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Interview

Ich wäre so gern mobiler

23.08.2010  21:08 Uhr

Interview

Ich wäre so gerne mobiler

PTA-Forum / Gerald Brandt ist der erste Vorsitzende des Verbands Hypophosphatasie Deutschland e. V., den er selbst im Jahr 2006 gründete. Seine Ziele sind, die Aufklärung über die Erkrankung voranzutreiben, mehr Selbsthilfe zu ermöglichen und der Forschung Impulse zu geben.

PTA-Forum: An welcher HPP-Form sind Sie erkrankt?

Brandt: Bei mir wurden per Gentest zwei verschiedene Mutationen gefunden, die für die perinatale und die infantile Form der HPP verantwortlich sind. Ich kenne also nahezu die gesamte Bandbreite der möglichen Symptome dieser Erkrankung aus eigener Erfahrung.

PTA-Forum: Welchen Verlauf nahm die Krankheit bei Ihnen und wie behandeln Sie diese?

Brandt: Als Säugling und Kleinkind litt ich unter Muskelschwäche, Schmerzen, auch Appetitlosigkeit und Übelkeit. Genau erinnere ich mich aber nach so vielen Jahren nicht mehr daran. Sobald ich mit knapp zwei Jahren laufen konnte, verbogen sich meine Beine unter dem Körpergewicht. Es folgten zahlreiche Korrekturoperationen und Knochenbrüche. Nach einer Ruhezeit kehrten die Symptome dann verstärkt wieder zurück.

Inzwischen habe ich ein bisschen die Übersicht darüber verloren, welche Knochen ich mir im Laufe der Jahre schon gebrochen habe. Ich gehe auch nicht mehr wegen einer gebrochenen Rippe oder eines Mittelhandknochens zum Arzt. Viel kann man ohnehin nicht machen. An Medikamenten nehme ich hauptsächlich Diclofenac und zwei Phosphatbinder, die gemeinsam meine Entzündungen in Schach halten und meine angeschlagenen Nieren schützen sollen. Außerdem achte ich natürlich auf meine Ernährung.

PTA-Forum: Sie beklagen die mangelnde Grundlagenforschung seltener Erkrankungen. Inwiefern sollten auch die Politiker aktiv werden?

Brandt: Was uns in Deutschland fehlt, ist ein nationaler Aktionsplan für seltene Erkrankungen, so wie es ihn beispielsweise in Frankreich schon lange gibt. Man darf nicht vergessen, dass in der Bundesrepublik insgesamt etwa vier Millionen Menschen von einer seltenen Erkrankung betroffen sind. Diese Patienten sind bis heute sprichwörtlich die Waisenkinder eines Gesundheitssystems, das in erster Linie auf Standardisierung und Effizienz angelegt ist.

Nehmen wir das Beispiel HPP. Diese Krankheit liegt, vereinfacht ausgedrückt, »auf der Grenze zwischen Osteoporose und Rheuma«. Wir sind uns sehr sicher: Würden Wissenschaftler die HPP besser erforschen, würden sie auch wertvolle Erkenntnisse über diese beiden Volkskrankheiten gewinnen. Während aber für die Rheuma- und Osteoporoseforschung sehr viel Geld zur Verfügung steht, gibt es für die Erforschung der HPP de facto keinerlei öffentliche Mittel. Deshalb kämpfen wir für einen nationalen Aktionsplan, den die Politiker ins Leben rufen müssen.

PTA-Forum: Im September 2007 waren sie zu Gast bei Eva Luise Köhler, der Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten, die sich persönlich über die Probleme der HPP-Patienten erkundigte. Hat dieses Gespräch Positives für HPP-Erkrankte bewirkt?

Brandt: Frau Köhler hat sich sehr interessiert gezeigt und auch bei späteren Treffen immer wieder gezielt nach Fortschritten gefragt. Sie ist Schirmherrin unseres Dachverbands ACHSE e.V. (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen), und mit diesem hat sich in der Folge eine immer engere Zusammenarbeit ergeben. So hatten wir zum Beispiel auf dem diesjährigen Kongress der Kinder- und Jugendmediziner in Potsdam einen gemeinsamen Infostand.

PTA-Forum: Was möchten Sie in Zukunft noch erreichen?

Brandt: Zunächst muss mehr Aufklärung geleistet werden – bei den Haus- und Fachärzten ebenso wie in der Öffentlichkeit. Die Dunkelziffer der HPP-Erkrankten ist wahrscheinlich sehr hoch, weil in vielen Arztpraxen immer nur auf erhöhte Werte der alkalischen Phosphatase geachtet wird. Kaum ein Arzt macht sich bewusst, dass ein niedriger Wert unter 55 Einheiten pro Liter zu Gelenkschäden und Knochenschwund führen kann.

Ein zweiter Schwerpunkt ist die Forschung. Um bessere Therapien zu entwickeln, haben wir vor kurzem zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Osteologie einen Preis für herausragende wissenschaftliche Arbeiten zum Thema HPP ins Leben gerufen.

PTA-Forum: Wie schaffen Sie es, trotz Ihrer Krankheit diese Aufgaben zu bewältigen?

Brandt: Aufgrund der HPP kann ich keiner erwerbsmäßigen Arbeit nachgehen, deshalb steht mir für meine Selbsthilfe-Aktivität ausreichend Zeit zur Verfügung. Dank moderner Kommunikationsmittel kann ich meinen Aufgaben gut von Zuhause aus nachkommen. Oft wünsche ich mir, etwas mobiler zu sein, um persönlich zu Partnern zu reisen, aber leider muss ich mich weitgehend schonen.

Neben der Verbandsarbeit steht Pressearbeit auf meinem Programm. Kürzlich haben wir einen eigenen kleinen Film über HPP produziert. Anhand von Computeranimationen erklärt dieser Film für Laien verständlich die Krankheit und ihre Folgen.

Schließlich bin ich Ansprechpartner für alle HPP-Betroffenen, wobei ich wegen meiner vierzigjährigen Erfahrung mit der Krankheit einige bewährte Tipps weitergeben kann. So versuche ich stets, für einen möglichst reibungslosen Austausch zwischen Patienten, Ärzten und Forschern zu sorgen. 

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