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Quick-Wert

Blutgerinnung unter Kontrolle

Datum 19.04.2013  17:04 Uhr

Von Peter Findeisen / Manche Krankheiten machen die Einnahme von Antikoagulanzien erforderlich. In diesen Fällen müssen die Gerinnungswerte regelmäßig bestimmt werden. Nur so kann der Arzt sicher sein, dass der gewünschte Therapieeffekt erreicht wird, der Patient aber nicht durch eine zu starke Gerinnungs- hemmung gefährdet ist. Viele Patienten bestimmen ihren Quick-Wert auch selbst – das macht die Therapie sicherer.

Die Behandlung mit einem oralen Antikoagulans wie Phenprocoumon (zum Beispiel Marcumar®) soll Patienten vor einer Thrombose oder einer thromboembolischen Komplikation, beispielsweise einer Lungenembolie, schützen. Da orale Antikoagulanzien in der Regel über längere Zeit eingenommen werden müssen, ist eine regelmäßige Kontrolle der Wirkung erforderlich.

Die Bestimmung des Quick-Wertes erlaubt es dem Arzt, frühzeitig eine Fehldosierung zu erkennen. Indem er die Dosis rechtzeitig anpasst, lassen sich unerwünschte Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Blutungsrisiko bei Überdosierung oder das Wiederauftreten von Thrombosen bei Unterdosierung vermeiden.

Komplexe Steuerung

Eine gute Blutzirkulation ist lebenswichtig: Das Blut muss einerseits so dünnflüssig sein, dass es feinste Kapillaren durchströmen kann. Andererseits muss es sich auch verdicken können, damit der Organismus bei Verletzungen nicht ausblutet. Ein »Blutpfropf« (Thrombus) entsteht durch das Zusammenspiel von Blutplättchen (Thrombozyten) und Gerinnungsfaktoren. Diese werden in der Leber gebildet und zirkulieren als gelöste Eiweißstoffe im Blut. Einige müssen unter Mitwirkung von Vitamin K noch ausreifen (Vitamin-K-abhängige Faktoren). Die Gerinnungsfaktoren liegen zunächst in einer inaktiven Form vor. Erst bei Verletzungen der Gefäßwand (zum Beispiel bei Atherosklerose oder durch einen Unfall) wird am Ort der Schädigung die Gerinnung in Gang gesetzt. Damit nicht das gesamte Blut gerinnt, drosseln körpereigene Hemmstoffe wie Antithrombin und die Proteine C und S die Aktivität der Gerinnungs­faktoren. Gleichzeitig starten Mechanismen, die den Thrombus wieder auflösen (Thrombolyse).

Unerwünschte Aktivierung

Krankhafte Veränderungen der Gefäßwände, der Blutzusammensetzung oder auch eine verminderte Strömungsgeschwindigkeit des Blutes können die Gerinnung unerwünscht anstoßen. Dies kann lebensbedrohliche Folgen haben. Löst sich beispielsweise bei einer Thrombose der tiefen Beinvene ein Stückchen (Embolus) aus dem Gerinnsel, so kann dies in den engen Arterien der Lunge stecken bleiben und eine lebensbedrohliche Luftnot (Lungenembolie) auslösen. Auch bei einer Pumpschwäche des linken Herzens wie Vorhofflimmern oder bei Kontakt mit Fremd­oberflächen wie künstlichen Herzklappen bilden sich häufig Thromben. Setzen sich diese in einem Hirngefäß fest, kommt es zum Schlaganfall.

Eine krankhafte Gerinnungsaktivierung lässt sich an verschiedenen Stellen medikamentös bremsen. Neben Heparin setzen Ärzte orale Antikoa­gulanzien, sogenannte Vitamin-K-Antagonisten, und Thrombozytenaggregationshemmer ein.

Vitamin-K-Antagonisten verhindern die Thrombusbildung, da die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungs­faktoren nicht ausreifen können. Diese gerinnungshemmende Wirkung lässt sich durch die Gabe von Vitamin K (Konakion®) wieder aufheben. So können Blutungskomplikationen bei Überdosierung von Phenprocoumon kontrolliert werden. Eine Vitamin-K-reiche Ernährung kann die Wirkung von Phenprocoumon unerwünscht abschwächen. Besonders reich an Vitamin-K sind bestimmte Gemüsesorten wie Grünkohl, Spinat, Broccoli und Brunnenkresse.

Regelmäßige Kontrolle

Die Therapie mit Gerinnungshemmern verzögert die Blutgerinnung, sodass bei den Patienten kleine Verletzungen etwas länger als üblich nachbluten. Der Grad der Verzögerung lässt sich im Labor genau kontrollieren. Damit das entnommene Blut nicht sofort gerinnt, enthält das Entnahmeröhrchen Citrat, das die für die Gerinnung erforderlichen Calciumionen bindet. Die Gerinnungs­reaktion wird dann erst im Labor gestartet. Das zugefügte Reagenz enthält neben Calciumionen auch Gewebs-Thromboplastin, welches einen Gewebeschaden simuliert. Gemessen wird die Zeit, bis sich ein zähflüssiges Fibringerinnsel gebildet hat. Labormediziner bezeichnen diese als Prothrombinzeit. Bei Gesunden beträgt sie etwa 15 Sekunden. Häufig beschreiben Labormediziner die Gerinnungs­aktivität jedoch auch mit anderen Parametern: dem Quick-Wert, der Prothrombin-Ratio und vor allem dem sogenannten INR-Wert.

Verdünnte Proben

Der Quick-Wert erhielt seinen Namen nach seinem Erfinder, dem amerikanischen Arzt James Quick. Dieser hatte beobachtet, dass die Gerinnung umso länger dauerte, je stärker die Blutprobe mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnt war. Indem er das Plasma gesunder Spender immer mehr verdünnte, erstellte Quick eine Kurve und setzte die Patientenproben damit in Beziehung. Der Quick-Wert wird in Prozent angegeben. Ein Quick-Wert von 20 Prozent bedeutet beispielsweise, dass die Aktivität des Vitamin-K-­abhängigen Gerinnungssystems im Vergleich zum Plasma gesunder Spender nur noch ein Fünftel beträgt.

Referenzwerte

Die ersten drei Werte sind stark abhängig vom Reagenz.

Prothrombinzeit (PZ):

10 bis 15 Sekunden

Ist die PZ verlängert, weist dies auf eine Verminderung der Gerinnungsfaktoren hin.

Quick-Wert (%-Aktivität):

70 bis 120 %

Ein Wert unter 70 Prozent ist Zeichen einer manifesten Verminderung der Gerinnungsfaktoren. Durch die Therapie mit einem Vitamin-K-Antagonisten wird in der Regel ein Quickwert von 15 bis 30 Prozent angestrebt.

Prothrombin-Ratio (PR):

0,85 bis 1,15

Der Quotient beträgt 1,0, wenn die Prothrombinzeiten von Patienten- und Poolplasma identisch sind. Eine erhöhte PR-Ratio wird analog interpretiert wie ein erhöhter INR-Wert (siehe rechts).

International Normalized Ratio (INR): 0,85 bis 1,15

Eine INR von 1 entspricht einer normalen Blutgerinnung; bei einer INR von 2 ist die Gerinnungszeit verdoppelt, bei einer INR von 3 verdreifacht und so weiter. Je nach Grunderkrankung legt der Arzt den therapeutischen Zielbereich für die INR zwischen 2 und 4,5 fest. Bei Werten unter 2 besteht die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel bilden, bei Werten über 4,5 steigt das Blutungsrisiko.

Als Prothrombin-Ratio (PR) bezeichnen Labormediziner den Quotienten aus der Prothrombinzeit des Patientenplasmas und der Prothrombinzeit des Plasmas gesunder Spender. Da das für die Laboruntersuchungen benötigte Gewebs-Thromboplastin aus Schlachtabfällen gewonnen wird, sind die Tests je nach Charge und Hersteller oft unterschiedlich empfindlich. Folglich ist die Aussagekraft der Laborwerte sehr eingeschränkt. Um dieses Problem zu lösen, hat die Welt­gesundheitsorga­nisation (WHO) einen Standard für Gewebs-Thromboplastin definiert. Jeder Reagenzhersteller ist verpflichtet, seine aktuelle Charge mit der Reaktivität dieses Standards abzugleichen und einen ISI-Korrekturfaktor (International Standardization Index) anzugeben. Wird nun die Prothrombin-Ratio um den ISI-Wert korrigiert, so ergibt dies den INR-Wert (International Normalized Ratio). Einzig der INR-Wert eignet sich aufgrund seiner Standardisierung dazu, die Werte verschiedener Laboratorien miteinander zu vergleichen.

Viele Patienten können die eigenen Gerinnungswerte selbst überwachen und somit die Medika­mentendosis gegebenenfalls anpassen. Dadurch sinkt das Risiko für Komplikationen. Allerdings erfordert die Selbstmessung mithilfe des Coaguchek®-Geräts eine ausführliche Schulung der Patienten. Die Messung erfolgt in der Regel einmal wöchentlich. Dafür ist, ähnlich wie bei der Bestimmung des Blutzuckers, lediglich ein Blutstropfen erforderlich, der durch Stich in die Finger­beere entnommen und dann auf einen Teststreifen aufgebracht wird. Der Teststreifen wird dann in das Gerät eingebracht, wo die Messung automatisch erfolgt. Das Messergebnis lässt sich als Quick-Wert oder als INR-Wert anzeigen. /

E-Mail-Adresse des Verfassers

Peter.findeisen(at)umm.de

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