Warenpräsentation in derWohngebiet-Apotheke |
22.09.2009 08:58 Uhr |
Warenpräsentation in der Wohngebiet-Apotheke
von Birgit Saalmüller
Was ist eigentlich typisch für Apotheken in einem reinen Wohngebiet? Und wie sieht erfolgreiches Marketing für diese Apotheken aus? Solche Fragen stellte sich eine PTA, nachdem sie von einer City-Apotheke in eine Wohngebiet-Apotheke wechselte.
Die PTA hatte sich sehr gefreut, als ihre Chefin sie fragte, ob sie statt in der City-Apotheke in einer ruhigeren Stadtteil-Filiale arbeiten wolle. Schon seit längerem hatte die PTA überlegt, sich in der Nähe ihrer pflegebedürftigen Mutter eine Wohnung zu suchen, damit sie sich nach Dienstschluss schneller um diese kümmern konnte. Als bei einer Kollegin aus der Filial-Apotheke die Elternzeit begann, ergab sich für sie die Chance für den Wechsel. Nachdem sie in die internen Abläufe ihres neuen Arbeitsplatzes eingearbeitet worden war und erste Kundengespräche geführt hatte, wurden ihr die Unterschiede zu einer City-Apotheke schnell klar.
Zur Kundschaft der Wohngebiet-Apotheke gehörten vor allem Senioren, junge Familien und Familien mit Migrationshintergrund. Aufgrund ihrer geringeren Mobilität lösten die älteren Kunden ihre Rezepte direkt vor Ort ein. So lag der Anteil der von den ansässigen Ärzten ausgestellten Rezepte höher als in der City-Apotheke. Insgesamt war die Kundenfrequenz geringer, und die Kunden schätzten den persönlichen Kontakt mit den PTA oder dem Apotheker. Das bedeutete, dass sie in der Apotheke länger verweilten und daher auch intensiver beraten werden konnten. Viele legten Wert darauf, persönlich von »ihrer« PTA betreut zu werden. Diese Unterschiede treffen generell auf die meisten Wohngebiet-Apotheken zu. Daher sollte die Präsentation des Warensortiments genau auf die Zielgruppen abgestimmt werden.
Sortiment an Kunden orientieren
Welche Waren eine Apotheke anbietet, hängt davon ab, wie sie ihr Marketing ausgerichtet hat. Bei der Sortimentspolitik unterscheiden Fachleute zwischen vier Strategien: der Sichtwahl-, der Freiwahl-, der Nischen- und der am Arzt orientierten Strategie. Bei der Sichtwahl-Strategie stehen die Beratung in der Selbstmedikation und die Warenpräsentation im OTC-Bereich im Mittelpunkt. Orientiert sich die Apotheke mehr an den Ärzten ihrer Umgebung, stehen rezeptpflichtige Produkte und die pharmazeutische Betreuung im Zentrum der Strategie. Apotheken mit Schwerpunkt auf der Freiwahl-Strategie präsentieren das Freiwahl-Sortiment besonders großzügig. Zentrale Punkte dieser Strategie sind die Preise und die fachkundige Beratung, zum Beispiel zu Kosmetik. Nutzt die Apotheke die Nischen-Strategie zur Positionierung, stellt sie bestimmte Sortimentsbereiche besonders heraus, zum Beispiel Produkte für Kinder oder Hilfsmittel.
Aufgrund der Kundenstruktur ist das Sortiment der Wohngebiet-Apotheke vor allem auf die Gruppe der Senioren und chronisch Kranken sowie auf die Familien ausgerichtet. Die Sortimentsstrategie bestimmt nicht nur was, sondern auch wie die Apotheke ihre speziellen Produkte anbietet. Vor allem die Kunden der anvisierten Zielgruppe müssen schon durch die präsentierten Waren erkennen: »Hier bin ich richtig!« Das heißt im konkreten Fall: Das Team der Filial-Apotheke nimmt sich viel Zeit für die persönliche Beratung, vor allem der Senioren, und beschriftet die Displays, Hinweise und Preisschilder für diese Zielgruppe groß und deutlich. Außerdem hält die Apotheke für das Gespräch mit den ausländischen Patienten und Kunden Übersetzungen der wichtigsten medizinischen Begriffe bereit und zusätzlich Gesundheits- und Impfbroschüren je nach Zielgruppe auf Türkisch, Griechisch oder Arabisch.
Weg der Kunden lenken
Im Gespräch mit ihren Kolleginnen erfährt die PTA, warum mitten in der Offizin mehrere Schütten stehen. Das Apothekenteam hat damit die Empfehlungen von Experten umgesetzt, denn bei ihrem Weg durch die Offizin verhalten sich die Kunden zumeist nach einem ähnlichen Muster:
Diese Erkenntnisse hat das Team der Filial-Apotheke dazu genutzt, den Weg der Kunden in der Apotheke zu leiten. Bereits am Eingang beziehungsweise direkt danach wird ihnen der direkte Weg zum HV durch ein entsprechend platziertes Regal oder ein Standdisplay versperrt. So können sie näher an den Freiwahl-Regalen zur Rechten vorbeigeführt werden. Häufig nachgefragte Sortimente und Produkte wurden an weniger attraktiven Plätzen platziert.
Warenpräsentation im Freiwahlregal
Da die Warenpräsentation die Kunden zum Kauf animieren soll, muss sie:
Nach Erkenntnissen der Marktforscher spielt die Höhe der Warenplatzierung innerhalb eines Regals eine entscheidende Rolle für den Verkaufserfolg. Die Handelsforschung teilt Regale in vier Verkaufszonen ein:
Die verkaufsaktivste Zone ist die Griffzone, gefolgt von der Sichtzone. In diesen Bereichen sollten die hochpreisigen Produkte und die mit einer guten Handelsspanne platziert werden. Produkte, die der Kunde gezielt einkauft, finden in der Bückzone oder in der Reckzone ihren Platz. Die unterste Zone eignet sich am besten für großvolumige Artikel. Auch die waagerechte Verteilung innerhalb der Freiwahl beeinflusst den Verkaufserfolg. Bei der Warenpräsentation sollte folgendes beachtet werden: Masse erzeugt einen Warendruck. Daher sollten die Regale gut gefüllt sein, die Produkte jedoch nicht zu eng nebeneinander stehen, sondern bewusst durch Grifflücken getrennt werden. Eine geschlossene Front schreckt vom Kauf ab. Umsatzstarke Produkte erhalten mehr Raum. Auf keinen Fall sollte der Eindruck eines »Flickenteppichs« entstehen, wenn zu viele verschiedene Produkte nebeneinander platziert werden. Die Präsention von Waren in der horizontalen Mitte des Regals fördert den Verkauf, denn Kunden beachten die Mitte eines Regals am meisten. Rechts von der Mitte sollten die Produkte mit einer guten Handelsspanne stehen, da der Rechtsdrall die Kunden verstärkt nach rechts greifen lässt. Ein Regal wird möglichst mit Produkten einer Warengruppe bestückt, zum Beispiel Sonnenschutz für Kinder, Zahnpflege für Kinder oder Hautpflege für Senioren. Bei der Warenpräsentation in der Freiwahl sollte außerdem beachtet werden:
Handverkauf und Sichtwahl
Rund 90 Prozent der Beratungsgespräche finden am Handverkaufstisch statt. In den meisten Apotheken stehen hier die Kassen. Daher halten sich Kunden am HV länger auf als an jedem anderen Platz in der Apotheke. Immer wieder entstehen Engpässe, in denen Kunden oder Patienten vor dem HV warten müssen. Die Wartezeit überbrücken die Kunden häufig damit, dass sie die in der unmittelbaren Nähe stehenden Produkte anschauen und sich gegebenfalls zum Kauf entschließen. Diesen sogenannten Mitnahme-Effekt sollte das Apotheken-Team intensiv nutzen, allerdings nicht den HV überladen. Da in den Apotheken der HV als Barriere zwischen Kunden und Sichtwahl dient, liegen auch die Produkte der Sichtwahl im Blickfeld des wartenden Kunden. Grundsätzlich gelten hier die gleichen Regeln wie für die Freiwahl: Arzneimittel für dieselbe Indikation werden in Blöcken präsentiert. Damit die Warenpräsentation mit den Empfehlungen des Apothekenteams übereinstimmt, sollten alle pharmazeutischen Mitarbeiter im Team absprechen, welche Produkte sie bevorzugt empfehlen wollen. Übrigens sollte auch das Schaufenster nicht komplett mit Werbematerialien »zugehängt« werden. Vor allem ältere Kunden schauen vor Betreten der Apotheke gerne mal durch das Schaufenster in die Apotheke und suchen »ihre« PTA.