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Selbstmedikation

Brennpunkt Blase

Datum 20.05.2011  13:06 Uhr

Von Christiane Eickhoff / Ein häufiger Fall im Apothekenalltag: Eine Patientin klagt über starken Harndrang und Brennen beim Wasserlassen. Oft kann die Betroffene ihre Blasenentzündung selbst behandeln, nachdem die kritischen Punkte im Beratungsgespräch geklärt wurden: Wann müssen PTA oder Apotheker Patienten an den Arzt verweisen? Welche Arzneimittel helfen?

Die Hälfte aller Frauen leidet ein oder mehrfach im Verlauf ihres Lebens unter einer Blasenentzündung, auch Cystitis genannt. Bei vielen tritt sie immer wieder auf und verursacht einen starken Leidensdruck. Frauen sind viel häufiger betroffen als Männer. Das hat anatomische Gründe: Aufgrund der kürzeren Harnröhre und der Nähe zu Vagina und Darmausgang ge­langen Keime leichter in die Harnblase. Der Darmkeim Escherichia coli ist für circa 80 Prozent der Blasenentzündungen verantwortlich. Zudem machen Hormonschwankungen während Schwangerschaft und Wechseljahren Frauen anfälliger für Infektionen der Harnwege.

Außerdem ist das Risiko erhöht, wenn Frauen mit Spermiziden oder einem Diaphragma verhüten, da diese die Vaginalflora stören. Wird dieser Zusammenhang deutlich, sollte die Frau eine andere Verhütungsmethode wählen. Auch während des Geschlechtsverkehrs können vermehrt Keime in die Harnröhre gelangen. Daher empfehlen Frauenärzte, die Blase direkt nach dem Geschlechtsverkehr zu entleeren. Kehren die Beschwerden dennoch immer wieder, verordnen Mediziner sogar Antibiotika zur Prophylaxe weiterer Infekte.

Aber Vorsicht: Nicht bei allen Patienten, die in der Apotheke über Harndrang klagen, verursacht eine Blasenentzündung die Beschwerden. Starker Harndrang ist auch ein typisches Symptom für eine Blasenschwäche (Harninkontinenz). Im Gegensatz zur Blasenentzündung haben die Betroffenen aber in der Regel keine Schmerzen beim Wasserlassen. Da sich die meisten für ihre Probleme schämen, müssen PTA oder Apotheker in der Beratung besonders auf Diskretion achten, manchmal taktvoll nachfragen und gut zuhören.

Wichtige Symptome klären

Ergibt das Gespräch, dass der Patient an einer unkomplizierten Cystitis erkrankt ist, können PTA oder Apotheker ihm oder ihr ein Präparat aus der Selbstmedikation empfehlen. Vorab müssen sie unbedingt geklärt haben, ob die Entzündung auf die ableitenden Harnwege begrenzt ist und die Nieren nicht betroffen sind. In diesen unkomplizierten Fällen bereitet das Wasserlassen zwar Beschwerden, der Patient fühlt sich jedoch nicht allgemein krank. Der Kasten gibt eine Übersicht, bei welchen Symptomen PTA oder Apotheker Patienten unbedingt an einen Arzt verweisen müssen. Aufgeführt sind auch Personengruppen, denen sie grundsätzlich von einer Selbstmedikation abraten sollten. Bei Männern muss immer zunächst ein Urologe abklären, ob die Prostata vergrößert ist, der Urin daher schlecht abfließt und so Harnwegsinfekte begünstigt werden. Auch Blasenentzündungen bei Kindern muss grundsätzlich ein Arzt behandeln.

Patienten, deren Blase sich immer wieder entzündet, sollten die Tipps im Kasten beachten. Dann klingt die Entzündung schnell wieder ab oder lässt sich sogar ganz verhindern.

Viel trinken

Bei den ersten Symptomen einer Harnwegsinfektion sollten die Betroffenen möglichst schnell reagieren und viel trinken, auch wenn das Wasserlassen schmerzt. Am besten sie legen sich mit einer Wärmflasche auf dem Bauch ins Bett. Durch die Flüssigkeit werden die Harnwege vermehrt durchspült und dabei die pathogenen Keime schneller ausgeschieden. Fragt der Patient PTA oder Apotheker um Rat, können sie ihm ein pflanzliches Aquaretikum empfehlen, da dieses die Nierendurchblutung und die glomeruläre Filtrationsrate erhöht sowie die Rückresorption aus dem Sammelrohr vermindert. Im Gegensatz zu chemisch-synthetischen Diuretika haben Phytopharmaka keinen Einfluss auf den Elektrolythaushalt.

Grenzen der Selbstmedikation (Beispiele)

  • Starkes allgemeines Krankheitsgefühl
  • Fieber
  • Blut im Urin
  • Schmerzen in der Nierengegend
  • Übelkeit oder Erbrechen
  • Sehr starke Schmerzen oder Krämpfe beim Wasserlassen
  • Beschwerden dauern länger als 5 Tage an
  • Mehr als 3 Harnwegsinfekte pro Jahr

Besondere Personengruppen

  • Männer
  • Kinder
  • Patienten mit Niereninsuffizienz
  • Immunsupprimierte Patienten
  • Diabetiker
  • Schwangere

Geeignet sind fertige Teezubereitungen (wie Hevert® Blasen Nieren Tee N, Harntee 400 TAD N®) und andere Darreichungsformen mit Extrakten aus verschiedenen Arzneipflanzen (wie Cystinol long®, Cysto Hevert®, Canephron® N, Urorenal®). Die Kapseln, Dragees oder Tropfen ersetzen aber nicht das reichliche Trinken.

Auch lose Teedrogen haben sich bei Harnwegsinfekten bewährt, zum Beispiel Birkenblätter, Goldrutenkraut, Orthosiphon- und Hauhechelblätter, Brennnessel- oder Schachtelhalmkraut. Goldrutenkraut soll über die aquaretische Wirkung hinaus krampflösend und antiphlogistisch wirken. Patienten mit Ödemen dürfen PTA oder Apotheker keine Durchspülungstherapie empfehlen.

Eine Sonderstellung unter den Arzneipflanzen gegen Blasenentzündungen nehmen Bärentraubenblätter ein. Aus dem Inhaltstoff Arbutin wird das antibakteriell wirksame, freie Hydrochinon bevorzugt in alkalischem Milieu frei gesetzt. Physiologisch liegt der pH-Wert des Urins in der Regel zwischen 5 und 7. Daher sollten die Patienten harnsäuernde Speisen oder Arzneimittel meiden. Sie können ihren Urin auch zum Beispiel mit Natriumhydrogencarbonat (1/4 Teelöffel auf ein Glas Wasser) oder mit Mineralstoffpräparaten (wie Basica®) alkalischer machen und den pH-Wert mit Indikatorpapier prüfen (zum Beispiel mit Neutralit®). Allerdings sollte der Urin nur wenige Tage alkalisch eingestellt werden. Sonst wird die Schleimhaut der Harnwege angegriffen und außerdem das Keimwachstum gefördert.

Teezubereitung beachten

Eine gute Empfehlung sind Präparate, die auf den Arbutingehalt standardisiert wurden (wie Arctuvan®, Cystinol akut®). Falls Patienten die Blätter als Tee aufgießen möchten (3 g pro Tasse, vier Tassen pro Tag), sollten sie die Droge über mehrere Stunden kalt mazerieren. Mit heißem Wasser würden zu viele Gerbstoffe extrahiert, die bei vielen Pa­tienten zu Magenbeschwerden führen. ­Arbutinhaltige Arzneimittel sollten die Patienten ohne ärztlichen Rat nicht länger als fünf Tage einnehmen, da hohe Dosen von Hydrochinon in vitro mutagen wirkten. Außerdem sollten die Patienten wissen, dass Bärentraubenblätter oder Extrakte ihren Urin grün oder blaugrün verfärben können.

Ähnlich wie Bärentraubenblätter sollen auch Preiselbeeren und Cranberrys wirken, die beide Proanthocyanidine enthalten. Beide Beerensorten werden weit verbreitet in Form von Preiselbeersaft und Cranberry-Extrakten (wie in Tuim urofemin®) eingesetzt. Die Autoren der Leitlinie beschreiben die zwei Heilpflanzen zwar als nicht ausreichend wirksam, zur Wirksamkeit der Beeren liegen aber mittlerweile einige viel versprechende Studienergebnisse vor.

Gegen starke Schmerzen können PTA oder Apotheker zur kurzfristigen, symptomatischen Behandlung, beispielsweise Paracetamol oder Ibuprofen, empfehlen. Spasmolytika (wie Buscopan®) lindern krampfartige Schmerzen.

Vorbeugen ist besser

Ein leicht saurer Urin hemmt das Wachstum vieler Bakterien. Diesen Zusammenhang können die Patienten zur Prophylaxe bei häufig wiederkehrenden Infektionen nutzen, indem sie Methionin-haltige Fertigarzneimittel (zum Beispiel Acemethin®) einnehmen. Die Aminosäure Methionin soll außerdem verhindern, dass sich pathogene Keime an die Schleimhaut der Harnwege anheften.

Nützliche Tipps

  • mindestens zwei Liter pro Tag trinken
  • keine übertriebene Genitalhygiene, auf Intimsprays und Spülungen verzichten
  • die Blase regelmäßig und möglichst vollständig entleeren
  • nach dem Toilettengang von vorne nach hinten reinigen, um Schmierinfektionen zu vermeiden
  • bei Beschwerden Wärme anwenden (Wärmflasche, Kirschkernkissen)
  • Unterkühlung vermeiden, beispielsweise nach dem Schwimmen nassen Badeanzug ausziehen, nicht auf kaltem Untergrund sitzen, kalte Füße vermeiden

Reichen diese Maßnahmen nicht aus oder kehrt die Infektion immer wieder, muss der Patient einen Arzt aufsuchen. In der Regel verordnet dieser eine kurzzeitige Antibiotikatherapie. In manchen Fällen zieht er auch eine antibiotische Prophylaxe in Erwägung, um ständig wiederkehrende Infektionen zu verhindern. /

E-Mail-Adresse der Verfasserin

C.Eickhoff(at)abda.aponet.de

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