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Endometriose

Starke Regelschmerzen als Alarmzeichen deuten

Datum 22.06.2010  10:09 Uhr

Endometriose

Starke Regelschmerzen als Alarmzeichen deuten

von Elke Wolf

Schmerzen im Unterleib gehören für viele Frauen jeden Monat dazu. Doch massive Krämpfe, Ziehen und Stechen sind nicht unbedingt dem weiblichen Zyklus anzulasten. Schuld daran können auch Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut sein.

»So starke Regelbeschwerden, dass sie die Frau Monat für Monat mit einer Wärmflasche ins Bett zwingen oder dass diese bei einer gynäkologischen Untersuchung vom Stuhl wegrutscht, sind nicht normal«, erklärte Doreen Jackisch von der Endometriose-Vereinigung Deutschland im Gespräch mit PTA-Forum. Dem kann Professor Dr. Andreas Ebert vom Endometriosezentrum am Vivantes-Klinikum in Berlin nur beipflichten. »Extreme Menstruationsschmerzen sind das Hauptsymptom der Endometriose«, sagte er auf einer Pressekonferenz. Trotzdem halten viele Frauen ihre Beschwerden für normale Regelschmerzen und leiden unnötig lange. Sogar Frauenärzte täten die Probleme mitunter leichtfertig ab, mahnte der Gynäkologe seine Kollegen. Bis zum endgültigen Befund könnten zwischen sieben und neun Jahren vergehen.

»Zusätzlich beeinträchtigen starke Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Kopfschmerzen, diffuse Bauchbeschwerden oder Völlegefühl die Frauen«, informierte Jackisch. Auch allgemeines Unwohlsein, Stimmungsschwankungen und Antriebsarmut kämen bei den Betroffenen überdurchschnittlich häufig vor. Laut Jackisch ist eine Endometriose gar nicht selten: »Sie gehört zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen.« Rund 10 Prozent aller Frauen zwischen der ersten Menstruation und der Menopause spüren extrem starke Menstruationsbeschwerden.

Gewebe, wo keines hingehört

Führt man sich vor Augen, was im Körper bei einer Endometriose vor sich geht, werden die Beschwerden verständlich. Inseln von Endometrium-ähnlichem (Endometrium, lat. = Gebärmutterschleimhaut) Gewebe wachsen und wuchern außerhalb der Schleimhautauskleidung der Gebärmutterhöhle. Das kann prinzipiell überall im Bauchraum der Fall sein. Warum das Gewebe quer durch den Körper verschleppt oder zu solchem verwandelt wird, ist nicht bekannt. Mehr als Theorien haben die Wissenschaftler derzeit nicht zu bieten.

Häufig siedelt sich versprengtes Gewebe an tieferen Wandschichten der Gebärmutter oder an den Eileitern an und hat damit noch direkte Verbindung zur Gebärmutterschleimhaut (Endometriosis genitalis interna). Die Gewebestücke können sich aber auch an den Eierstöcken, der Scheide oder am Bauchfell (Peritoneum), das den gesamten Bauchraum auskleidet und alle Bauchorgane überzieht, anheften (Endometriosis genitalis externa). Bevorzugt findet sich das Gewebe am Bauchfell und am Eierstock (Peritoneal- und Ovarialendometriose). Und weil die Endometrioseherde alle Zyklusschwankungen mitmachen, die sich bei gesunden Frauen nur in der Gebärmutter abspielen, kommt es Monat für Monat zu zeitweise unerträglichen Menstruationsbeschwerden sowie zyklischen oder permanenten Schmerzen im Beckenbereich. Dabei stimulieren Estrogene die Teilungsfreudigkeit und das Wachstum des Gewebes, Progesteron dagegen hemmt die Estrogenwirkung. Somit wird klar, warum nach der Menopause Endometriosebeschwerden verschwinden.

Immerhin bleibt die Hälfte der Betroffenen trotz vorhandener Endometrioseherde beschwerdefrei. Bei ihnen muss das körpereigene Abwehrsystem die Wucherungen inaktiviert haben. Doch was den Organismus dazu befähigt, ist unbekannt. Bei diesen Frauen wird das versprengte Gebärmutterschleimhautgewebe erst festgestellt, wenn sie sich wegen anderer Probleme untersuchen lassen, beispielsweise weil sie nicht schwanger werden. In der Tat verursacht die Endometriose bei rund einem Fünftel der Frauen Kinderlosigkeit.

Diagnose durch Bauchspiegelung

Die Anamnese kann zwar auf eine Endometriose hinweisen, doch völlige Gewissheit bringt nur eine Bauchspiegelung. Dabei entnimmt ein Chirurg endoskopisch durch die Bauchdecke an mehreren Stellen Gewebeproben, die danach histologisch untersucht werden.

Bislang gibt es zu der Bauchspiegelung keine Alternative, mit der sich die Krankheit zweifelsfrei feststellen ließe. Hoffnungen wecken allerdings die Erkenntnisse von amerikanischen und australischen Wissenschaftlern. Sie fanden nur in Endometriosezysten spezielle Nervenfasern, die in der Gebärmutterschleimhaut gesunder Frauen fehlten. Diese in das Gewebe eingewachsenen sensorischen Nerven sind vermutlich auch für den starken Menstruationsschmerz verantwortlich. Die Forscher entnahmen nun vaginal Gewebeproben aus der Uterusschleimhaut und untersuchten diese auf Nervenfasern. Fanden sie diese, war eine Endometriose sehr wahrscheinlich. Ersten Studien zufolge ist diese Methode ähnlich aussagekräftig wie die Bauchspiegelung und für die Frauen wesentlich angenehmer.

»Die Therapie muss langfristig angelegt sein, da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, und nach dem Absetzen der Medikation rasch erneut Beschwerden auftreten können«, erklärte Ebert. Welche Medikamente zum Einsatz kommen, liege im Wesentlichen an deren Nebenwirkungsspektrum.

Zu den Klassikern der Therapie gehört die kontinuierliche Gabe von reinen Gestagenpräparaten oder von monophasischen Estrogen-Gestagen-Kombinationen. Die Gestagene oder Gelbkörperhormone unterdrücken in der zweiten Zyklushälfte nach dem Eisprung die Aktivität von Zwischenhirn und Hirnanhangsdrüse und verhindern dadurch die Estrogenbildung in den Eierstöcken. Dadurch wird die Gebärmutterschleimhaut in ihrem Wachstum gebremst und bereitet sich nicht mehr auf die Einnistung eines Eis vor. Die tägliche Gestagenzufuhr soll auch das Wachstum der Endometrioseherde stoppen, ihren Zelltod nach sich ziehen und Wucherungen auflösen.

Manche Frauen kommen mit fixen Gestagen-Estrogen-Kombinationen, die beispielsweise Desogestrel oder Dienogest als Gestagen-Komponente enthalten, besser zurecht als mit den Mono-Gestagenpräparaten. Ihr Vorteil liegt in der besseren Zykluskontrolle – es treten weniger Durchbruchsblutungen auf. Zudem bieten sie einen höheren antikonzeptiven Schutz. Sie können sogar durchgehend eingenommen werden, um die monatliche Blutung völlig auszuschalten. Damit werden die Beschwerden effektiv unterbunden, denn diese treten zu Beginn und während der Periode besonders ausgeprägt auf. Nachteil der Pillen ist das erhöhte Thromboserisiko. Schlägt das Präparat nicht an, bleibt der Wechsel auf ein anderes Kontrazeptivum, allerdings meist auch ohne Erfolg.

Das große Manko der reinen Gestagenpräparate und der Estrogen-Gestagen-Kombinationen: Sie sind für die Indikation Endometriose nicht zugelassen, und die Krankenkassen übernehmen in der Regel nicht die Kosten. Ganz neu: Das Gestagen-Präparat (Visanne®) mit dem Wirkstoff Dienogest ist auch für die Indikation Endometriose zugelassen. Seit Mai ist es auf dem Markt.

Estrogenbildung unterdrücken

Als Goldstandard der medikamentösen Möglichkeiten gelten die GnRH-Analoga (GnRH = Gonadotropin Releasing Hormon). An erster Stelle steht Leuprorelinacetat (zum Beispiel Enantone®-Gyn), gefolgt von Buserelin (zum Beispiel Metrelef® Nasenspray), Nafarelin (zum Beispiel Synarela® Nasenspray) oder Goserelin (Zoladex®-Gyn). Sie werden als Nasenspray oder (Depot-)-Injektion appliziert. Doch massive Nebenwirkungen limitieren die Anwendungsdauer auf ein halbes bis ein Jahr, denn die GnRH-Analoga unterdrücken die Estrogenbildung in den Ovarien. Damit hemmen sie zwar das Wachstum der Endometrioseherde, doch da die Ausschüttung der Gonadotropine FSH und LH komplett blockiert wird, gleichen die Nebenwirkungen denen der Wechseljahre: Hitzewallungen, Schweißausbrüche, atrophische Schleimhäute, meist werden auch die Knochen schnell demineralisiert.

Die Behandlung belastet besonders junge Frauen. Mit der sogenannten Add-back-Therapie, bei der der Arzt zusätzlich geringe Mengen an Estrogenen verabreicht, lassen sich die Nebenwirkungen etwas besser im Zaum halten. Wird die Therapie unterbrochen, kann die Endometriose schnell wiederkehren.

Operation teilweise erfolgreich

Daneben besteht die Möglichkeit, die Endometrioseherde operativ zu entfernen. Das ist immer notwendig, wenn die Herde sehr ausgedehnt sind oder sich an den Eierstöcken befinden. In beiden Fällen zeigen Arzneimittel nur wenig Besserung. Auch Patientinnen mit Kinderwunsch sollten rasch operiert werden, da die Medikation eine Schwangerschaft unmöglich macht. Studien zufolge erhöht nur eine Operation die Fertilität. Diese erfolgt über eine Bauchspiegelung, einen Bauchschnitt oder über die Scheide.

Doch genauso wenig wie Medikamente kann die operative Entfernung des Gewebes das Wiederaufflammen der Endometriose total verhindern. Ebert: »In rund 30 bis 50 Prozent der Fälle kehrt nach der Operation die Endometriose zurück. Deshalb muss der Operateur sorgfältig arbeiten und auch kleinste Herde abtragen. Er darf nichts übersehen. Narben mindern die Chancen auf eine Schwangerschaft.«

Behandlung beim Facharzt

Wegen der Vielschichtigkeit des Beschwerdebildes ist es wichtig, sich vom Facharzt beraten und behandeln zu lassen. »Dazu geht man am besten in ein Endometriosezentrum der Zertifizierungsstufe III«, rät Professor Dr. Andreas Ebert vom Vivantes-Klinikum in Berlin. Adressen und weitere Informationen erhalten Interessierte über folgende Internetadressen:

www.endometriose-vereinigung.de
www.endometriose-liga.eu
www.endometriose-sef.de 

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
pr-ewolf(at)t-online.de

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