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Hilfsmittel zur Blasenentleerung

Die richtige Wahl

Datum 06.04.2018  13:42 Uhr

Von Edith Schettler / Die Behandlung von Harnabflussstörungen mit instrumentellen Mitteln ist eine therapeutische Maßnahme, die lebensbedrohliche Komplikationen am Harntrakt vermeidet. Blasenkatheter dienen darüber hinaus der Diagnostik und dem Einbringen von Lösungen. Heute gibt es Katheter und die zugehörigen Urinbeutel in vielfältigen Ausführungen.

Im alten Ägypten kamen eingerollte Pergament- und Palmblätter zum Einsatz, die Ausgrabungen von Pompeji förderten Harnblasenkatheter aus Bronze zutage, während die indische Medizin im Altertum auf die Ver­wendung von Schilfrohr und Strohhalmen zur Ent­leerung der Harnblase setzte. Selbst Blasenspülungen konnten die Ärzte damals mit Hilfe von Tierblasen und Stempelspritzen vornehmen.

Die ersten flexiblen Katheter der Neuzeit fertigten neben anderen die Franzosen Auguste Nélaton (1807-1873) und Louis Auguste Mercier (1811-1882) aus vulkanisiertem Kautschuk. Den ersten als Dauerkatheter eingesetzten Ballonkatheter erfand der Amerikaner Frederic Eugene Basil Foley (1891-1966) im Jahr 1927.

Katheter sind Hohlinstrumente zum Einführen in Körperhöhlen oder Organe, so zum Beispiel in die Luftröhre, das Ohr, das Herz – oder eben in die Harnblase. Sie können aus Materialien wie Latex, Silikon, PVC oder Metall be­stehen und dementsprechend flexibel oder starr sein. Die entsprechenden Organe können mit Hilfe eines Katheters entleert, gefüllt und gespült oder zu diagnostischen Zwecken sondiert werden.

Strenge Indikationsstellung

Die wichtigste Indikation für eine Kathe­terisierung der Blase ist die Mik­tionsstörung, also das erschwerte oder unmögliche Entleeren der Harnblase. Ursache kann eine Entzündung der Harnröhre oder ihre Einengung sein, beispielsweise durch Druck von außen durch die Prostata oder innerlich durch Steine oder einen Tumor. Auch be­stimmte­ neurologische Erkrank­ungen, wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose und Demenz können mit einer Blasenentleerungsstörung einher­gehen. Nicht zuletzt kommen Schädigungen des Rücken­marks und der die Blase ver­sorgenden Nerven als Ursachen in Frage.

Als Folge einer Miktionsstörung staut sich der Urin in den Harnleitern, und die Nieren werden infiziert. Mittelfristig schädigt sie das irreversibel. Um Nierenschäden zu vermeiden, erhalten Patienten deshalb vor lang dauernden Opera­tionen routinemäßig einen Kathe­ter.

Ein weiteres Anwendungsgebiet für Blasenkatheter ist die therapeu­tische Blasenspülung. Dabei bringt der Uro­loge­ arzneistoffhaltige oder arz­neistofffreie Lösungen über einen Kathe­ter in die Harnblase ein und lässt sie sofort wieder abfließen. Im Unterschied dazu bleibt bei einer Instillation die Lösung für einige Zeit in der Blase, um dort ihre Wirkung zu entfalten. Indi­kationen für solche Behandlungen sind beispielsweise komplizierte Harnwegsinfekte oder Blasentumore.

Beim dritten großen Anwendungsbereich handelt es sich um diagnos­tische Maßnahmen. Über einen Katheter lässt sich Kontrastmittel in die Blase applizieren, die Harnmenge exakt messen­ oder steriler Urin für Labor­zwecke gewinnen.

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut empfiehlt, Dauerkatheter nur bei strengster Indikationsstellung zu legen und so schnell wie möglich wieder zu entfernen. Denn selbst bei sorgfältigster Hygiene besteht die Gefahr von Infektionen, die besonders im Klinik­bereich schwer zu beherrschen sind und im Extremfall in eine lebens­bedroh­liche Sepsis münden.

Ausdrücklich nicht zum Einsatzgebiet von Blasenkathetern gehört aus diesen Gründen die Versorgung von inkon­tinenten Patienten – auch wenn die Praxis vor allem in Pflegeein­richtungen mitunter anders aussieht.

Transurethral oder suprapubisch

Der Zugang zur Harnblase kann auf zwei Wegen erfolgen. Üblicherweise schieben Ärzte den Katheter durch die Harnröhre (transurethal). Um Schmerzen und Mikroverletzungen zu vermeiden, trägt der Arzt zuvor ein lokal­anästhetisches Gleitmittel auf (zum Beispiel­ Instillagel®). Bei einer einmaligen Entleerung der Blase oder einer diagnos­tischen Maßnahme kommt ein ein­läufiger Einmalkatheter zum Einsatz.

Soll der Katheter in der Blase verweilen, benötigt er eine Fixierung. Ein doppelläufiger transurethraler Dauerkatheter verfügt zusätzlich zum Lauf für den Abfluss des Urins noch über einen­ zweiten Lauf, dessen Ende in eine dünne, hochelastische Stelle in der Kathe­terwand mündet. Mit 80 bis 100 ml sterilem Wasser oder einer sterilen Glycerol-Wasser-Mischung (wie Uromed® Füllmedium) kann diese Stelle mit einer Spritze zum Ballon gefüllt werden, sobald der Katheter posi­tioniert ist. Der Ballon verhindert, dass der Katheter aus der Blase herausrutscht und wird vor dessen Entfernen über ein Ventil geleert. Spezielle Spülkathe­ter haben drei Katheterläufe: zum Füllen des Ballons, zum Appli­zieren der Spülflüssigkeit und zum Entleeren der Blase.

Der zweite Weg, einen Katheter in die Harnblase zu legen, ist die supra­pubische Blasenpunktion. Dabei durchsticht der Urologe die Bauchdecke oberhalb des Schambeines und punktiert so die Blase. Durch die Öffnung entleert er zunächst die Blase und po­si­tioniert dann den Katheter. Diese Metho­de ist komplikationsärmer, da die Harnröhre nicht geschädigt werden kann. Das Infektionsrisiko bleibt allerdings­ bestehen. Suprapubische Kathe­ter stellen die beste Versorgung dar, wenn absehbar ist, dass der Patient dauerhaft auf einen Katheter ange­wiesen sein wird.

Je länger ein Katheter in der Blase verbleibt, umso verträglicher muss das Kathetermaterial sein. Einmalkatheter bestehen meist aus Polyvinylchlorid, Poly­urethan oder Silikon und sind mit Gleitmitteln beschichtet. Besonders gewebe­schonende Katheter (Stöhrer-Kathe­ter) haben eine dünne, biegsame Spitze und abgesenkte Katheteraugen, die ein besonders leichtes Einführen ermöglichen. Die Patienten können sie selbst zu Hause anwenden. Latex­haltige Katheter sind für eine Liegezeit von etwa fünf Tagen vorgesehen, Silikon­katheter können bis zu sechs Wochen in der Blase verbleiben. Bei Anzei­chen von kristallinen Abscheid­ungen oder einer Infektion sollte das Pflegepersonal den Katheter sofort wechseln.

Ein Blick auf die Spitze

Bei Kathetern gibt es eine große Auswahl verschieden geformter gerader oder abgebogener Spitzen. Am häufig­sten eingesetzt wird der Nelaton- Katheter mit einer geraden, zylindrischen Spitze und zwei gegenüber liegen­den oder vier versetzten Augen. Er ist sowohl­ für Frauen als auch für Männer geeignet. Die sogenannte Oliven­-Spitze­ ist ebenfalls gerade, verjüngt sich aber und besitzt am Ende eine kugelförmige Verdickung.

Die Couvelaire- oder Flötenspitze ist am vorderen Ende wie das Mundstück einer Flöte offen. Diese Bauart eignet sich zum Herausspülen von größeren Agglomeraten wie Steinen oder Harngrieß.

Gebogene Spitzen eignen sich für Männer besser. Die gebräuchlichste ist die Tiemann-Spitze, eine gebogene, konisch­ zulaufende Spitze mit einer leichten Verdickung am Ende. Das einzige Auge sitzt am Anfang der Spitze an der Stelle, an der die Biegung ansetzt. Das gebogene Gegenstück zum Nelaton-Katheter ist der Mercier-Katheter mit zylindrischer Spitze und zwei versetz­ten Augen. Eine gebogene Flöten­spitze besitzt der Dufour-Katheter. Darüber hinaus gibt es weitere, selte­ner eingesetzte Katheterarten.

Kennzeichnend für die Größe eines Katheters sind die Länge und der Außen­durchmesser. Frauenkatheter sind 10 oder 20 Zentimeter lang, Männerkatheter 40 Zentimeter. Katheter für Kinder haben eine Länge von 30 Zentimeter. Der Durchmesser eines Katheters wird in Charrière (Ch oder Charr.) angegeben. Diese Maßeinheit geht auf den schweizerisch-franzö­sischen Instrumentenbauer Joseph-Frédéric-Benoît Char­rière (1803–1876) zurück. Ein Charrière entspricht einem Außendurchmesser von genau 1/3 Millimeter. Im Handel sind Katheter mit einem Durchmesser von 6 bis 30 Charrière. Als Faustregel gilt für Über-10-jährige Kinder eine Größe von 8 bis 10 Charrière, für Frauen 10 bis 12 Charrière und für Männer 16 bis 22 Charrière. Die erforderliche Größe ermittelt­ der Urologe.

Nur mit Beutel komplett

Üblicherweise fängt ein Urinbeutel am Ende des Katheters den Harn auf. Nur in Ausnahmefällen verordnet der Arzt für Patienten, die den Katheter nur kurzzeitig benötigen, den Verschluss mit einem Katheterstopfen. Die Blase behält ihre Speicherfunktion und wird bei entsprechender Füllung über den Katheter in die Toilette entleert.

Urinbeutel sind in verschiedenen Ausführungen erhältlich: Bein-, Hüft- oder Bettbeutel, mit oder ohne Ablass, steril oder unsteril. Nach den Empfehlungen der KRINKO sollten unsterile Sammelbeutel nur in Kombination mit einem Einmalkatheter zum Einsatz kommen. Hüft- oder Beinbeutel trägt der Patient tagsüber in einem Gurt oder einer Tasche am Körper. Die Beutel bestehen aus Polyvinylchlorid mit einer dem Körper zugewandten Vliesstoffbeschichtung und sind idealerweise zur Vermeidung von Geräuschen in mehrere Kammern unterteilt, so zum Beispiel Urimed® Tribag Plus. Ist der Beutel an einen Dauerkatheter angeschlossen, sollte er dort verbleiben, bis ein Wechsel erforderlich ist. Zwischenzeitliches Entfernen, beispielsweise zum Entleeren, stellt eine zusätzliche Infektionsquelle dar. Für Rollstuhl­fahrer gibt es speziell geformte Beutel, beispielsweise Sauer®-Rollibeutel mit Adapter. Nach spätestens drei Tagen sollten Bein- oder Hüftbeutel entsorgt werden. Sterile Beutel mit Tropfkammer kann der Patient bis zu 14 Tage verwenden­. Bettbeutel haben ein größe­res Fassungsvermögen und eine Halterung zur Befestigung am Bett.

Jeder Blasenkatheter bahnt Mikroorganismen den Weg in die Harn­blase. Eine bakterielle Besiedlung der Blase bei Katheterträgern ist meist auf Dauer nicht zu verhindern und zunächst­ nicht therapiebedürftig. Treten­ jedoch die typischen Symptome einer Harnwegsinfektion auf, wie Brennen, Schmerzen, Rötung oder Fieber­, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Zur Vorbeugung können PTA und Apotheker ihren Kunden mit Blasenkatheter empfeh­len, reichlich zu trinken­, um den natürlichen Spül­effekt anzuregen. /

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