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Allergieprävention

Fokus auf die Darmflora

13.03.2017  13:45 Uhr

Von Verena Arzbach, Mainz / Seit Jahren steigt die Zahl der Allergiker, und das besonders bei Kindern. Neben der genetischen Veranlagung sind auch Umweltfaktoren an der Entstehung von Allergien beteiligt. Wissenschaftler schreiben auch dem Mikrobiom der Darmflora eine wichtige Rolle zu.

»Eines von vier Kindern hat bereits heute eine Allergie. In Zukunft könnte der Anteil der Allergiker noch weit höher steigen«, verdeutlichte Professor Dr. Ludger Klimek vom Zentrum für Rhinologie und Allergologie in Wiesbaden auf einer Veranstaltung von Ärzten und Apothekern an der Hautklinik der Universität Mainz. Ursachen für die Entwicklung und Zunahme von Allergien sind nach wie vor nur in Ansätzen geklärt. Ein wichtiger Faktor ist die genetische Veranlagung. Sind beispielsweise beide Eltern Allergiker, entwickelt das Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 bis 60 Prozent ebenfalls eine Allergie. »Es gibt aber nicht das eine Allergie-Gen, hunderte Gene hängen mit der Entstehung einer Allergie zusammen«, betonte Klimek. Eine Gentherapie sei daher nicht möglich, vorstellbar sei aber, dass genetische Marker in Zukunft dabei helfen könnten, Risikopatienten zu identifizieren.

Haut und Schleimhäute seien besonders häufig von Allergien betroffen, da sie als Grenzorgane in Kontakt zur Umwelt und damit zu vielen Aller­genen kämen, erläuterte Klimek. Der Darmflora kommt hier eine besondere Rolle zu: Mehr als 80 Prozent der immunologischen Kontakte finden im Darm statt. Die Darmbakterien stehen in ständigem Kontakt mit dem Immunsystem und beeinflussen dieses.

Da liegt es nahe, dass sich die Darmgesundheit auch auf das Allergierisiko auswirkt. Stoffe, die das Mikrobiom des Darms positiv beeinflussen, etwa Prä- und Probiotika (siehe Kasten), könnten demnach auch vor Allergien schützen. Tatsächlich gibt es hier einige viel versprechende Studienergebnisse: Präventive Effekte von Prä- und Probiotika konnten etwa beim atopischen Ekzem nachgewiesen werden, berichtete Klimek. Gut sei die Datenlage für eine prä- und postnatale Gabe: Dabei sollte die Mutter zur Allergieprävention ihres Kindes während der Schwangerschaft mit der Einnahme beginnen und dann dem Kind Prä- und Probiotika in den ersten Lebensjahren verabreichen.

Definitionen

Probiotika: lebensfähige Mikro­organismen, die sich im Darm vermehren und sich positiv auf die Darmflora auswirken, zum Beispiel Lactobazillen, Bifidobakterien, Enterokokken, Hefepilze.

Präbiotika: Unverdauliche Bestandteile von Lebensmitteln, zum Beispiel langkettige Kohlenhydrate in Ballaststoffen. Sie fördern gezielt das Wachstum und/oder die Aktivität bestimmter Bakterienarten im Dickdarm.

Synbiotika: Kombination von Prä- und Probiotika.

Schutz durch Lactobazillen

Interessant seien in diesem Zusammenhang laut Klimek besonders die Lactobacillen. Unter Gabe von etwa Lactobacillus GG entwickelten nur halb so viele Kinder in Untersuchungen eine atopische Dermatitis wie ohne, informierte er. Allerdings gebe es auch Studien, die keine Unterschiede gezeigt hätten, schränkte Klimek ein. In der AWMF-Leitlinie der Fachgesellschaften zur Allergieprävention gibt es daher auch keine Empfehlung für Prä- und Probiotika: Aufgrund der Heterogenität der Bakterienstämme und der Studiendesigns könnten weder konkrete Präparate und Applikationsformen noch Dauer und Zeitpunkt der Gabe empfohlen werden, heißt es dort.

Als eine der wichtigsten Maßnahmen zur Prävention gilt weiterhin das Stillen. Studien bestätigen, dass sich Muttermilch günstig auf die Besiedlung der Darmflora auswirkt und vor allergischen Erkrankungen schützen kann. Die Leitlinienautoren empfehlen, Kinder die ersten vier Monate voll zu stillen. »Für Kinder, die nicht gestillt werden, könnte die Gabe von Prä- oder Probiotika zur Prävention eines atopischen Ekzems eventuell sinnvoll sein«, sagte Klimek.

Risiko Kaiserschnitt

Die Darmbesiedelung beginnt bei der Geburt. Einige Studien zeigen, dass sich die Besiedelung nach einer natür­lichen Geburt von der nach einem Kaiser­schnitt unterscheidet. Kinder, die per Kaiserschnitt auf die Welt kommen, haben demnach ein erhöhtes Allergie­risiko, besonders für Asthma, da sie nicht mit den vaginalen und intestinalen Bakterien der Mutter in Kontakt kommen. Laut Leitlinie sollte das erhöhte Allergierisiko durch Kaiserschnitt bei der Wahl des Geburtsverfahrens berücksichtigt werden, wenn keine medizinische Indikation für einen Kaiserschnitt vorliegt.

Ein weiterer Faktor, der eine Rolle bei der Entwicklung allergischer Erkrankungen spielt, ist die Umgebung, in der Kinder aufwachsen. Günstig scheint eine Kindheit auf dem Bauernhof zu sein: Die Kinder kommen dort mit einer Vielzahl von Bakterien in Kontakt. »Das löst Immunantworten aus, die vor Allergien schützen können«, sagte Klimek. Ähnliche Effekte treten übrigens auf, wenn Kinder in den ersten zwei Lebensjahren eine Kindertagesstätte besuchen und/oder mehrere ältere Geschwister haben. /

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