Oberstes Gericht verbietet Boni |
24.08.2012 11:38 Uhr |
Von Daniel Rücker / Schlechte Nachrichten für ausländische Versandapotheken. In Zukunft müssen sie zu denselben Bedingungen arbeiten wie deutsche Apotheken. In Deutschland verbotene Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen sie zukünftig nicht mehr anbieten.
Die Preisverordnung spielt in Deutschland eine wichtige Rolle für die Arzneimittelversorgung. Wenn verschreibungspflichtige Arzneimittel in allen Apotheken dasselbe kosten, dann müssen kranke Menschen nicht von Apotheke zu Apotheke gehen, um das günstigste Angebot zu finden. Außerdem ist so sichergestellt, dass Apotheker den Preis für ein Arzneimittel nicht anheben können, wenn dieses schlecht verfügbar ist. Rabattschlachten sind auch nicht möglich. Schließlich ist der einheitliche Abgabepreis für rezeptpflichtige Arzneimittel die wirtschaftliche Grundlage für eine flächendeckende Arzneimittelversorgung.
Bis zu 15 Euro Bonus
Ausländische Versandapotheken hat diese Argumentation noch nie interessiert. Sie nutzen ihren Standortvorteil, zumeist in den Niederlanden, und bieten deutschen Patienten Vergünstigungen in Form von Rabatten und Boni an. Besonders aktiv war hier die Europa-Apotheek mit Sitz in Venlo, aber auch DocMorris ging mit Rabatten auf Kundenfang. Wer seinen Geschäftssitz nicht in Deutschland hat, der muss sich auch nicht an deutsches Recht halten, argumentierten die Versender. So konnten deutsche Besteller bei der Europa-Apotheek zwischen 2,50 Euro und 15 Euro sparen.
Von Beginn an stellte sich allerdings die Frage, ob denn die Arzneimittelpreisverordnung tatsächlich nicht für ausländische Apotheken gilt. Schließlich werden deutsche Krankenversicherte mit deutschen Arzneimitteln versorgt. Es folgte eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit unterschiedlichem Ausgang. Selbst die obersten deutschen Gerichte konnten sich nicht einigen. Während das Bundessozialgericht im Jahr 2008 entschied, die Preisverordnung gelte nicht für auslän- dische Versender, war der Bundesgerichtshof zwei Jahre später gegenteiliger Meinung.
Immer, wenn sich zwei Bundesgerichte nicht einig sind, muss der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe entscheiden. So auch zum Geltungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung. Die Verhandlung fand am 22. August in Karlsruhe statt. Mitglieder des Gemeinsamen Senats sind die Vorsitzenden Richter der fünf Bundesgerichte (Verfassungs-, Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgericht sowie der Bundesgerichtshof). Dieser Gemeinsame Senat tritt nur selten in Aktion und dann entscheiden die Richter meist nach Aktenlage. Noch seltener sind mündliche Verhandlungen. Die Sitzung am vergangenen Mittwoch war die erste seit dem Jahr 1986.
Aus Sicht der deutschen Apotheken war die Sache ihren Aufwand wert, denn der Gemeinsame Senat teilte die Auffassung des Bundesgerichtshofs: Ausländische Versender müssen sich an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung halten. Die deutschen Preisvorschriften gelten grundsätzlich auch dann, wenn verschreibungspflichtige Arzneimittel von einer Versandapotheke mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union an Endverbraucher in Deutschland abgegeben werden, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Damit dürfen ausländische Versandhändler keinen Bonus mehr auf rezeptpflichtige Medikamente gewähren.
Nach Ansicht der Richter reichen die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes aus, ausländischen Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel an Endverbraucher in Deutschland abgeben, deutschem Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen. Der gemeinsame Senat bezieht sich dabei vor allem auf § 78 Abs. 1 und 2 des Arzneimittelgesetzes. Sie sehen auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieses Urteil europarechtlich zu beanstanden wäre. /
E-Mail-Adresse des Verfassers