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Interview

Neue Zellen fürs Gehirn

27.08.2008  10:15 Uhr

Interview

Neue Zellen fürs Gehirn

von Annette van Gessel

Wer sein Gehirn fordert, regt damit die Bildung neuer Zellen an. Diese Tatsache gilt heute unter Wissenschaftlern als unbestritten. Professor Dr. Gerd Kempermann erforscht am »DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien« der Technischen Universität Dresden die Funktion neu gebildeter Nervenzellen für das Gehirn. Unter anderem beschäftigt den Stammzellforscher die Frage, ob Menschen und Tiere, die mehr neue Nervenzellen bilden, beispielsweise vor der Alzheimer-Demenz besser geschützt sind.

PTA-Forum: Mit welchen Methoden fanden Wissenschaftler heraus, dass auch bei Erwachsenen neue Nervenzellen im Gehirn entstehen?

Kempermann: Im Tierversuch kann man Stammzellen und die Zellen, die aus ihnen entstehen, mit besonderen Färbemethoden sichtbar machen. Es sind nur zwei Hirnregionen, die lebenslang neue Nervenzellen bilden, und die Zahl der neuen Zellen ist auch sehr gering. Aber sie findet an einer strategischen Stelle in einer Hirnregion statt, die wir fürs Lernen und unser Gedächtnis benötigen. Beim Menschen ist das direkt nicht zu untersuchen. Aber es gibt viele Hinweise. Wir gehen heute davon aus, dass sich Maus und Mensch in diesem Hinblick nicht grundsätzlich unterscheiden.

PTA-Forum: Können auch Arzneistoffe die Neubildung der Nervenzellen, die sogenannte Neurogenese, anregen?

Kempermann: Das sieht so aus. Sehr viele Substanzen scheinen das zu können. Hier ist also noch viel Forschung notwendig, um herauszufinden, warum die Neurogenese so unspezifisch auf so viele Stimuli reagiert. Viel Aufmerksamkeit haben Berichte erhalten, die gezeigt haben, dass Antidepressiva die Nervenzellneubildung anregen.

PTA-Forum: Welche unerwünschten Wirkungen sind von diesen Substanzen zu erwarten?

Kempermann: Das hängt natürlich von den Substanzen ab. Spezifische Arzneimittel, die nur auf die Neubildung von Nervenzellen im erwachsenen Gehirn wirken, gibt es noch nicht.

PTA-Forum: Könnten sich diese Substanzen als Therapeutika gegen Alzheimer oder Parkinson eignen?

Kempermann: Wohl kaum. Beides sind keine Krankheiten, die man durch einen Mangel an neuen Nervenzellen im Hippocampus erklären kann. Es wäre aber denkbar, dass man durch eine Steigerung der Neurogenese die Anpassungsfähigkeit und Plastizität des Hippocampus länger erhält. Damit wäre eine bessere Kompensation der Schäden, die bei neurodegenerativen Erkrankungen auftreten, möglich. Natürlich ist auch denkbar, dass es Formen von Demenzen gibt, die sehr direkt auf zuwenig neue Nervenzellen im Hippocampus zurückzuführen sind. Aber für Alzheimer oder Parkinson trifft das wohl nicht zu.

PTA-Forum: Lässt sich die Neurogenese auch ohne Arzneistoffe anregen?

Kempermann: Ja, das ist gerade das Interessante. Körperliches und geistiges Training fördern, zumindest im Tierversuch, die Neurogenese im Hippocampus. Deshalb glauben wir, dass die Neurogenese zu dem bekannten Phänomen beiträgt, dass Aktivität »gut für das Gehirn« ist. Körperliche Aktivität kann in gewissem Maße, zumindest statistisch betrachtet, vor Demenzen schützen. Sie hat sogar eine gewisse Wirkung, wenn die Demenz bereits eingetreten ist. Wie das funktioniert, ist weitgehend unklar. Aber die neuen Nervenzellen könnten dazu beitragen.

PTA-Forum: Ergeben sich aus Ihrer Forschung Empfehlungen, wie Menschen am besten lernen?

Kempermann: Nein. Aber es ergeben sich Hinweise darauf, warum manche Menschen besser lernen, wenn sie sich auch genug bewegen.

PTA-Forum: Wie können Gesunde die Leistungsfähigkeit ihres Gehirns möglichst lange erhalten?

Kempermann: In breiter Weise aktiv sein: geistig und körperlich. Nicht rauchen. Alkohol in Maßen. Ausgewogene Ernährung. Etwas, aber nicht zuviel Stess.

PTA-Forum: Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Forschung in Bezug auf Alzheimer oder Parkinson? Können die Patienten auf neue effektivere Therapien hoffen und können Sie abschätzen, wie lange es dauern wird, bis Medikamente zur Verfügung stehen?

Kempermann: Das ist nicht mein eigenes Thema. Aber ich habe den Eindruck, dass sich auf diesem Forschungsgebiet sehr viel tut. Nur sind die Herausforderungen eben auch gigantisch. Wir hoffen, mit unserer Arbeit auf der Präventionsseite etwas beisteuern zu können.

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