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Selbstmedikation bei Durchblutungsstörungen

Die Kraft der Arzneipflanzen nutzen

Datum 27.08.2008  11:27 Uhr

Selbstmedikation bei Die Kraft der Arzneipflanzen nutzen

von Nina Griese

Typischerweise verursachen Durchblutungsstörungen im Anfangsstadium keine Beschwerden, sondern erst, wenn die Durchblutung bereits stärker beeinträchtigt ist. Daher kommt der Prophylaxe eine wichtige Rolle zu. Phytopharmaka aus der Selbstmedikation eignensich zur Vorbeugung arteriosklerotischer Gefäßveränderungen und bei altersbedingten leichten Konzentrations- und Gedächtnisschwächen.

Der Begriff Durchblutungsstörung ist nur sehr ungenau, denn eine Mangeldurchblutung führt je nach Lokalisation zu ganz unterschiedlichen Erkrankungsbildern. Allen gemeinsam ist, dass das Blut in einem Teil des Gefäßsystems, also in Arterien, Kapillaren oder Venen, nicht mehr normal fließt. Am häufigsten verwandt wird der Begriff für die arterielle Minderdurchblutung. Je nach den betroffenen Arterien treten die Durchblutungsstörungen vor allem in den Beinen, im Gehirn und am Herzen auf. 

Durchblutungsstörungen der unteren Gliedmaßen gehören zu den häufigsten chronischen Krankheiten. Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist die arterielle Durchblutung der Extremitäten gestört. Sie entsteht durch Einengung oder Verschluss der Hauptschlagader oder der Arterien, die die Extremitäten versorgen. Arteriosklerose ist mit etwa 95 Prozent die Hauptursache. Durch die Veränderungen in den Gefäßen wird der Blutfluss derart behindert, dass das Gewebe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird.

Die Erkrankung reicht von subjektiver Beschwerdelosigkeit über belastungsabhängige Schmerzen mit Einschränkung der Gehstrecke (Claudicatio intermittens) bis hin zur amputationspflichtigen Gangrän. Das Stadium »Claudicatio intermittens« ist auch unter dem Begriff »Schaufensterkrankheit« bekannt. Plötzliche Schmerzen beim Gehen zwingen die Betroffenen stehen zu bleiben, unmittelbar danach bilden sich die Beschwerden jedoch wieder zurück. Weitere Symptome der pAVK sind beginnende Hautverfärbung und Kältegefühl in den Beinen. Die Hauptgefahr der pAVK liegt darin, dass häufig auch andere Gefäßssysteme arteriosklerotisch verändert sind. So ist das Risiko erhöht, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Je nach Untersuchung wiesen 30 bis 70 Prozent der Patienten zudem eine koronare Herzerkrankung auf, um die 10 Prozent litten an einer zerebrovaskulären Erkrankung (Erkrankungen der Gehirngefäße). 

Durchblutungsstörungen im Gehirn führen langfristig zu Demenz. Am häufigsten und bekanntesten ist die Alzheimer-Krankheit. Mit circa 20 Prozent ist die gefäßbedingte Demenz (vaskuläre Demenz) die zweithäufigste Form. Die vaskuläre Demenz wird durch arteriosklerotische Gefäßveränderungen hervorgerufen, in der Folge lässt die Hirnleistung nach. Gedächtnisstörungen oder Orientierungslosigkeit sind typische Anzeichen. Im fortgeschrittenen Stadium ist das Schlaganfallrisiko stark erhöht.  

Die häufigsten Ursachen für Durchblutungsstörungen sind die Verengung oder der Verschluss von Arterien infolge von Ablagerungen (Arteriosklerose) und die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben). Verstopft ein Blutgerinnsel ein Gefäß, kommt es zur Embolie. Aber auch arterielle Hypotonie, Entzündungen in den Arterien und Krämpfe in der Muskulatur der Blutgefäße können Durchblutungsstörungen verursachen. Zu den Risikofaktoren einer Arteriosklerose zählen Rauchen, Diabetes, Übergewicht, Hypertonie, erhöhte Blutfettwerte (Hypercholesterolämie) und Bewegungsmangel. Außerdem erhöht sich das Risiko für Durchblutungsstörungen mit dem Lebensalter. 

Die Selbstbehandlung von arteriellen Durchblutungsstörungen ist nur dann möglich, wenn ein Arzt das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Grunderkrankung wie Hypertonie, Diabetes oder Gicht ausgeschlossen hat. Die Möglichkeiten der Selbstmedikation sind extrem gering. Daher beschränkt sie sich auf zwei Bereiche: 

  • die Prophylaxe pathologischer Gefäßveränderungen, der Arteriosklerose, 
  • altersbedingte leichte Konzentrations- und Gedächtnisschwächen ohne erkennbare pathologische Ursachen. 

Ein Arztbesuch ist erforderlich bei Patienten mit

  • Taubheitsgefühl in den Extremitäten,
  • Schmerzen in den Extremitäten bei Belastung oder im Ruhezustand,
  • Blaufärbung (Cyanose) der Haut,
  • nekrotischen Hautveränderungen, insbesondere an den Beinen,
  • auffälligen, zunehmenden Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen, depressiver Verstimmung, Verwirrtheit (Verdacht auf Demenzerkrankung),
  • eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion,
  • Bluthochdruck, Diabetes mellitus, KHK, Fettstoffwechselstörungen oder Verdacht auf diese Erkrankungen,
  • Verdacht auf diabetische Polyneuropathie, Kribbeln, Brennen, Schmerzen an Händen und Füßen,
  • Verdacht auf Tinnitus

Quelle beider Kästen: nach Braun/Schulz, Selbstbehandlung, Beratung in der Apotheke, Govi-Verlag, Eschborn 1994, inkl. 8. Erg.-Lfg. 2007

Grundsätzlich gilt: Gehen die Beschwerden nach 6- bis 8-wöchiger Selbstmedikation nicht zurück oder verschlimmern sich sogar, muss der Patient den Arzt konsultieren. Kinder und Jugendliche, Schwangere und Stillende dür-fen Durchblutungsstörungen nie selbst behandeln.

Die Symptome der Mangeldurchblutung sind je nach Erkrankung unterschiedlich. Um beurteilen zu können, ob eine Selbstmedikation möglich ist oder ob sie den Patienten an den Arzt verweisen müssen, stellen PTA oder Apotheker zunächst einige Fragen zur Symptomatik (siehe Kasten). Der untere Kasten fasst Symptome und Begleiterkrankungen zusammen, bei denen die Patienten an Ärzte verwiesen werden sollten. 

Fragen, die bei der Symptomerfassung helfen (Beispiele)

  • Welche Beschwerden treten bei Ihnen auf?
  • Sind es Taubheits- und Kältegefühle, Schmerzen in Ruhe oder bei Belastung?
  • Verändert sich die Haut? Kribbeln, prickeln oder brennen Ihre Beine oder Füße?
  • Haben Sie häufiger Muskelkrämpfe?
  • Ist Ihnen oft schwindelig? Haben Sie Kopf- oder Ohrenschmerzen? Können Sie sich schlecht konzentrieren? Sind Sie mit Ihrem Gedächtnis zufrieden?
  • Seit wann treten die Beschwerden auf? Haben sie in letzter Zeit (plötzlich) zugenommen?
  • Wann treten die Beschwerden vor allem auf? Zu einer bestimmten Tageszeit?
  • Beobachten Sie noch weitere Symptome, zum Beispiel Herzbeschwerden?
  • Haben Sie bereits Arzneimittel gegen die Beschwerden eingenommen, und, wenn ja, welche und mit welchem Erfolg?

Das apothekenpflichtige Arzneimittel Moxaverin (Kollateral forte®) ist für die Selbstmedikation nicht geeignet. Der muskulotrope Vasodilatator ist unter anderem für die Behandlung der Stadien I bis II der pAVK und der zerebrovaskulären Insuffizienz zugelassen. Gleiches gilt für Pyritinol (Encephabol®), ein Nootropikum zur symptomatischen Behandlung von chronischen, hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen. Orotsäure, ein Zwischenprodukt der Pyrimidinnukleotidbiosynthese, wird im Körper synthetisiert und ist in verschiedenen Nahrungsmitteln enthalten. Die Sinnhaftigkeit von Orotsäure und ihren Salzen, zum Beispiel als »Antisklerotikum«, ist nicht hinlänglich belegt. 

Phytopharmaka ausreichend dosieren

Die Knoblauchzwiebel, Allii sativi bulbus, ist von der ehemaligen Kommission E zur Vorbeugung altersbedingter Gefäßveränderungen positiv monographiert worden. Die Kommission E empfiehlt 4 g frischer Knoblauchzwiebel pro Tag. Die Wirkung ist abhängig von der galenischen Verarbeitung der Droge. Knoblauchtrockenpulverpräparate sind in ihren Inhaltsstoffen am ehesten mit Frischknoblauch vergleichbar. Dabei entspricht zum Beispiel 1 g Knoblauch-Trockenpulver etwa 3 g Frischknoblauch. Bei der Einnahme von Knoblauch und Knoblauchpräparaten kommt es selten zu Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe und allergischen Reaktionen. Wechselwirkungen sind nicht bekannt.

Auch Ginkgo-biloba-Trockenxtrakt (35-67:1, aus Blättern, extrahiert mit Aceton 60 Prozent (m/m)) wurde von der Kommission E positiv monographiert. Spezialextrakte aus Ginkgo-Blättern sind zugelassen zur symptomatischen Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen.

Zu den hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen gehören dementielle Syndrome bei primärer degenerativer Demenz (Morbus Alzheimer), vaskulärer Demenz (Minderdurchblutung infolge Arteriosklerose) und Mischformen aus beiden. Bevor ein Patient die Behandlung von Hirnleistungsstörungen mit Ginkgo-Extrakt beginnt, sollte er von seinem Arzt klären lassen, ob die Krankheitssymptome nicht auf einer zu behandelnden Grunderkrankung beruhen. Weitere Zulassungen bestehen für Schwindel, Tinnitus (Ohrgeräusche) und pAVK Stadium II (Claudicatio intermittens). Diese Indikationen bedürfen allerdings grundsätzlich der Abklärung durch einen Arzt. 

Bei altersbedingter leichter Konzentrations- und Gedächtnisschwäche -sollten Patienten dreimal täglich 40 bis 80 mg Ginkgo-Extrakt einnehmen. Sehr selten kommt es zu leichten Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen und allergischen Hautreaktionen. Die Wechselwirkung mit blutgerinnungshemmenden Arzneistoffen kann nicht ausgeschlossen werden.

Nicht medikamentöse Maßnahmen

Die medikamentöse Therapie der Durchblutungsstörungen sollte durch physiotherapeutische Maßnahmen, eventuell durch Krankengymnastik, sowie durch diätetische Maßnahmen unterstützt werden. Dazu zählen auch eine gesunde Lebensführung, körperliches Training und das Meiden von Risikofaktoren (Nikotin, Alkohol, fett- und kochsalzreiche Nahrung, Übergewicht). Da Rauchen einer der bedeutendsten Risikofaktoren insbesondere bei der pAVK ist, sollten PTA oder Apotheker auf diesen Zusammenhang hinweisen und dem Patienten eine Raucherentwöhnung empfehlen. Auch die positiven Effekte des Gedächtnistrainings (Gehirn-Jogging) bei und auch zur Vor-beugung altersbedingter Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sollten sie erwähnen.

Beispiel aus der Apothekenpraxis

Der 67-jährige Herr Meierbrink erkundigt sich bei der PTA nach einem Mittel zur Steigerung der Gedächtnisleistung. Er erinnere sich in letzter Zeit manchmal nicht mehr an die Namen ehemaliger Geschäftspartner. Die PTA erkundigt sich zunächst genauer nach seinen Beschwerden, nach anderen Erkrankungen und fragt den älteren Herrn, ob er regelmäßig Arzneimittel einnehme. Herr Meierbrink berichtet, dass seit etwa einem Jahr sein Namensgedächtnis nachlasse. Manchmal vergesse er auch Termine, die er sich nicht notiert hat. Das wäre ihm früher nie passiert. Ansonsten habe er keine weiteren Beschwerden, seine Frau habe sich auch noch nicht »beschwert«. Er möchte einfach etwas unternehmen, damit seine Gedächtnisprobleme nicht schlimmer würden. Die PTA erfährt, dass Herr Meierbrink keine weiteren Arzneimittel einnimmt und auch noch nichts gegen sein schlechtes Gedächtnis ausprobiert hat. 

Aus den Antworten des älteren Herrn folgert die PTA, dass die Selbstmedikation möglich ist. Offensichtlich liegt eine altersbedingte leichte Konzentrationsschwäche ohne erkennbare pathologische Ursachen vor. Sie empfiehlt daher Herrn Meierbrink ein standardisiertes, hochdosiertes Ginkgo-Präparat als Filmtablette. Dies solle er dreimal täglich mit etwas Flüssigkeit einnehmen, zu den Mahlzeiten, aber auch davor oder danach. Herr Meierbrink verspricht, nach sechs bis acht Wochen wiederzukommen und über den Behandlungserfolg zu berichten.

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
N.Griese(at)abda.aponet.de

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