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GKV-Finanzierungsgesetz

Regierung beschließt Gesetz, das niemand will

24.09.2010  13:34 Uhr

GKV-Finanzierungsgesetz

Regierung beschließt Gesetz,
das niemand will

von Daniel Rücker

Die Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat eine weitere Hürde genommen: Die Bundesregierung hat das GKV-Finanzierungsgesetz durchgewinkt. Dafür erntet sie Kritik von allen Seiten, sogar aus dem eigenen Lager.

Ursprünglich hatte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) den ganz großen Wurf geplant. An die Stelle des einkommensabhängigen GKV-Beitrages sollte eine Gesundheitsprämie oder Kopfpauschale treten, die für jeden Versicherten gleich hoch wäre. Der Plan war jedoch schon in der Regierung nicht durchzusetzen. Die Kritik lautete: Das Konzept belaste Menschen mit geringem Einkommen zu stark und sei deshalb unsozial. Jetzt wird es über kassenspezifische Zusatzbeiträge eine „Kopfpauschale light“ geben. Doch auch das finden Opposition und Arbeitnehmer nicht gerecht.

Klar ist, dass der einheitliche Beitragssatz für gesetzlich Versicherte im kommenden Jahr von 14,9 auf 15,5 Prozent steigt. Die Steigerung teilen sich ein letztes Mal Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Danach wird der Arbeitgeberanteil eingefroren. Weitere Steigerungen müssten die Versicherten allein bezahlen. Damit kommt auf die Versicherten ein zweiter Posten zu, den sie allein finanzieren müssen, denn auch an den Zusatzbeiträgen beteiligen sich die Arbeitgeber nicht.

Bislang erheben jedoch weniger als 20 Kassen Zusatzbeiträge, die pro Monat zumeist im einstelligen Bereich liegen. Mit dem Anstieg des Beitragssatzes und umfangreichen Kürzungen soll vermieden werden, dass weitere Krankenkassen ihre Versicherten zusätzlich zur Kasse bitten.

Im GKV-Finanzierungsgesetz wurden bereits ein höherer Herstellerrabatt und ein Preismoratorium bis Ende 2013 beschlossen. Für die Pharmaindustrie bedeutet dies einen Ertragsverlust von 1,15 Milliarden Euro im Jahr. Ab 2011 kommt eine Kosten-Nutzen-Bewertung für neue Arzneimittel hinzu.

Als Leidtragende der Reform sehen sich auch die Ärzte. Ihr Einkommen wird im kommenden Jahr geringer ansteigen als vereinbart. Statt einem Plus von 2 Milliarden Euro dürften es nur noch 1 Milliarde werden. Außerdem begrenzt das Gesetz die Preissteigerungen der Krankenhäuser und der Verwaltungsausgaben der Krankenkassen.

Verluste bei den Apotheken

Während es bei Ärzten und Kliniken um geringere Zuwächse im kommenden Jahr geht, müssen die Apotheker mit tatsächlichen Verlusten rechnen. Allerdings sind diese nicht im GKV-Finanzierungsgesetz festgeschrieben, sondern im zweiten Teil der Gesundheitsreform, dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG. Das AMNOG soll auch zum 1. Januar 2011 in Kraft treten. Mit diesem Gesetz will die Bundesregierung die Spannen des pharmazeutischen Großhandels um rund 400 Millionen Euro im Jahr kürzen. Erreichen will sie dies über eine Umstellung der Großhandelsvergütung auf einen Fixzuschlag von 60 Cent und einen prozentualen Anteil von 1,7 Prozent. Auch wenn die Einschnitte sich auf den Großhandel beziehen, treffen sie letztlich doch die Apotheken. Der Chef des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels, Thomas Trümper, hat angekündigt, die Funktionsrabatte an die Apotheken um 400 Millionen zu kürzen. Die Apotheker protestieren deshalb vehement gegen diese Regelung im AMNOG.

Gesundheitsminister Rösler gab sich nach dem Kabinettsbeschluss zwar erfreut und optimistisch, über den Berg ist seine Reform aber noch nicht. Des Ministers größter Kritiker, Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU), sagte schon wenige Stunden nach dem Beschluss: »Ich habe eine gewisse Grundskepsis, ob dieses Modell auf Dauer der demografischen Herausforderung wirklich entspricht.« Nachgebessert werden müssten die Sparregeln bei den Ärzten, da Bayern benachteiligt werde, fordert Söder. Nach regierungsinternem Konsens hört sich das nicht an.

Kritik aus der Opposition

Auch sonst hagelte es Kritik. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner forderte Röslers Rücktritt. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: »Das ist unsoziale Abzocke.« Die SPD-Gesundheitspolitikerin Carola Reimann monierte: »Dieser Sozialausgleich ist seinen Namen nicht wert.« Ihr Fraktionskollege Karl Lauterbach äußerte sich gegenüber »Spiegel Online«: »Das, was die Regierung beschließt, ist das Ende des solidarischen Gesundheitssystems.« Grünen-Fraktionschefin Renate Künast monierte »weniger Netto vom Brutto«. Linke-Chef Klaus Ernst machte sich für massive Straßenproteste gegen das Gesetz stark. Sozialverbände und Gewerkschaften sind ebenfalls entsetzt. Selbst die Arbeitgeber beschweren sich, obwohl sie doch eher entlastet werden, da ihr Anteil zur gesetzlichen Krankenversicherung eingefroren wurde.

E-Mail-Adresse des Verfassers:
ruecker(at)govi.de 

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