung nicht direkt an Laien richten. Werbekampagnen für Rx-Arzneimittel dürfen nur an Ärzte, Apotheker und PTA adressiert werden, denn sie gehören zu den sogenannten Fachkreisen (§ 2 Heilmittelwerbegesetz).

Doch unabhängig von dieser gesetzlichen Vorgabe können die Hersteller von Arzneimitteln mit Kampagnen auf eine Krankheit oder Befindlichkeitsstörung aufmerksam machen. Ihr Ziel ist dabei nicht, neutral über die Krankheit zu informieren, sondern Aufmerksamkeit zu erzielen und dadurch die Verordnung beziehungsweise den Verkauf von Arzneimitteln anzukurbeln. Zu diesem Zweck wird die Krankheit über Massenmedien wie Zeitschriften, Fernsehen oder Internet ins Gespräch gebracht mit dem Hinweis, Betroffene könnten ihren Arzt nach den entsprechenden Arzneimitteln fragen. Der Marken­name des Rx-Präparats wird dabei in der Regel nicht genannt.

Ein anderer Weg, eine Krankheit zu bewerben, sind Selbsttests mit Fragebögen. Diese kann jeder im Internet ausfüllen, und unabhängig von den Antworten wird ihm im Anschluss ein Arztbesuch empfohlen.

Doch die Krankheitserfinder dramatisieren darüber hinaus auch Varianten körperlichen Befindens. Beim Disease Mongering werden die Grenzen des Normalen neu und enger definiert, sodass auch geringe Abweichungen vom Ideal bereits als krankhaft gelten und medikamentös behandelt werden müssen. So wird beispielsweise normale Schüchternheit in eine behandlungsbedürftige Sozialphobie umgedeutet. Oder es werden normale Vorgänge des Lebens, die durch den Alterungsprozess bedingt sind wie beispielsweise Haarausfall, als medikamentös behandel­bare Krankheiten verkauft.

Das Disease Mongering belastet manche Patienten nicht nur finanziell, viele machen sich auch vermehrt Sorgen über ihren Gesundheitszustand. Und nicht zu vergessen: Jede Arzneimitteleinnahme birgt Risiken und Neben­wirkungen.

Der natürliche Alterungsprozess äußert sich in verschiedenen physiologischen Veränderungen. Dazu zählt neben dem Haarausfall oder dem Ergrauen der Haare auch das Nachlassen der Vitalität. Im Lauf des Lebens nimmt auch die Produktion der Geschlechtshormone ab. So sinkt bei Männern der Testosteronspiegel etwa ab dem 40. Lebensjahr jährlich um 1 bis 2 Prozent, ohne dass sich dies immer äußerlich bemerkbar macht.

Altern ist keine Krankheit

Wenn ältere Männer über Müdigkeit, Antriebsschwäche oder Libidoverlust klagen, muss das kein Zeichen eines Testosteronmangels sein. Altersbedingter Testosteronmangel betrifft nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie nur etwa 3 bis 5 Prozent der Männer über 60 Jahren. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ) bewertet die »Wechseljahre des Mannes« als eine Krankheitserfindung, und die euro­päische Zulassungsbehörde EMA stellte 2014 fest, dass Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Testosteron ebenso fehlen wie etablierte Referenzwerte für ältere Männer. Es gibt also keine Evidenz dafür, dass Testosteronpräparate das Sexualleben verbessern, die Muskelkraft stärken oder zu einer Abnahme von Knochenbrüchen führen. Die »Wechseljahre des Mannes« gibt es also laut Fachgesellschaft nicht, und ohne Bestimmung des Hormonspiegels sollte kein Mann ein Testosteronpräparat einnehmen. Dennoch wurden in den letzten Jahren zunehmend Testosteronpräparate bei älteren Männern eingesetzt.

Jenseits der Krankheitserfindung sind manche Männer auf die Behandlung mit Testo­­s­teron angewiesen. Ursachen für einen therapiebedürftigen Testosteronmangel sind zum Beispiel Erkrankungen der Hoden oder Tumoren in der Hirnanhangdrüse (lesen Sie dazu auch Testosteron-Substitution: Hormone für ewige Jugend?).

Das Doping der Deppen

Testosteron gehört zu den sogenannten anabolen Steroiden, auch Anabo­lika genannt. Es gibt keine medizinische Indikation dafür, Testosteron bei gesunden Männern zur Förderung der Muskelbildung oder zur Leistungssteigerung im Sport anzuwenden. Dennoch wird Testosteron oft zum illegalen Doping genutzt. Nebenwirkungen sind unter anderem Prostata- und Brustwachstum, vermehrte Bildung roter Blutkörperchen oder ein Anstieg des PSA-Werts (Prostata-spezifisches Antigen). Auch das Äußere wird in Mitleidenschaft gezogen durch Haarausfall, Akne und eine Verweiblichung des männlichen Körpers. Das Doping mit Testosteron und anderen Anabolika bezeichnen Fachleute auch als das »Doping der Deppen«. /

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