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Dermatologie

Wenn sich ein Haarbalg entzündet

AutorTanja Schweig
Datum 20.08.2010  10:38 Uhr

Fast immer ist es das Bakterium Staphylococcus aureus, das in Haarfollikel eindringt, sich dort vermehrt und zu Eiterpusteln führt. Wenn die Entzündung auf das umliegende Gewebe übergreift, verstärken sich die Schmerzen. Dann bildet sich ein Furunkel, das behandelt werden muss.

Neben Bakterien können zwar auch Pilze, Herpesviren oder Haarbalgmilben zu Hautinfektionen führen, doch das kommt eher selten vor. Meist sind es Staphylokkoken, grampositive kugelförmige Bakterien, die die Entzündungen verursachen. Bei 15 bis 20 Prozent der Deutschen befinden sich die Keime permanent auf der Nasenschleimhaut oder der Region um den After, bei 50 bis 70 Prozent nicht ständig, sondern nur phasenweise. Das hängt zum Beispiel vom Alter oder von Grunderkrankungen ab. Häufiger finden sich die Keime bei Menschen mit Diabetes mellitus oder atopischem Ekzem.

 

Fachleute bezeichnen Staphylokkoken als fakultativ pathogen, denn zunächst führt die Besiedlung der Haut nicht automatisch zur Erkrankung. Erst wenn die Erreger geeignete Eintrittspforten in der Epidermis vorfinden, zum Beispiel kleine Wunden, verursachen sie eitrige Entzündungen. Auch Haare bieten den Staphylokokken geeignete Schlupflöcher, wenn diese durch ihre Bewegungen im Haarschaft die Epidermis verletzen. Entzündet sich danach der Haarfollikelausgang, entsteht eine Follikulitis. Dann bilden sich rote, oft eitrige stecknadelkopfgroße Pusteln immer dort, wo ein Haar aus der Haut entspringt. Die Pusteln stehen einzeln oder in Gruppen nebeneinander. Typischerweise juckt, brennt oder schmerzt die Stelle bei Berührung. Nachdem sich eine Pustel geöffnet hat, bilden sich anschließend honiggelbe Krusten.

Problemzone Bart

Ärzte unterscheiden zwischen oberflächlicher und tiefer Follikulitis. Zu letzteren gehören Furunkel und Karbunkel. Oberflächliche Follikulitiden treten bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Sie entstehen vor allem im Bereich des Bartes und lassen sich mit antiseptischen oder antibiotischen Lösungen, Umschlägen oder Cremes topisch behandeln. Zur Therapie eignen sich unter anderem

 

  • Chlorhexidingluconat als 0,2%ige Lösung oder 1%ige Creme (wie NRF 11.116),
  • Polihexanid als 0,2%ige Lösung (hergestellt aus Lavasept® Konzentrat durch Verdünnen),
  • Clioquinol als 0,5 bis 2%ige Creme (als Rezeptur oder Fertigpräparat wie Linola® Sept). 

 

Manche Ärzte verordnen den Männern verschreibungspflichtige Clindamycin- oder Erythromycin-haltige Externa (wie Aknemycin 2% als Lösung oder Salbe). Helfen diese nicht, erhalten die Betroffenen systemische Antibiotika wie Tetracyclin oder Doxycyclin.

 

Ein Rat an die Patienten: Bis zum Abheilen der Pusteln sollten sie sich nicht rasieren, denn sonst verteilen sie die Keime mit dem Rasierapparat. Nach der Heilung sollten sie einen elektrischen Rasierer verwenden und im Anschluss die Haut mit einem alkoholischen Rasierwasser sorgfältig desinfizieren.

 

Pusteln nach der Rasur

Die Pseudofollikulitis wird dagegen nicht durch Bakterien verursacht. Vielmehr lösen Haare die Entzündung aus, wenn sie in die Haut einwachsen. Oft passiert das nach einer Rasur, wenn sie scharfkantig abgeschnitten werden und sich beim Nachwachsen nicht mehr gerade aus dem Haarwurzelkanal schieben können. Zwar haben damit häufig Männer Probleme, doch auch Frauen kennen die Pusteln nach der Rasur der Beine, Achseln oder der Leistengegend (Bikinizone). Die Pseudofollikulitis lässt sich gut mit niedrigpotenten Kortikoiden behandeln. Wenn die Therapie partout nicht anschlägt, sollten die Männer sich nur noch elektrisch rasieren oder einen Bart wachsen lassen. Frauen sollten die Haarentfernungsmethode wechseln, sich elektrisch rasieren, Cremes oder Wachs anwenden.

 

Furunkel und Co.

Wenn die Bakterien tiefer in den Follikel vordringen, greift die Entzündung nach und nach auf umliegendes Gewebe über. Dabei entsteht ein äußerst schmerzhafter Furunkel von 0,5 bis 2 Zentimeter Größe. Die Haut ist gerötet, warm und prall gespannt, mit der Zeit wird ein gelber Eiterpfropf erkennbar. Bricht der Furunkel auf, kann das Haar mit dem Eiter abgestoßen werden und absterben. Zu Fieber oder geschwollenen Lymphknoten kommt es jedoch nicht. Furunkel treten am häufigsten auf unter den Achseln, an Nacken, Rücken, Gesäß, den inneren Oberschenkeln, im Gesicht, in der Nase und im Gehörgang. Nach dem Abheilen bleibt meist eine sichtbare Narbe zurück.

 

Äußerlich ist es schwer, einen Abszess von einem Furunkel zu unterscheiden. Abszesse werden ebenfalls durch Eiterbakterien verursacht. Im Gegensatz zum Furunkel entstehen Abszesse unabhängig von einem Haarfollikel und treten daher auch an wenig oder nicht behaarten Körperstellen auf. Patienten mit einem Abszess müssen PTA oder Apotheker immer den Arztbesuch empfehlen.

 

Kehren Furunkel immer wieder, sprechen Dermatologen von einer Furunkulose. Bei den meisten Betroffenen ist die Immunabwehr geschwächt. Viele sind adipös oder chronisch erkrankt, zum Beispiel an Diabetes mellitus, Infektionskrankheiten und Immundefekten. Am häufigsten sind Jugendliche und junge Erwachsene davon betroffen. Es scheint aber auch eine genetische Veranlagung für Furunkel zu geben.

 

Bei einem Karbunkel sind gleich mehrere Haarfollikel nebeneinander befallen, sodass sich ein großes Hautareal entzündet und oft bretthart wird. Karbunkel entstehen meist im Nacken oder auf dem Rücken. Manchmal bekommen die Betroffenen Fieber und ihre Lymphknoten schwellen an. Beim Karbunkel besteht die Gefahr, dass Bakterien ins Blut geschwemmt werden. Deshalb sollten Patienten keinesfalls an Karbunkeln herumdrücken oder sogar dort hineinstechen. Das gilt auch für Furunkel. Besonders gefährlich sind Furunkel im Gesicht und auf der Oberlippe, weil sich die Erreger von dort aus über die Gesichtsvenen zum Auge und weiter zum Gehirn ausbreiten können. Als Folge können Thrombosen im Bereich der Hirnvenen entstehen oder die eingeschwemmten Bakterien verursachen eine Hirnhautentzündung, im Extremfall eine Blutvergiftung (Sepsis).

Zum Reifen bringen

Ein kleines Furunkel kann der Patient selbst behandeln, indem er zunächst warme, feuchte Kompressen auf die Hautstelle legt. Diese können mit Kamillentee oder -tinktur getränkt sein. Zusätzlich sollte er Umschläge mit Antiseptika machen, zum Beispiel getränkt mit Lösungen aus Kaliumpermanganat (0,01 bis 0,001%, NRF 11.82) oder Lavasept (verdünnt zu 0,2 %). Auch Zugsalben beschleunigen die Reifung, beispielsweise sogenannte schwarze Salbe oder Ilon® Abszess Salbe. Ilon® Abszess Salbe enthält natürliches Lärchenterpentin und gereinigtes Terpentinöl sowie ätherische Öle aus Rosmarin, Eukalyptus und Thymian. Diese Kombination fördert die Entleerung der Eiterknötchen, wirkt antibakteriell, entzündungshemmend und schmerzstillend. Zur Behandlung wird ein 2 bis 3 Zentimeter langer Salbenstrang auf die Entzündung aufgetragen und mit einem Verband abgedeckt. Der Verband muss alle zwei Tage gewechselt werden, bei eiternden Furunkeln ein- bis zweimal täglich.

 

Wegen seiner antibakteriellen, antiphlogistischen und analgetischen Eigenschaften findet Ammoniumbituminosulfonat Einsatz in Zugsalben (zum Beispiel in Ichtholan® 50% Salbe), die auch als schwarze Salben bekannt sind. Zu seiner Herstellung wird zunächst Schiefergestein kontrolliert erhitzt, sodass ein Öl mit einem besonders hohen Schwefelgehalt entsteht. Nach Reinigung wird es in eine wasserlösliche Form überführt: das Ammoniumbituminosulfonat (= Ichthyol®). Die Salbe sollte täglich oder jeden zweiten Tag dick auf die Hautstelle aufgetragen und mit einem luftdurchlässigen Verband abgedeckt werden. Manche Menschen reagieren auf Zugsalben überempfindlich und ihre Haut rötet sich und brennt. Schwangere und Stillende sollten keine Zugsalben anwenden.

 

Wenn die Entzündung nicht innerhalb von ein bis zwei Tagen zurückgeht oder sich sogar verschlimmert, muss der Patient umgehend den Hautarzt aufsuchen. Dies gilt grundsätzlich auch sofort für alle Furunkel im Gesicht sowie bei wiederkehrenden Furunkeln. Um die Angehörigen nicht anzustecken, sollten die Patienten nach der Behandlung ihre Hände immer mit desinfizierender Waschlotion (wie Octenisan® oder Stellispet® med) waschen. Handtücher und Wäsche, die mit dem Furunkel in Berührung gekommen sind, sollten sicherheitshalber gekocht werden.

 

Falls ein Furunkel nicht von selbst aufbricht und abheilt, muss ihn der Arzt chirurgisch öffnen, sodass der Eiter abfließen kann. In diesem Fall ist die Infiltrationsanästhesie kontraindiziert, weil mit der Nadel Erreger ins umliegende Gewebe eindringen können. Bei größeren Furunkeln benötigt der Patient eine Vollnarkose. Oft muss der Patient anschließend ein Antibiotikum einnehmen, zum Beispiel ein Cephalosporin oder Amoxillin mit Clavulansäure. Sitzt der Furunkel auf der Oberlippe, wird der Arzt dem Patienten unter Umständen sogar das Sprechen und Kauen verbieten. Der Betroffene muss sich dann flüssig ernähren. PTA und Apotheker können dem Patienten zusätzlich empfehlen, dass er kühlende Umschläge mit 50-prozentigem Alkohol macht. Bei sehr großen Furunkeln werden die Patienten ins Krankenhaus eingewiesen. Dort erhalten sie eine Thromboseprophylaxe, eventuell folgt eine Operation.

 

Entzündungen in der Nase

Entzündet sich ein Haarfollikel im Bereich des Naseneingangs, innerhalb der Nasenflügel oder am Nasensteg zwischen den Nasenlöchern, ist dabei oft die Haut außerhalb der Nase gerötet und angeschwollen. Auch Nasenfurunkel schmerzen bei Berührung oder beim Naseputzen, manchmal sogar beim Kauen und Sprechen. Breitet sich der Nasenfurunkel weiter aus, kann die Oberlippe anschwellen. Der Patient fühlt sich dann abgeschlagen und fiebert.

 

Nasenfurunkel bilden sich häufiger bei Menschen mit geschwächter Abwehrlage, besonders bei Patienten mit chronischer Rhinitis. Grundsätzlich können Nasenfurunkel die gleichen lebensbedrohlichen Komplikationen nach sich ziehen wie Furunkel auf der Oberlippe.

 

Die bakterielle Entzündung muss der Patient lokal mit einer verschreibungspflichtigen antibiotischen Salbe behandeln (zum Beispiel Turixin® Nasensalbe). In der Regel sollte der Patient eine streichholzgroße Menge Salbe zwei- bis dreimal täglich mit einem Wattestäbchen auf den Furunkel auftragen. Damit dies einfacher gelingt, sollten Patienten lange Nasenhaare am Naseneingang kürzen. Bei schweren Verläufen verordnet der Arzt ein systemisches Antibiotikum. Frühzeitig behandelt heilen Nasenfurunkel innerhalb von Tagen und ohne bleibende Folgen ab.

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