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Rabattverträge

Neuer Streit zwischen AOK und Herstellern

27.08.2009  11:52 Uhr

Rabattverträge

Neuer Streit zwischen AOK und Herstellern

von Daniel Rücker

Die AOK durfte sich nur kurz über ihre juristischen Erfolge bei den Rabattverträgen freuen. Fast unmittelbar nach dem Start haben Generikafirmen ein neues Schlachtfeld eröffnet – mit einigem Erfolg.

Das hatte sich der AOK-Chefunterhändler Dr. Christopher Hermann sicherlich ganz anders vorgestellt: Nur wenige Wochen nach dem Start im Juni kommt die dritte Rabattrunde der Ortskrankenkassen schon wieder ins Stocken. Nachdem Generikahersteller über mehrere Jahre Ausschreibung und Vergabeverfahren der Rabattverträge letztlich erfolglos angegriffen hatten, wendeten sie sich im Juli der Austauschbarkeit von Generika mit demselben Wirkstoff zu. Diese sei nur in einem viel engeren Rahmen gegeben, als es die AOK darstellt. 

Nur wenn alle Indikationen auf Patienten- und Fachinformation übereinstimmten, dürfe statt des verordneten Medikamentes ein Rabattarzneimittel abgegeben werden, sagt der Geschäftsführer des Branchenverbandes Progenerika, Dr. Peter Schmidt. Diese Position wird von einem Gutachten des Juristen Professor Dr. Christian Dierks unterstützt. Allerdings erstellte Dierks die Expertise im Auftrag der pharmazeutischen Industrie.

Die AOK bewertet die Austauschbarkeit von Generika vollkommen anders. Muss sie auch, denn nach der Hersteller-Variante wären die Rabattverträge ganz schnell am Ende. Über die Aufnahme oder das Weglassen von Indikationen könnten Generikafirmen den Austausch ihrer Präparate verhindern. Deshalb nimmt die AOK die maximale Gegenposition ein: Zwei Präparate eines Wirkstoffes sind dann gegeneinander austauschbar, wenn eine Indikation übereinstimmt. Für Hermann steht außer Frage: »Wirkstoffgleiche Medikamente sind austauschbar.« Schließlich basiere auch die Zulassung von Generika auf der Erkenntnis, dass es keine relevanten Unterschiede zwischen den Präparaten verschiedener Hersteller gebe. Das Bundesgesundheitsministerium und die Arzneimittelkommission der Ärzte teilen diese Sicht.

Ganz so einfach scheint es aber nicht zu sein. Denn formal ist der Einsatz eines Medikamentes in einer Indikation, für die es nicht zugelassen ist, ein Off-label-Gebrauch. Daraus können zumindest theoretisch Haftungsrisiken für Apotheker resultieren. Ersetzen Apotheker oder PTA ein verordnetes Arzneimittel durch ein Rabattarzneimittel, das für die Indikation des Patienten nicht zugelassen ist, dann könnte der Patient den Apotheker verklagen, sagt Progenerika. »Kommt es bei der Anwendung des Rabattarzneimittels zu Nebenwirkungen, die das verordnete nicht verursacht hätte, können daraus durchaus Risiken für den Apotheker erwachsen«, bestätigt auch der Medizinrechtler Dr. Martin Wesch.

Die AOK lässt diesen Einwand nicht gelten. Es sei so gut wie ausgeschlossen, dass das eine Generikum andere Nebenwirkungen verursache als das andere, sagt Hermann. Ohnehin unterscheide sich die Zulassung von Generika vor allem in seltenen Indikationen. Deshalb sei das Thema Austauschbarkeit in der Praxis nur von sehr geringer Relevanz. Die Generikaindustrie, und hierbei vor allem die bei den AOK-Ausschreibungen gar nicht oder nur wenig bedachten Firmen Ratiopharm und Hexal, wollten schlicht »die Rabattverträge zerschießen«, so Hermann. Klein sei die Bedeutung der Indikationsunterschiede auch deshalb, weil die meisten Ärzte heute ohnehin Wirkstoffe und keinen Handelsnamen aufschrieben. In diesen Fällen dürfen PTA oder Apotheker ohnehin das rabattierte Arzneimittel abgeben.

Zurzeit suchen der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung nach einer Lösung des Problems. Sie wollen Austauschkriterien definieren. Bislang konnten sie sich allerdings noch nicht einigen. Der DAV will in jedem Fall auch ein geringes Haftungsrisiko für die Apotheker ausschließen. Die Krankenkassen tun sich mit Zugeständnissen jedoch schwer. Sie fürchten, dass ein Kompromiss nicht rechtssicher sein könnte und somit den Generikaherstellern wieder neue Angriffsflächen für juristische Attacken bietet.

Auf der Suche nach Schwächen der Regelung sind die Generikahersteller bereits an anderer Stelle fündig geworden: Auch unterschiedliche Inhalte können einen Austausch verhindern. Sind in der N1-Packung eines Herstellers 18 Tabletten statt 20, dann darf das eine nicht gegen das andere Präparat ausgetauscht werden, wenn der Arzt eine konkrete Stückzahl auf dem Rezept angibt. Und dies dürfte nicht die letzte Idee der Generikahersteller gewesen sein, der AOK die Freude an den Rabattverträgen zu nehmen.

E-Mail-Adresse des Verfassers:
ruecker(at)govi.de

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