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Antidiabetika

Was die Therapie erleichtert

03.04.2017  10:20 Uhr

Von Daniela Hüttemann, Münster / Erhalten Patienten die Diagnose Typ-2-Diabetes, geben sich viele selbst die Schuld an der Erkrankung. Denn in der Regel erfahren sie mit der Diagnose vom Arzt auch, welche Rolle der Lebensstil spielt. Reicht dann eine Ernährungs­umstellung nicht mehr aus, müssen die Betroffenen ein Antidiabetikum einnehmen. Damit sie diese Arzneimittel richtig anwenden, helfen Hinweise von PTA und Apotheker.

»Ein wesentlicher Knackpunkt der Diabetes-Therapie ist, dass vielen Patienten das Ziel der eigenen Therapie nicht oder nicht mehr klar ist«, erklärte Christian Schulz (Foto), Apotheker aus Herford, in seinem Vortrag für PTA beim West­fälisch-Lippischen Apothekertag am­­­ 18. März in Münster. Die Patienten seien meist sogar motiviert, der Therapie gegenüber aber ambivalent eingestellt, vor allem aus Angst vor Nebenwirkungen. Das kann die Therapietreue folgenschwer beeinträchtigen.

Es reicht daher für die Beratung nicht aus, sich mit den Medikamenten und ihren Besonderheiten auszukennen, auch wenn dies natürlich die Grundlage ist. »Die Abgabe der Medikamente ist keine Kunst, wohl aber, den Patienten zu befähigen und zu motivieren«, so Schulz. Damit meint der Experte nicht, dass der Diabetiker die Anweisungen des Arztes oder der PTA starr befolgt (Compliance), sondern die Therapie aktiv und partnerschaftlich mitgestaltet (Adhärenz). »Der Patient soll die Therapie aus Überzeugung durchführen«, so AMTS-Manager Schulz. Dazu braucht er ein Ziel.

Keine Angstszenarien

Es motiviert, das Ziel möglichst positiv zu formulieren. Mit dem durch Studien belegten Nutzen eines Medikaments bezüglich Morbidität und Mortalität können Diabetiker eher nicht viel anfangen. »Erklären Sie lieber, dass das Medikament sowohl die großen Blutgefäße von Herz und Hirn als auch die kleinen Blutgefäße in Augen, Nieren und Nerven schützt«, empfahl der Fachapotheker für Allgemeinpharmazie, Naturheilverfahren und Homöopathie und geriatrische Pharmazie. Wie gut der Patient das Mittel verträgt und wie zufrieden er damit ist, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Zu diesem Aspekt zählt auch, Lebensqualität zu erhalten oder zurück zu gewinnen.

Erreicht ein Diabetiker die vereinbarten Ziele nicht und benötigt eine intensivere Therapie, sollte er dies nicht als persönlichen Rückschlag wahrnehmen. Dann hilft es, mit ihm gemeinsam Probleme auszuloten. Sätze wie: »Es beeindruckt mich, wie Sie trotz der Nebenwirkungen am Ball bleiben«, machen Mut und motivieren. Hier sollte jeder im Team seinen eigenen Worte finden, um authentisch zu wirken, betonte Schulz. »Seien Sie bei der Beratung nicht problemversessen, sondern lösungsorientiert«, riet der Experte.

Welche Hinweise, bezogen auf die einzelnen Arzneistoffgruppen, helfen dem Diabetiker? Die Antworten lassen sich aus dem Stufenschema zur Behandlung des Typ-2-Diabetes aus der Nationalen Versorgungsleitlinie Typ-2- Diabetes ableiten (siehe Abbildung Seite 45). Danach setzen Ärzte im Rahmen der Basistherapie auf eine grundlegende Schulung, eine Ernährungsumstellung, mehr Bewegung, Blutzuckermessungen und gegebenenfalls die Nicotin-Entwöhnung. Reichen diese Maßnahmen nicht, um den maßgeblichen Wert HbA1c, das Langzeitgedächtnis des Blutzuckers, zu senken, kommt in der zweiten Therapiestufe ein orales Antidiabetikum hinzu.

Mittel der Wahl

»Bevorzugt wird Metformin eingesetzt – unter Berücksichtigung der Kontra­indikationen«, erklärte Schulz. Metformin ist fehl am Platz, wenn der Diabetiker überempfindlich auf den Wirkstoff reagiert oder alkoholabhängig ist. Dasselbe gilt für Patienten mit einer Leberinsuffizienz, diabetischer Ketoazidose, akuter Alkoholintoxikation, mit Nie­ren­versagen oder eingeschränkter Nierenfunktion sowie mit einer akuten oder chronischen Erkrankung, durch die das Gewebe mit Sauerstoff unterversorgt wird. Als Vorteile von Metformin nannte Schulz: Das Arzneimittel unterstützt die bei Typ-2-Diabetikern meist erwünschte Gewichtsabnahme, und Unterzuckerungen in Monotherapie sind nicht zu befürchten. Weitere wichtige Aspekte in der Beratung des Patienten: Die Dosis wird langsam gesteigert, um gastrointestinale Nebenwirkungen wie Blähungen gering zu halten. Sie treten vor allem zu Therapiebeginn auf. Die Startdosis beträgt 500 bis 850 Milligramm zwei- bis dreimal täglich zu oder nach dem Essen. Nach zwei Wochen wird die Metformindosis bei Bedarf langsam erhöht.

»Sprechen Sie mögliche Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Magen­schmerzen und Durchfall ruhig an. Sonst trifft es den Patienten unvorbereitet oder er liest den Beipackzettel allein zu Hause. Das schreckt ab, und der Patient beginnt die Therapie womöglich gar nicht erst«, so Schulz. »Betonen Sie: Häufig lassen diese dosis­abhängigen Effekte mit der Zeit nach, insbesondere, wenn Sie das Medikament regelmäßig einnehmen. Es braucht nur etwas Geduld.« Weil Alkohol die Gefahr einer Lactataci­dose erhöht, sollten PTA oder Apotheker bei der Beratung auch diesen Punkt ansprechen.

Bekannte Alternativen

Eine altbekannte Alternative zu Metformin sind die Sulfonylharnstoffe. Auch sie werden einschleichend dosiert: Zu Beginn nimmt der Patient eine halbe bis eine Tablette täglich und steigert die Dosis im Abstand von einigen Tagen bis zu einer Woche. Sulfonylharnstoffe wirken nur, wenn die Bauchspeicheldrüse noch Insulin produziert. »Das Pankreas wird dabei ausgepresst wie ein Schwamm«, erklärte Schulz. Bei einer Langzeiteinnahme erschöpft sich das Pankreas deshalb schneller, als ohnehin bei Typ-2-Diabetes. Außerdemnehmen Diabetiker unter diesen Arzneimitteln häufig zu, und lang anhaltende Unterzuckerungen sind möglich. Ein Diabetiker sollte deshalb wissen: Traubenzucker gehört immer in die Tasche, um bei Unterzuckerungen unverzüglich gegensteuern zu können. Bei den Gliptinen treten Hypoglykä­mien hingegen nicht häufiger auf als unter Placebo. Zudem führen die auch Dipeptidyl-Peptidase-4-Hemmer genannten Wirkstoffe als Monotherapie nicht zu einer Gewichtszunahme und beeinträchtigen die Restfunktion der Bauchspeicheldrüse nicht. Als bedenkliche Nebenwirkung kann eine Pankreatitis auftreten. Diese gefähr­liche Entzündung der Bauchspeicheldrüse äußert sich in anhaltenden, starken Bauchschmerzen. In dieser Situation muss der Patient sofort einen Arzt aufsuchen. Dann bestehen gute Chancen auf eine Ausheilung, so Schulz. Besonderes Augenmerk sollten PTA und Apotheker darauf richten, dass Gliptine nicht versehentlich doppelt verordnet werden, zum Beispiel als Mono- und in einem Kombipräparat.

Moderne Optionen

Gliflozine hemmen den Sodium-Glucose-Co-Transporter-2 (SGLT-2) in den Nieren und damit die Wiederaufnahme von Glucose. Sie senken so insu­linunabhängig den Blutzuckerspiegel, schonen also die Bauchspeicheldrüse, und außerdem den Blutdruck. Ein weiterer Vorteil: Die Patienten verlieren durchschnittlich zwei bis drei Kilogramm Körpergewicht. Der über den Harn ausgeschiedene Zucker dient allerdings Pilzen als ideale Nahrung, sodass unter der Therapie häufig Infektionen der Genitalien und der Harnwege auftreten. Um die Gefahr der Unterzuckerung zu verringern, muss der Arzt die Dosis von Insulin oder Sulfonylharnstoffen senken, wenn er den Patienten gleichzeitig Gliflozine verordnet. Die Kombination mit Schleifendiuretika kann zu Schwindel und Kreislaufproblemen führen. »Erinnern Sie die Patienten daran, genügend zu trinken«, so ein Beratungstipp von Schulz.

Eher geringe Bedeutung hat der Einsatz von Gliniden. Sie müssen dreimal täglich vor den Mahlzeiten eingenommen werden, was die Therapietreue nicht gerade fördert. Da sie insulinotrop wirken, muss der Patient anschließend etwas essen, um nicht zu unterzuckern. Außerdem wird die Wirkung mit zunehmender Therapie­dauer schwächer. /

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